"Wir saßen in Jogginghosen und T-Shirt im Wohnzimmer", erinnert sich Sylvia Pung (66) an den Freitagabend der vergangenen Woche (18.
Oktober). Im Fernsehen lief eine Sendung über den Petersberg im Siebengebirge, als es plötzlich laut im Treppenhaus wurde und dann an ihrer Wohnungstür klopfte: "Wir müssen schnell raus. Es brennt", rief eine der jungen Frauen aufgeregt, die über Sylvia Pung wohnte.
Geistesgegenwärtig packte Udo Morgenschweiß (65) den Haustürschlüssel und eine Taschenlampe, seine Frau griff den Hund und die Leine – dann zogen sie die Wohnungstür hinter sich zu und liefen ins Freie. Vom Vorgarten ihrer Nachbarn aus sahen sie, wie immer mehr Rauch aus dem Dach des Zweifamilienhauses drang. Dann habe es einen lauten Knall gegeben, und im nächsten Augenblick seien meterhohe Flammen aus dem Dachstuhl geschlagen.
Hürther Ehepaar wurde von der Feuerwehr im Hotel untergebracht
"Ein Feuerwehrmann, der in der Nähe wohnte, war als Erster da", berichtet die 66-Jährige. "Er fragte, ob noch Menschen im Haus seien." Als sie das habe verneinen können, habe er sich vor die Tür gestellt und niemanden mehr ins Haus gelassen. "Da hörten wir auch schon das Martinshorn der Feuerwehr", schildert Udo Morgenschweiß weiter.
Immer noch bebt seine Stimme. Zu frisch sind die Ereignisse, die ihn, seine Frau und die Familie aus der Dachwohnung in nur wenigen Minuten zunächst einmal obdachlos gemacht haben. Obwohl die Feuerwehr rasch am Einsatzort eingetroffen sei, sei ihnen die Wartezeit wie eine Ewigkeit vorgekommen. Schnell seien dann rund 80 Feuerwehrleute und Rettungskräfte vor und rund um das Haus gewesen.
Die Notärztin habe sie vorsichtshalber auf eine mögliche Rauchvergiftung untersucht. "Wir sind aber unverletzt", sagt Sylvia Pung. Anschließend duften sie abseits des Brandgeschehens in einem Fahrzeug der Feuerwehr warten.
Erst spät in der Nacht und in Begleitung eines Feuerwehrmanns konnte das Paar nach den Löscharbeiten noch einmal kurz in seine Wohnung, um wenigstens frische Unterwäsche, das Handy und die Geldbörse mitzunehmen. Das ganze Haus mitsamt ihrer Wohnung und ihrer Garage, in der ihr Auto stand, waren jedoch erst einmal von der Kripo beschlagnahmt.
Die Feuerwehr hatte dem Ehepaar in Hürth noch in der Nacht ein Hotelzimmer angemietet und die beiden gegen 0.30 Uhr dorthin gefahren. "Schlafen konnten wir aber lange nicht", berichtet Sylvia Pung. Todmüde, aber hellwach, hätten sie lange ruhelos im Bett gelegen. "Dieses Gefühl der inneren Anspannung hat auch noch das ganze Wochenende angehalten", sagt Udo Morgenschweiß. Richtig weg sei es immer noch nicht. So viel gehe ihnen durch den Kopf.
Mutter und ihre drei Töchter kamen bei Freunden und Familie unter
In Erinnerung bleibe aber auch die tolle Arbeit der Feuerwehr und die Freundlichkeit der Einsatzkräfte, die ihnen zu jeder Zeit beigestanden hätten. Auch die Hilfsbereitschaft aus ihrer Nachbarschaft sei sehr groß.
Eine Welle der Anteilnahme hat auch die Familie aus der Dachwohnung erfahren. Dort lebte bis Freitagnacht eine Mutter mit drei erwachsenen Töchtern. Freunde von ihnen vom Tannenhof in Zülpich haben sogar eine Spendenkampagne im Internet für die vom Brand betroffene Familie gestartet. Die Mutter und ihre Töchter sind bei Freunden und Familienmitgliedern untergekommen. Auch sie werden diese Nacht so schnell nicht vergessen.
"Es war ganz furchtbar", sagt eine der Töchter. Alles sei so schnell gegangen. Ihr Zuhause ist von den Flammen zerstört worden, die Wohnung unbewohnbar. "Meine Schwester ist auf Socken aus dem Haus gelaufen", erzählt sie. Aber alle seien heil aus dem Haus gekommen.
Am Montagnachmittag gab die Kriminalpolizei das Wohnhaus wieder frei. Die Beamten gehen zurzeit davon aus, dass es sich bei der Brandursache um einen technischen Defekt gehandelt hat. Mit ihrer Mutter, ihren Schwerstern und einigen Freunden war die junge Frau auch am späten Dienstagnachmittag noch dabei, wenigstens einige unverbrannte Habseligkeiten aus der Wohnung zu räumen. Bis Dienstagabend war das Haus allerdings ohne Strom.
"Am Mittwochmorgen hat uns unsere Nachbarin dann im Hotel abholen und mit nach Hause nehmen können", sagt Sylvia Pung dankbar. Ihre Wohnung im Erdgeschoss des Brandhauses sei nach aktuellen Erkenntnissen weder vom Rauch, noch vom Feuer oder dem Löschwasser betroffen.
Hier bekommen Betroffene Hilfe
Die Stadt Hürth verfügt weder über Ersatzwohnungen noch über Ausweichquartiere. Wenn Menschen nicht privat unterkommen können oder möchten, werden sie in einem Hotel untergebracht. Die Stadt streckt die Hotelkosten allerdings nur vor und holt sich das Geld von den Betroffenen zurück. Deshalb muss die Kostenfrage mit der Versicherung geklärt werden.
Sollten der komplette Hausrat und die Kleidung verloren sein, können sich Menschen, die bereits Sozialleistung beziehen, persönlich bei ihrem Sachbearbeiter melden, der dann alle weiteren Schritte regelt. Menschen, die keine Leistungen erhalten, können sich direkt an die jeweiligen Sozialeinrichtungen wenden. © Kölner Stadt-Anzeiger
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