Reine Mechanik: keine Federung, keine Verstärker. Weder am Lenkrad noch an der Bremse. Mit ausgestreckten Beinen sitze ich in einer kleinen, weißen Seifenkiste, vor dem Bauch ein winziges, aber höchst sensibles Lenkrad.
Unter den Füßen rechts ein Pedal für Gas, links eins für die Bremse. Der Po ruht wenige Zentimeter über dem Asphalt auf einem dünnen Polster direkt auf dem Boden der Karosse aus Fiberglas. Irgendwo neben meinen Oberschenkeln ist noch ein Hebel für den Rückwärtsgang und einer für die Handbremse versteckt – das wars.
Minimalistisch ist alles um mich herum, nur nicht die Freude all derer, die uns vom Straßenrand bei unserer Ausfahrt durch Eitorf, über Wiehl bis Waldbröl und nach Ruppichteroth zuwinken und den nach oben gestreckten Daumen zeigen. Es ist die erste, geführte Tour überhaupt. Und die Menschen, ob jung oder alt, strahlen dabei fast so sehr wie wir, die wir in den kleinen Mini-Hotrods sitzen und mit 14 PS aus einem 170-Kubikzentimeter-Motor über die Dörfer auf beiden Seiten der Kreisgrenzen knattern.
Hotrod-Touren: In Köln rollen die urigen Vehikel seit Sommer 2020
Zu verdanken haben wir diese Achterbahnfahrt mit Lenkrad dem ewigen Kind im Manne von Dirk Kösling, Inhaber eines Berge- und Abschleppdienstes in Eitorf, Vater einer erwachsenen Tochter und passionierter Gokart-Fahrer. Als er vor einiger Zeit von dem neuen Trend zu Hotrod-Touren in den Großstädten des Landes erfährt, dauert es nicht lange, bis er selbst in Köln die erste Ausfahrt macht. Dort rollen die urigen Vehikel bereits seit dem Sommer des Jahres 2020.
"Da saß die Flause in meinem Kopf fest, und ich wollte so etwas unbedingt hier bei uns im ländlichen Raum aufziehen", sagt Dirk Kösling. Zumal das Knattern in den kleinen Boliden auf den kurvigen Straßen in den Kreisen Rhein-Sieg und Oberberg noch deutlich mehr Fahrspaß bereithalte als in einer verstopften Großstadt. Im vergangenen Oktober hat der 57-Jährige aus diesem Spaß eine Geschäftsidee gemacht.
"Hotrod Power": Sechs Mini-Hotrods der Marke Wenckstern
"Hotrod Power" heißt das junge Unternehmen, dafür hat Kösling sechs Mini-Hotrods der Marke Wenckstern – dem einzigen Hersteller in Deutschland – angeschafft, eines davon ist ausschließlich für den Chef reserviert und fünf davon stehen künftig für Gäste bereit. Die Miniflitzer sind Miniatur-Nachbauten von amerikanischen Hotrods aus den 1920ern bis in die 1940er Jahre hinein. Damit fahren darf nur, wer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist und sich unterwegs an die Regeln hält, die der Tourleiter vor jeder Ausfahrt erklärt.
"Wir wollen den urtümlichen Fahrspaß genießen, aber keine Rennen fahren", erklärt Kösling. Die Fahrerinnen und Fahrer seien bei den Exkursionen natürlich über den Veranstalter versichert, aber für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung müsste im – unwahrscheinlichen Falle eines Falles – jeder Kunde selbst geradestehen. Immerhin kann der Tacho auf den kleinen Kisten bis auf eine Geschwindigkeit von 90 Kilometern in der Stunde hochdrehen.
Auch mir braust so richtig der Fahrtwind um die Nase und der ganze Körper vibriert in der kleinen Seifenkiste im Viertakt des knatternden Einzylinders, der sich den Respekt auf den Straßen mit Sympathie erarbeitet. Niemand überholt uns auf der Landstraße, keiner nervt von hinten mit der Lichthupe, an Kreuzungen und Kreisverkehren lassen uns andere Verkehrsteilnehmer gern die Vorfahrt und winken uns auch noch freudig zu. Allein für dieses Erlebnis hat sich die Ausfahrt im Hotrod schon gelohnt.
"Hotrod Power": Regelmäßige Ausfahrten starten im Frühjahr
Die geführten Ausfahrten finden samstags und sonntags, jeweils ab 11 und 15 Uhr, sowie freitags ab 12 und 16 Uhr statt. Sie starten auf dem Betriebsgelände von "Hotrod Power", Im Auel 91, in Eitorf.
Der reguläre Betrieb wird erst im Frühling bei etwas milderen Temperaturen so richtig starten, doch kann man sich jetzt schon Gutscheine sichern und Termine reservieren. Und wer seine Firma regional bekannter machen möchte, kann sich auch noch eine Werbefläche auf einem der fünf knatternden Sympathieträger sichern. Weiteres dazu im Internet. © Kölner Stadt-Anzeiger
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