Kiel - Nach viel Widerstand nicht nur in der Justiz passt Justizministerin Kerstin von der Decken ihre geplante Gerichtsreform an.

Mehr News aus Schleswig-Holstein finden Sie hier

Die Zahl der Arbeits- und Sozialgerichte will die CDU-Politikerin weniger stark reduzieren als zunächst angekündigt. "Die Justiz hat Verständnis, dass wir angesichts der sehr ernsten Haushaltslage nachhaltig zur Konsolidierung beitragen müssen", sagte die Ministerin nach einer Kabinettssitzung in Kiel.

"Das nun gemeinsam entwickelte, angepasste Konzept einer Fachgerichtsstrukturreform führt zu Flächeneinsparungen und Effizienzsteigerungen", sagte von der Decken. Sie bezifferte das Einsparvolumen auf grob geschätzt 45 bis 50 Millionen Euro.

Die Zahl der Erstinstanzen der Arbeits- und Sozialgerichte sollte zunächst von neun auf zwei sinken. Nun sind acht Gerichtsstandorte geplant. Die künftigen Sozialgerichte in Kiel und Itzehoe sollen Zweigstellen in Schleswig und Lübeck erhalten, die künftigen Arbeitsgerichte in Kiel und Lübeck auswärtige Kammern in Flensburg und Itzehoe.

Neumünster verliert Gericht

Somit verliert nur Neumünster sein Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht Elmshorn wird als auswärtige Kammer nach Itzehoe verlagert. Das Landessozialgericht wird im Gebäude des Oberverwaltungsgerichts in Schleswig angesiedelt, das Landesarbeitsgericht und das Finanzgericht im Gebäude des Amtsgerichts in Kiel.

Nach dem Entwurf soll es zu einer Konzentration von aktuell 17 auf 10 Gebäude kommen. Beispielsweise werden einzelne Außenstellen zusammengelegt. Nach Angaben des Justizministeriums soll dies wesentliche Kosten- und Flächeneinsparungen bringen.

Gegenwind für Ministerin

Ende September hatte die Justizministerin im Zuge des Sparkurses der schwarz-grünen Landesregierung eine Zentralisierung der Arbeits- und Sozialgerichte angekündigt. Die aktuell vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster wollte sie an einem Fachzentrum konzentrieren, voraussichtlich in Neumünster. Nach Vorbild der Verwaltungsgerichtsbarkeit sollte es je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz und jeweils eine zweite Instanz geben.

Noch im Oktober hatte von der Decken die Pläne unter lautstarkem Protest auf einer Demonstration vor dem Landeshaus in Kiel verteidigt und mit der schwierigen Haushaltslage begründet. Nun verwies die CDU-Politikerin auf viele konstruktive Vorschläge aus der Justiz. Ihr Staatssekretär Otto Carstens ergänzte, "wir wollen in der Fläche bleiben".

Reaktionen der Justiz

In der Justiz hatte es massive Kritik an der Ursprungsreform gegeben. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte begrüßten die Korrekturen. "Ich bin mir sicher, dass die Wogen geglättet werden können", sagte der Präsident des Finanzgerichts Birger Brandt. Der Präsident des Landesarbeitsgerichts, Wulf Benning, betonte, "lange Wege werden dadurch für die Bürgerinnen und Bürger und die Beschäftigten vermieden".

SPD-Landtagsfraktionschefin Serpil Midyatli sprach von einem Einknicken der Landesregierung unter öffentlichem Druck. "Diese Riesenklatsche für Frau von der Decken setzt selbst für diese Landesregierung der gescheiterten Reformen neue Maßstäbe." Nun müsse es darum gehen, den bereits angerichteten Schaden möglichst klein zu halten. "Den Mitarbeitenden in der Justiz muss schnellstmöglich wieder die Sicherheit und Klarheit über ihre Arbeitsplätze gegeben werden."

Zahl der Amtsgerichte steht noch zur Diskussion

Der FDP-Justizpolitiker Bernd Buchholz betonte, "die Justizministerin zieht die Notbremse, und das ist auch höchste Zeit". Die Reform sei nicht so alternativlos wie zunächst von ihr dargestellt. "Zum Glück hat der Druck der Richterverbände und der Opposition gewirkt und Schwarz-Grün wieder auf Kurs gebracht."

Zur Diskussion steht aber darüber hinaus immer noch, die Anzahl der Amtsgerichte in Schleswig-Holstein zu reduzieren. Bislang gibt es in den 15 Kreisen und kreisfreien Städten 22 Amtsgerichte. Ziel ist zudem weiter ein Justizzentrum mit Verhandlungssaal für große Verfahren.  © Deutsche Presse-Agentur

Nachrichten aus anderen Regionen
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.