Ein Verdacht ist noch kein Schuldspruch. Dennoch kann eine Ermittlung wegen Besitzes von Kinderpornografie in ein Arbeitszeugnis Eingang finden. So urteilte das Siegburger Amtsgericht im besonderen Fall eines Sozialarbeiters.

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Der Mann hatte gegen den Eintrag Klage eingereicht und verlangte die Streichung. Sein Argument: Das Ermittlungsverfahren laufe noch, es gelte für ihn die Unschuldsvermutung, und die Erwähnung im Zeugnis schade ihm bei der Stellensuche. Der Sozialarbeiter hatte mehr als vier Jahre lang in einem Jugendamt einer Stadt im Rhein-Sieg-Kreis gearbeitet und war dort laut Gericht unter anderem für Kinderschutzmaßnahmen zuständig.

Kriminalpolizei Rhein-Sieg durchsuchte Dienstzimmer und beschlagnahmte das Diensthandy

Aufgrund eines Anfangsverdachts hatte Kriminalpolizei sein Dienstzimmer durchsucht und das Diensthandy beschlagnahmt. Die Ermittler wurden fündig und empfahlen im Polizeibericht, dem Kläger umgehend jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verweigern. Das Arbeitsverhältnis wurde während des noch laufenden Verfahrens von der Stadt gekündigt.

Im Arbeitszeugnis wurden das Ermittlungsverfahren und der Vorwurf ausdrücklich erwähnt, was nun als rechtens anerkannt wurde. Mit dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 23. Januar wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab.

Schutz von Kindern und Jugendlichen geht vor

Begründung: Arbeitszeugnisse müssten zwar wohlwollend formuliert sein, sodass noch nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren wegen der Unschuldsvermutung grundsätzlich nicht aufgenommen werden können. In strengen Ausnahmefällen – wie etwa beim Schutz von Kindern – bestehe allerdings die Pflicht des Arbeitgebers, ein solches Verfahren nicht zu verschweigen.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen gehe vor. Erschwerend kam hinzu, dass der Kläger im Prozess den Besitz der kinderpornografischen Fotos auf dem Diensthandy nicht bestritten habe. In diesem Fall entspreche das Zeugnis dem Gebot der Zeugniswahrheit.

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Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden. Die Entscheidung kann demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE unter Eingabe des Aktenzeichens aufgerufen werden. (Az 5 Ca 1465/24)  © Kölner Stadt-Anzeiger

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