Zwei Brüder aus Euskirchen, 38 und 43 Jahre alt, sollen die Auswirkungen der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 genutzt haben, um zu Unrecht staatliche Subventionen für die Sanierung von angeblich vom Hochwasser geschädigten Gebäuden zu kassieren.
Seit Donnerstag müssen sich die Männer vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Subventionsbetrug in Millionenhöhe und Urkundenfälschung vor.
In der Nacht zum 15. Juli 2021 sind weite Teile der Innenstädte von Euskirchen und Rheinbach von der Flut heimgesucht worden, Häuser wurden zerstört, Straßen überschwemmt, Autos versanken in den Fluten. Auch die beiden Brüder, der jüngere ist Immobilienverwalter, der ältere gibt als Beruf Privatier an, gehörten zu den betroffenen Hausbesitzern. Sie sollen mindestens 13 Mehrfamilienhäuser besitzen, zwei davon in Rheinbach. Teilweise sollen sie zu Recht Fördergelder erhalten haben, dann aber sollen sie auf die Idee gekommen sein, aus der Katastrophe Kapital zu schlagen.
Euskirchener soll Verschleiß als Flutschaden deklariert haben
Besonders der Jüngere der beiden ging laut Anklage stets nach dem gleichen Schema vor: Er stellte demnach zwischen September 2021 und August 2023 auf dem zentralen Internetportal des Landes Nordrhein-Westfalen für die Wiederaufbauhilfe insgesamt zwölf Zuschussanträge für Gebäudesanierungen, die bei den Bezirksregierungen Köln und Münster bearbeitet wurden. Dabei soll er jedoch falsche Informationen zum Beispiel über seinen Lebensunterhalt, die Nutzung der angeblich betroffenen Objekte oder die Art der Schäden angegeben haben.
Normaler Verschleiß an Mehrfamilienhäusern soll als Folge eines Wassereinbruchs in Keller, Untergeschoss oder Erdgeschoss deklariert worden sein. Eine vorgeblich durch die Flut zerstörte Kellerwand war nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bereits Jahre zuvor durch einen im Sturm umgekippten Baum beschädigt worden. In einem anderen Fall hatten zwei Bekannte der Angeklagten ein überschwemmtes Tiefgeschoss mit Eimern, Schaufeln und Schrubbern gereinigt – das Wasser hatte dort nur ein paar Zentimeter hoch gestanden.
Auch ein Gutachter soll von dem Euskirchener getäuscht worden sein
Darüber hinaus soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auch ein Sachverständiger von dem 38-Jährigen derart getäuscht worden sein, dass er für die Bezirksregierung in Münster falsche Schadensgutachten angefertigt hatte. In Wahrheit, so stellte er gegenüber der Staatsanwaltschaft klar, habe er die Objekte nur jeweils 15 Minuten gesehen und nicht selbst vermessen. Stattdessen habe er sich dabei auf Fotos und Auskünfte verlassen, die ihm der Auftraggeber gegeben habe.
Um seine Anträge zu beglaubigen, soll der Euskirchener in dem Internetportal Bescheinigungen der Stadtverwaltungen von Euskirchen und Rheinbach beigefügt haben, wonach er von den Kommunen jeweils vorab 3000 Euro Soforthilfe für jedes betroffene Haus erhalten habe. Diese Urkunden seien allesamt gefälscht gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft.
Fördermittel in Höhe von 2,1 Millionen Euro wurden bewilligt
Der jüngere Angeklagte hat nach den Berechnungen der Staatsanwaltschaft staatliche Fördermittel (sogenannte Billigkeitsleistungen) in Höhe von insgesamt 2,1 Millionen Euro bewilligt bekommen, von denen rund 875.000 Euro überwiesen wurden. Der Mann habe "mit besonderer Rücksichtslosigkeit" gehandelt und soll diesen Betrag zurückzahlen, so die Staatsanwaltschaft. Der Ältere war wohl nicht so erfolgreich: Seine Anträge auf Beihilfen von 900.000 Euro wies die Bezirksregierung in Münster ab, weil sie die Richtigkeit der Angaben anzweifelte.
In einer weiteren Anklage wird dem 38-Jährigen Hinterziehung von Steuern in Höhe von circa 130.000 Euro vorgeworfen: Er soll für sein Restaurant in Euskirchen sowie vermietete Immobilien Einnahmen und Umsätze aus den Jahren 2018 und 2020 nicht versteuert haben. In diesem Zusammenhang wird auch gegen dessen Ehefrau ermittelt. Außerdem soll er zwei verwahrloste Wohnungen in Euskirchen vermietet und dafür Kaution und zwei Monatsmieten von insgesamt knapp 2000 Euro kassiert haben. Der Anklagevorwurf in diesem Fall: Betrug, versuchter Betrug und Urkundenfälschung.
Die Verteidiger Yannick Börter und Marc Piel kündigten für einen späteren Verhandlungstag Einlassungen ihrer Mandanten an. Der Prozess, in dem mehr als 20 Zeugen gehört werden sollen, ist bis in den Mai terminiert. © Kölner Stadt-Anzeiger
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