Erfurt - Angesichts enger finanzieller Spielräume stellt die Thüringer Landesregierung die Strukturen des Landeshaushalts auf den Prüfstand.
"Perspektivisch muss es gelingen, Landeshaushalte aufzustellen, die ohne einen Rückgriff in die Rücklage ausgeglichen werden können", gab Finanzministerin Katja Wolf (BSW) nach einer Kabinettssitzung in Erfurt als längerfristiges Ziel aus. Helfen soll eine Haushaltsstrukturkommission, also eine Expertenrunde, in der nicht nur Mitglieder des Kabinetts, sondern auch externe Experten beraten sollen.
Viele Ausgaben gebunden
Wolf kündigte an, dass man sich die Einnahmen und Ausgaben des Landes intensiv anschauen wolle. Nach dem aktuellen Haushaltsentwurf wäre die Rücklage des Landes bis Ende des Jahres komplett aufgebraucht. Das könne nicht so weiterlaufen, sagte Wolf. "Wir werden uns sehr klar anschauen, was wir uns bei den Ausgaben noch leisten können."
Nach Berechnungen des Thüringer Rechnungshofs sind Ausgaben von 11,8 Milliarden Euro durch Bundes- und Landesgesetze, Personalausgaben, aber auch Miet- und andere Verträge gebunden. Der im Landtag derzeit beratene Haushaltsentwurf hat ein Volumen von 13,75 Milliarden Euro.
Die fetten Jahre sind vorbei
Wolf kritisierte die rot-rot-grüne Vorgängerregierung und zeigte zugleich politisch Verständnis für deren Haushaltspolitik. "Es ist, ich verstehe das sogar ein kleines bisschen, in den letzten fetten Jahren versäumt worden, eine Rücklage so aufzubauen, dass sie zukunftsfest ist", sagte Wolf. Die Minderheitsregierung habe jedem etwas Gutes tun wollen. Dieses politische Handeln sei aber extrem teuer gewesen.
In den vergangenen zehn Jahren sei das Haushaltsvolumen von rund 9 Milliarden Euro auf fast 14 Milliarden Euro gestiegen. Zugleich sei zu wenig investiert und stattdessen zu viel Geld konsumptiv ausgegeben worden - etwa in Verbesserungen bei der Kindergartenbetreuung. "All das, was am Ende möglicherweise gut zu verkaufen ist, aber wenig Effekt für die langfristige Zukunftsfähigkeit des Landes hat", sagte sie.
Man müsse nun einen Spagat schaffen: "Thüringen nicht totzusparen - und das trotz eines strukturellen Defizits von circa 1,3 Milliarden, welches uns im nächsten Jahr erwartet."
Kommission soll Spielräume schaffen
In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, BSW und SPD den Einstieg in das kostenlose Schulessen vereinbart. Bildungsminister Christian Tischner (CDU) hatte kürzlich gesagt, dass dafür wohl ein dreistelliger Millionenbetrag nötig sein werde.
Wolf sagte, im Haushalt 2025 werde man diese Mittel nicht aufbringen können. Auch in den Jahren 2026 und 2027 werde es angesichts des strukturellen Defizits schwer. Die Strukturkommission werde sich dies anschauen, "und genau dafür versuchen, Spielräume zu schaffen", sagte sie.
Die BSW-Politikerin kündigte an, die Konjunkturbereinigung "auf ein neues Berechnungsmodell" umzustellen. "Was entsprechend in der Übersetzung bedeutet, in der Not mehr Schulden aufnehmen zu können", sagte sie. Zugleich werde es eine klare Regelung geben, wie diese Schulden wieder abzubauen sind. © Deutsche Presse-Agentur
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