Ein Tor, eine Vorlage – Harry Kane zeigte beim Bundesliga-Auftaktsieg des FC Bayern München seine Qualität. Trainer Thomas Tuchel hatte allen Grund zur Freude. Doch ihm war bewusst, dass eine alte Schwäche des FC Bayern das Spiel fast gekippt hätte.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Plötzlich herrscht beim FC Bayern München wieder gute Stimmung. Als Thomas Müller nach dem 4:0 zum Bundesliga-Auftakt beim SV Werder Bremen in Richtung Kabine marschierte, rief er einigen Journalisten zu. "Nun könnt ihr zufrieden sein." Scherzhaft forderte er notentechnisch für "alle eine 1".

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Der Triumph lässt die Supercup-Blamage gegen RB Leipzig vergessen. Ein Spieler stach in Bremen besonders hervor: Rekord-Transfer Harry Kane bereitete das 1:0 vor und traf später selber zum 2:0.

"Es war ein schöner Abend ", sagte der englische Stürmer. "Natürlich war ich ein bisschen nervös, mit der neuen Umgebung und dem neuen Club. Aber als ich auf dem Platz war, hat der Instinkt übernommen und ich bin froh, dass wir ein gutes Resultat geholt haben."

Tuchel lobt Kane: "smart und präzise"

Trainer Thomas Tuchel lobte den Einfluss des Superstars: "Harry ist stark in den Halbräumen und in der Ballbehauptung. Wenn man mit viel Ballbesitz spielt, gibt er uns Tiefe, weil er die vorderste Anspielstation ist. Er hat immer Einfluss auf die Abwehrreihe, weil er Aufmerksamkeit zieht, weil seine Bewegungen clever sind. Er ist sehr smart in allem, was er tut, und unglaublich präzise."

Auch Torwart Sven Ulreich schätzt die Eigenschaften von Kane: "Es ist sehr wichtig, ihn vorne drin zu haben als Spieler, der die Bälle festmacht und ein bisschen Ruhe reinbekommt. Bei den langen und hohen Bällen ist dann immer sehr präsent."

Joshua Kimmich weiß, dass Kane die Mannschaft insgesamt besser macht: "Generell tut er unserem Spiel gut, weil er ein Spieler ist, der sowohl mitspielen als auch vollstrecken kann. Er kann auch die anderen Spieler in Szene setzen. Ich glaube, dass auch alle Offensivspieler sehr von ihm profitieren werden."

Es gab zwar Spielphasen, in denen Kane ein wenig untertauchte. Aber selbst dann kann er für seine Mitspieler wichtig sein, wie Kimmich erklärte: "Er gibt dem einen oder anderen Mitspieler auch mehr Raum, weil sich die Gegenspieler wegen seiner Qualität auf ihn fokussieren müssen." Gegen Bremen profitierte vor allem Leroy Sane davon, der zwei Tore erzielte.

Das Momentum hätte kippen können

Das Resultat von 4:0 mag den Eindruck erwecken, der FC Bayern hätte Bremen völlig an die Wand gespielt. Tatsächlich aber ereignete sich zwischendurch auch eine Schwächephase, die das Spiel auf den Kopf hätte stellen können.

Kurz nach der Halbzeit war jegliche Souveränität plötzlich verschwunden, sodass Bremen zu Chancen kam. Leonardo Bittencourt grätschte in der 47. Minute aus kurzer Distanz knapp am Ball vorbei. Ansonsten wäre dies der Ausgleich gewesen. Nur zwei Minuten später kam Niclas Füllkrug im Strafraum zum Abschluss, ließ die Chance aber ebenfalls ungenutzt.

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte Trainer Thomas Tuchel, warum der FC Bayern plötzlich die Kontrolle verlor: "Werder hat mit sehr viel Risiko aktiv nach vorne verteidigt, das hat uns ein bisschen überrascht. Wir waren nicht wach genug, haben die Räume nicht schnell genug besetzt und keine guten Lösungen gefunden, haben die zweiten Bälle und Zweikämpfe verloren, hatten dann auch noch Konzentrationsfehler im Passspiel."

In so einer Phase kann laut Tuchel "das Momentum auf jeden Fall mal kippen. Das ist uns ja auch in vergangenen Spielen passiert. Wir haben uns aber gefangen. Wir haben gemeinschaftlich die Energie, den Spirit und die Mentalität behalten, uns dagegengestemmt und nicht angefangen, verrückte Sachen zu machen."

Ordnung verloren, in den Zweikämpfen nicht präsent

Klar ist aber auch: Wäre der FC Bayern auf einen effektiveren Gegner getroffen, hätte das Spiel komplett anders ausgehen können. Das Beispiel RB Leipzig im Supercup hat dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wie ist es also zu erklären, dass die Kontrolle plötzlich verlorengeht? Und vor allem: Wie lässt sich das zukünftig beheben?

"Ich glaube, nach der Halbzeit haben wir einfach nicht so richtig die Ordnung gehabt wie in der ersten Halbzeit", sagte Ulreich im Gespräch mit unserer Redaktion. "Dann haben wir zwei, drei Chancen zugelassen und waren auch in den Zweikämpfen nicht so präsent. Daher haben wir Bremen so ein bisschen die Möglichkeit gegeben."

Dies würde allerdings nichts daran ändern, "dass wir über 90 Minuten ein gutes Spiel gemacht haben. Gerade die Themen wie Zweikämpfe, Spieleröffnung und Pass-Stafetten waren sehr gut."

Der nächste Gegner wird kommende Woche Sonntag der FC Augsburg sein. Dies ist aus Sicht des Rekordmeisters ein kleiner Angstgegner: Zwei der letzten fünf Aufeinandertreffen gewann Augsburg. Eine zwischenzeitliche Schwächephase sollte sich der FC Bayern dann also lieber nicht erlauben.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenz und Mixed Zone nach dem Spiel Werder Bremen – Bayern München
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