Sie wirken ein bisschen wie freundliche Eulen oder liebe Pinguine – weiche Kissen mit heiteren Augen, zwei Ärmchen, eine Nase. Es sind besondere Stücke: Erinnerungskissen, genäht aus den Kleidern Verstorbener.

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"Der Verlust eines nahestehenden Menschen stellt meist einen großen Einschnitt im Leben dar. Es ist nützlich zu wissen, dass es keine richtige oder falsche Art zu trauern gibt. Diese Kissen aus den Kleidern Verstorbener sollen den Hinterbliebenen Trost spenden und Mut machen", sagt Erzsébet Endlein.

Die 56-Jährige engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich als zertifizierte Sterbe- und Trauerbegleiterin im Mildred-Scheel-Haus, dem Palliativzentrum der Uniklinik in Sülz. Zusammen mit ihrer Kollegin Claudia Kossmann, die wie sie hauptberuflich in der Deutschen Krebshilfe in Bonn als Beraterin arbeitet und ehrenamtlich im Neuwieder Hospizverein aktiv ist, kam sie auf die Idee zu diesen außergewöhnlichen Erinnerungskissen.

"Eine große Rolle bei der Trauer spielt der Trost durch Erinnerungen an den Verstorbenen. Das kann durch Rituale, das Beibehalten von Traditionen oder das Schaffen von Erinnerungsstücken geschehen. In dem Rahmen haben wir überlegt, was neben Fotoalben und Erinnerungsbüchern, die mit Trauernden erstellt werden können, noch hilfreich sein kann", erzählt Endlein.

Kissen zum Weinen und Umarmen

Als Namen für ihr Herzensprojekt wählten die beiden Frauen "Animo", den lateinischen Ausdruck für Mut. "Man kann sich mit dem Animo unterhalten, es in den Arm nehmen, mit ihm weinen und es auch mitnehmen, wenn man verreist", schildert die gebürtige Ungarin, die seit 1990 in Köln und seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Raderberg lebt.

Im Mai starteten Endlein und Kossmann ihr Projekt als Angebot für Angehörige von Verstorbenen, die im Mildred-Scheel-Haus, von einem dort angeschlossen Palliativdienst oder vom Neuwieder Hospizdienst betreut werden. Seither nähten sie, mithilfe weiterer ehrenamtlicher Näherinnen und nach dem Schnittmuster, das Kossmann und Endleins Schwester entwarfen, zwölf Animos in Köln und weitere in Neuwied.

Ob nur die Kleidung der Verstorbenen oder Zusatzstoffe wie weiches Fleece vernäht werden soll, bespricht die Trauerbegleiterin mit den Angehörigen. Auch die Augenfarbe wählen diese, auf Wunsch werden die Animos mit Extra-Details ausgestattet wie Täschchen am Bauch oder ein aufgenähtes Herz. "Eine Frau wünschte sich einen Schmetterling auf ihrem Kissen, denn diese hatte ihre Mutter so gerne", erzählt sie.

Die Besprechungen mit den Hinterbliebenen seien sehr persönlich. "Manche erzählen viel aus Leben der Verstorbenen oder haben Fotos dabei. Eine Frau, deren Lebensgefährtin gestorben war, streichelte die ganze Zeit den Stoff, den sie mitgebracht hatte – Kleidung, die ihre Partnerin gerne und viel getragen hat. Sie hat drei Kissen machen lassen, eins für sich und zwei für die Enkel ihrer Frau", schildert Endlein.

Animo schafft Verbundenheit

Wenn die Angehörigen die Kissen, die Endlein in Raderberg näht, abholen, würde es oft emotional, berichtet sie. "Da fließen oft Tränen, aus Trauer, aber auch vor Freude. Eine 83-jährige Dame, die ihren Ehemann nach 20 Jahren Pflege an eine Krebs- und Demenzerkrankung verloren hat und die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht mehr oft zum Friedhof kann, sagte: ‚Na siehst du, bald hast du deinen Platz auf dem Sofa wieder‘", erzählt Endlein.

Ihr und Kossmann ist wichtig, die Kissen nicht gewerblich, sondern ehrenamtlich anzubieten. Lediglich einen Unkostenbeitrag von 15 Euro für Füllmaterial, Nähgarn, Augen und ähnlichem steuern die Angehörigen bei, wenn sie können. Diese erhalten nach Fertigstellung ihr Animo liebevoll verpackt, mit einem Anhänger, auf dem der Name der Näherin steht und "mit ganz viel Liebe genäht" – auch das wird bereits ein wenig Trost spenden.

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Info

Wer das Projekt "Animo" finanziell oder als ehrenamtliche Näherin/ehrenamtlicher Näher in Köln unterstützen möchte, kann sich an den Verein Endlich.Palliativ & Hospiz im Mildred-Scheel-Haus wenden. Wichtig: Das Angebot in Köln richtet sich nur an die Menschen, die im Palliativzentrum und dem SAPV-Team der Uniklinik Köln betreut werden. info@palliativ-hospiz-koeln.de  © Kölner Stadt-Anzeiger

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