Trier - Es ist eine kleine Karte, die vieles verändert: Das Land Rheinland-Pfalz gibt die ersten Bezahlkarten für Geflüchtete aus.
Zunächst haben sie einige ausgesuchte Flüchtlinge in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier bekommen. Noch ist es ein Pilotprojekt.
Nach ein paar Wochen Testlauf, in dem Abläufe erprobt werden, soll die Karte schrittweise in den anderen Erstaufnahmen für Asylbewerber im Land eingeführt werden, sagte Integrationsstaatssekretär
Zum Start gingen in Trier zehn Bezahlkarten raus, in den nächsten Wochen sollen bis zu 70 weitere folgen. Bei der Auswahl habe man geschaut, alle Statusgruppen von Familien bis Alleinreisenden abzudecken, sagte AfA-Leiter Thomas Pütz.
Was wird anders mit der Karte?
Anders als bisher bekommen die geflüchteten Menschen die staatlichen Leistungen auf die Karte gebucht. Mit der Karte können sie in Geschäften bezahlen. Nur ein Teil ist als Bargeld verfügbar. In Rheinland-Pfalz dürfen bis zu 130 Euro pro Monat an Geldautomaten und bei teilnehmenden Einzelhändlern abgehoben werden.
In anderen Bundesländern liegt der maximale Bargeldbetrag oft bei 50 Euro. "Die 130 Euro sind das Resultat einer Abwägung", begründete Littig. "Wir wollen diese Bezahlkarte insbesondere rechtssicher und diskriminierungsfrei einführen." Eine Beschränkung auf 50 Euro sei seiner Ansicht nach "eine Einschränkung auch von Freiheit und Möglichkeiten".
Vor gut einem Jahr hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz auf das neue System geeinigt. Mit der Bargeld-Obergrenze soll verhindert werden, dass Geld ins Ausland geschickt wird - unter anderem an potenzielle Schleuser.
Weniger Bürokratie und Warten
Die Karte bringe Vereinfachungen für Mitarbeiter und Bewohner, sagte AfA-Leiter Pütz. Das Geld werde automatisch alle zwei Wochen auf die Karte geladen - das lange Warten am Kassenschalter zum Geldabholen entfalle. Bisher ist es so, dass die Bewohner der AfA alle zwei Wochen persönlich erscheinen müssen, um ihre Leistungen in bar abzuholen.
Einem alleinreisenden Geflüchteten stünden im Monat als "notwendiger persönlicher Bedarf" 196 Euro zur Verfügung, sagte Pütz. Das Geld werde in zwei Hälften pro Monat ausgezahlt - oder auf die Karte gebucht.
Asylbewerberin Meri (25) aus Armenien ist eine der ersten, die die Bezahlkarte bekommt. Sie ist seit fünf Monaten in Deutschland. "Ich finde es mit der Karte bequemer und sicherer. Und ich muss nicht mehr lange in der Warteschlange stehen", sagte sie. Sie könne jetzt auch online kaufen, was vorher nicht gegangen sei - etwa Bustickets.
Karten sollen auch in Kommunen kommen
Die Karte soll Kommunen bei der Verwaltung entlasten. Sie entscheiden selbst, ob sie mitmachen oder nicht. Littig ist zuversichtlich: "Wir sehen eine hohe Bereitschaft der Kommunen, auch die Bezahlkarte für sich einzuführen." Er gehe daher davon aus, dass sich viele Kommunen beteiligten und "dass wir im ersten halben Jahr vielleicht in einem flächendeckenden Rollout drin sind".
Die Bezahlkarte ist eine guthabenbasierte Debitkarte ohne Kontobindung, eine Überziehung des Guthabens ist nicht möglich. Mit der Karte ist laut Landesregierung eine Teilnahme am Online-Handel innerhalb der EU möglich. Auch Überweisungen und Lastschriften sollen generell ermöglicht werden, um etwa Stromverträge oder das Deutschlandticket bezahlen zu können. Online-Transfers über Gelddienstleister funktionierten aber nicht.
Landkreistag findet 130 Euro Bargeld zu hoch
Kritik an dem Bargeldbetrag kommt von Landkreistag Rheinland-Pfalz. "Der Landkreistag hat sich immer für einen Mindest-Richtwert von 50 Euro ausgesprochen, der nur in begründeten Bedarfsfällen erhöht werden kann", sagte der geschäftsführende Direktor Andreas Göbel.
Neben der Verwaltungsvereinfachung verfolge die Bezahlkarte das Ziel, Einwanderungsanreize zu hindern. "Ist der Bargeldbetrag dagegen zu hoch angesetzt, werden die beabsichtigten Einschränkungen konterkariert." Eigene Bezahlkarten-Systeme gibt es seit Frühjahr 2024 schon in Pirmasens und im Rhein-Pfalz-Kreis. © Deutsche Presse-Agentur
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