Im Strafprozess um den mutmaßlichen Millionenschaden der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen hat jetzt auch der letzte der drei Angeklagten, der ehemalige Geschäftsführer, ein Teilgeständnis abgelegt.
Am Montag, dem 15. Verhandlungstag am Landgericht Bonn, sagte er, die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben würden, "treffen in vielen Punkten zu". Und: "Ich bedaure sehr, was ich getan habe."
Bis dahin hatte der 42-Jährige, der seit Dezember 2023 in Untersuchungshaft sitzt, keine Angaben zur Person und zur Sache gemacht. Nun erklärte er, er werde zu seinen Verfehlungen stehen, dafür die Verantwortung übernehmen und sich den Konsequenzen stellen.
Der Euskirchener Stiftung soll ein Schaden von 6,6 Millionen Euro entstanden sein
Dem früheren Klinikchef, dem ehemaligen technischen Leiter des Krankenhauses und einem Bauunternehmer legt die Staatsanwaltschaft insgesamt 13 Straftaten zur Last, die sie von Juli 2018 bis Dezember 2023 in unterschiedlicher Beteiligung begangen haben sollen.
Die Tatvorwürfe lauten Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Steuerhinterziehung, jeweils im besonders schweren Fall. Laut Anklagebehörde soll der Stiftung ein Vermögensverlust in Höhe von rund 6,6 Millionen Euro entstanden sein.
Die Stiftung Marien-Hospital zahlte für die Kampfmittelseparierung rund 5 Millionen Euro
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sicherte das Trio sich unter anderem einen hohen Geldbetrag, als die Stiftung in Mechernich eine psychiatrische Tagesklinik errichtete. Der Unternehmer, so die Anklage, habe bei den Erdarbeiten einen Kampfmittelfund fingiert und der Stiftung für die angeblich daraus resultierende Bodenseparierung rund 5 Millionen Euro berechnet.
Der technische Leiter und sein Vorgesetzter hätten die Rechnungsbeträge zur Auszahlung freigegeben. Das Geld der Stiftung sei auf das Konto des Bauunternehmers geflossen, er habe es anschließend unter den Beteiligten aufgeteilt.
Der Ex-Klinikchef bezeichnet einen Bauunternehmer als treibende Kraft
Der ehemalige technische Leiter und der Bauunternehmer hatten diese Vorwürfe dem Prinzip nach schon früher im Verfahren eingeräumt. Jetzt tat es ihnen der Ex-Geschäftsführer gleich, während er andere Vorwürfe zurückwies. Er sagte, es sei nicht seine Idee gewesen, sich auf diese Weise zulasten des Krankenhauses zu bereichern. Vielmehr hätten seine Mitangeklagten die Idee an ihn herangetragen, wobei der Bauunternehmer "die treibende Kraft" gewesen sei.
Der Unternehmer habe auch die Art der Gewinnverteilung vorgeschlagen: "50 Prozent für mich", so der Ex-Geschäftsführer, und jeweils 25 Prozent für die beiden anderen Beteiligten. Bei der Ermittlung des Nettogewinns als Basis für die Gewinnaufteilung, so sein Eindruck, habe der Bauunternehmer "deutliche Puffer zu seinen Gunsten eingebaut", so der 42-Jährige: "Angesichts des beachtlichen Betrages für mich habe ich aber über meine Bedenken hinweggesehen."
Geld mithilfe einer Kampfmittelseparierung zu generieren, habe sich nach Angaben des Bauunternehmers deshalb angeboten, weil sie aufwendig und teuer sei und gleichzeitig kaum zu überprüfen. Der Unternehmer habe auch erklärt, er habe "diesbezüglich Erfahrung aus anderen Projekten". So habe er angeboten, sich um die Modalitäten zu kümmern, während die Aufgabe des damaligen technischen Leiters darin bestanden habe, im Marien-Hospital die notwendige Faktenlage zu schaffen.
Der Bauunternehmer habe Abschlagsrechnungen erstellt, die er und der technische Leiter in ihrer Funktion als leitende Mitarbeiter der Stiftung freigegeben hätten. "Die Erwartung war, so wie vereinbart, von den überhöhten Rechnungen zu partizipieren." Er selber habe von dem Unternehmer 600.000 Euro erhalten, in vier Etappen vom 9. September 2021 bis zum 16. März 2022, das Gros in 100-Euro-Scheinen.
Beim zweiten Termin habe der Bauunternehmer "5-, 10- und 20-Euro-Scheine in Einkaufstüten dabeigehabt, die er zuerst sortieren und zählen musste, wodurch alles etwas chaotisch wirkte". Vor der Verteilung habe er 1000-Euro-Bündel mit Gummibändern fixiert. Die anderen Übergabetermine seien besser organisiert gewesen. Wie viel Geld der technische Leiter bekommen habe (er hatte in seiner Aussage seinen Anteil mit 250.000 Euro beziffert), wisse er nicht, sagte der 42-Jährige.
"Über die 600.000 Euro hinaus hat es keine Zahlungen an mich gegeben", erklärte er weiter und berichtete von einem Problem: Er habe nicht gewusst, wo er das Geld aufbewahren sollte. Sein Girokonto sei dafür nicht in Betracht gekommen, ebenso wenig sein Privathaus oder ein angemietetes Schließfach, "weil meine Frau dort ebenfalls Zugriff hatte und so von dem Geld erfahren hätte". Sie hätte das ganze Unterfangen auf jeden Fall entschieden abgelehnt, sagte er. Und ihr Verhältnis sei zu diesem Zeitpunkt auch schon gestört gewesen.
Als er eingangs Angaben zu seiner Person machte, hatte der Angeklagte über eine außereheliche Beziehung zu einer anderen Frau gesprochen – "einer der größten Fehler in meinem Leben". Diese Frau "sagte mir, dass man das Geld einfach waschen müsse". Auf seinen Einwand hin, dass er darin keine Erfahrung habe, "sagte sie mir, dass sie das aber von ihrem Mann kenne und auch genügend Leute kenne, die praktische Erfahrungswerte hätten".
Der Angeklagte erzählte von einer außerehelichen Beziehung
Sie habe ihm angeboten, ihm das Geld über eine Kreditkarte zur Verfügung zu stellen. "Das Geld könnte ich dann über diese Karte ausgeben beziehungsweise darüber verfügen", habe sie ihm erklärt. "Das Risiko, dass das Geld nach Übergabe in einem schwarzen Loch verschwinden könnte, sah ich als überschaubar an", fügte er hinzu. Nach jeder Auszahlung durch den Bauunternehmer habe er seiner Geliebten Bargeld übergeben, insgesamt 500.000 Euro. Teile davon hätten sie und er gemeinsam ausgegeben.
Die übrigen 100.000 Euro habe er im Tresor in seinem Büro im Marien-Hospital aufbewahrt. Er habe das Geld für diverse Barzahlungen verwendet. Seiner Frau habe er erzählt, das Geld habe er von seinen Eltern bekommen.
Nach der letzten Abschlagszahlung durch den Bauunternehmer gab der Ex-Klinikchef seiner Geliebten nach eigenen Angaben kein Geld mehr. Sie habe aber immer wieder auf weitere Zahlungen gedrängt, selbst als er (nach seiner Kündigung durch die Stiftung, d. Red.) schon nach Norddeutschland gezogen sei. "Im Herbst 2023 wollte sie sogar Geld von mir erpressen." Sie habe ihm vor seiner Dienstwohnung aufgelauert.
Die Frau habe ihn bedroht und "angekündigt, ihn mit Falschaussagen ins Gefängnis zu bringen". Sie habe Kontakte und könne dafür sorgen, dass nicht nur ihm, sondern auch seiner Frau und seinen Kindern etwas passiere, habe sie gesagt. Sie habe auch mit persönlichen Verbindungen zur Polizei, zum Finanzamt und zu anderen Personen gedroht, die ihr verpflichtet seien. "Diese würden mir das Leben zur Hölle machen", sagte er: "Das hat mich natürlich extrem geschockt."
Abschließend sagte der Angeklagte: "Ich schäme mich, vom rechten Weg abgekommen zu sein, und dafür, dass ich viele Menschen enttäuscht habe." Er hoffe auf die Möglichkeit, sich bei den Akteuren der Stiftung entschuldigen zu können. © Kölner Stadt-Anzeiger
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