Die momentane Stimmung von Axel Stadtländer ließe sich am besten mit "Ende gut, alles gut" beschreiben: "Unsere Mitarbeiter werden übernommen, und auch das Sortiment wird sich nur geringfügig ändern", freut sich der Mitinhaber der Bunt-Buchhandlung an der Venloer Straße.

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Die wird Ende Dezember schließen, doch nach einer Umbauphase sollen schon Anfang Februar am selben Ort wieder Bücher verkauft werden: Der Buchhandels-Gigant Thalia, zu dem heute rund 340 Filialen in Deutschland und Österreich gehören, übernimmt das Ladenlokal.

Bunt-Buchhandlung: Zweiter Standort bleibt bestehen

"Wir haben lange nach Nachfolgern aus dem unabhängigen Buchhandel gesucht, auch im Kölschen Klüngel", berichtet Stadtländer. "Aber da war niemand zu finden." Er wird demnächst 67 und zieht sich aus Altersgründen zurück, will nur noch mit stark verkürzter Arbeitszeit für den zweiten "Bunt"-Standort, das moderne Antiquariat in der Breiten Straße, tätig sein. Den will er mit den beiden Mitinhabern, Bert Kautz und Burkhard Schirdewahn, weiter betreiben.

Nicht weit entfernt, an der Ehrenstraße, hatte auch die Geschichte der Bunt-Buchhandlungen begonnen. Der gewerkschaftseigene Bund Verlag gab 1991 seine dortige Buchhandlung auf, die beiden Angestellten Stadtländer und Kautz entschlossen sich, die Räume in Eigenregie, mit neuem Konzept zu übernehmen.

1994 stieß Schirdewahn hinzu, zunächst als Angestellter, ab 1995 als Miteigentümer. Aus "Bund" war da schon "Bunt" geworden: "Ein Buchstabe der Leuchtreklame kostete 750 Mark. Wir haben uns für den Namen entschieden, weil wir so nur einen Buchstaben austauschen mussten", erinnert sich Axel Stadtländer lächelnd.

Veränderte Schwerpunkte und neue Angebote in Ehrenfeld

Die Ehrenfelder Filiale wurde 2002 eröffnet, im Regal standen anspruchsvolle Literatur und gewichtige Bücher zu Themen aus Politik und Geschichte. Daran hat sich auch nicht viel geändert, doch mit der Zeit verschoben sich die Schwerpunkte ein wenig, Neues kam hinzu, Postkarten etwa und sogar Kinderspielzeug. "Damit verdienen wir unser Geld", sagt Stadtländer. "Postkarten machen inzwischen fünf, sechs Prozent des Umsatzes aus. Und wir haben natürlich schon ganze Stapel der neuen Biografie über Angela Merkel bestellt, oder des neuen Romans von Frank Schätzing."

Denn das Weihnachtsgeschäft lockt, angesichts der immer schwieriger werdenden Bedingungen im Buchhandel muss man mitnehmen, was mitzunehmen ist. In den vergangenen zehn Jahren, das zeigten Erhebungen, sei die Zahl der Leser in Deutschland um sechs Millionen zurückgegangen, so Axel Stadtländer. "Wobei als Leser gilt, wer einmal im Monat ein Buch in die Hand nimmt."

Buchhandel unter Druck durch neue Medien und Wirtschaftlichkeit

Die Konkurrenz der neuen Medien, von Netflix, Internet und Konsole, ist übermächtig, das könnten auch Zuwächse in Segmenten wie dem Kinderbuch nicht ausgleichen. 2013 sei in Ehrenfeld das Jahr mit dem höchsten Umsatz gewesen, sagt Stadtländer, seitdem gehe es abwärts: "Oberkante Unterlippe", antwortet er nur auf die Frage nach der aktuellen Wirtschaftlichkeit des Buchladens. Mit der neuen Einbahnstraßenregelung für die Venloer Straße habe das nichts zu tun, er habe sich stets für diese Lösung eingesetzt, stellt Stadtländer klar, die Auswirkungen seien eher "winzig".

Aufgrund der prekären Situation im Buchhandel generell habe man aber niemanden finden können, der seine Arbeit übernehmen wollte. Denn die drei Inhaber haben ihre Arbeit aufgeteilt, Axel Stadtländer kümmert sich um Personal und Finanzen, die anderen um den IT-Bereich und den Einkauf. Große Unternehmen wie Thalia könnten einige dieser Aufgaben zentral und damit wirtschaftlich günstiger erledigen.

"Aber die Kundschaft in Ehrenfeld bleibt dieselbe, deshalb wird Thalia wenig ändern", weist Stadtländer Befürchtungen vor allzu einschneidenden Veränderungen ab. Dass die Kunden hier "auf die persönliche Beratung des bekannten Teams", zu dem weiterhin Burkhard Schirdewahn gehört, ebenso wenig wie auf das "vielseitige Buchsortiment" verzichten müssen, betont Michael Wetzel, Vertriebsdirektor bei Thalia.

Zusätzlich könnten sich "Bücherbegeisterte vor Ort auf lesenahe und zum Teil exklusive Deko- und Geschenkartikel sowie Spiele und Spielwaren freuen." Auch das digitale Lesen soll "mit der tolino E-Reading-Familie einen Platz erhalten", hinzu kommen "innovative Services wie Bezahlmöglichkeiten über die App-Funktion ‚Scan & Go‘ oder eine Self-Checkout-Kasse."

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Auch Kinderbuchladen schließt

Dem Ehrenfelder Buchhandel stehen weitere Änderungen bevor. Auf ihrer Homepage verabschieden sich die beiden Betreiberinnen von "Knirps und Riese" in der Gutenbergstraße nach elf Jahren von ihren Kunden. Der Kinderbuchladen schließt ebenfalls Ende Dezember. Die Inhaberinnen geben persönliche Gründe an: "Mit sinkenden Umsatzzahlen hat das nichts zu tun, wir hatten jährlich Zuwachs", sagt Thea Wittmann. Sie hoffen, dass jemand den Laden übernimmt: "Wenn ihr also vielleicht Interesse habt oder jemanden kennt, die jemanden kennt, der jemanden kennt... meldet Euch gern zügig bei uns!"  © Kölner Stadt-Anzeiger

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