Die Spielzeit 2018/19 soll endlich die Wende zum Guten für Mario Götze bringen. Bisher aber spielt er für Borussia Dortmund kaum eine Rolle. BVB-Trainer Lucien Favre setzt kein Vertrauen in ihn. Selbst Götzes großer Förderer Joachim Löw ist von ihm abgerückt.

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Mit einem Getränk in der Hand schlich er durch den Kabinentrakt. Als seine Mitspieler noch Fragen zum 0:0 bei Hannover 96 beantworten mussten oder unter der Dusche standen, begab sich Mario Götze bereits zum Mannschaftsbus. Wieder einmal wurde er nicht gebraucht.

Wie bereits am ersten Spieltag gegen RB Leipzig erlebte Götze auch das zweite Saisonspiel am Freitagabend gegen Hannover von der Bank aus.

Ein neuer Tiefpunkt in der Karriere des WM-Helden von 2014: Dass er zwei Bundesligaspiele hintereinander von der Bank aus erlebte, hatte es in den vergangenen acht Jahren lediglich ein einziges Mal bei den Bayern gegeben – und damals auch nur, weil er nicht fit war.

Trainer Lucien Favre war sichtlich genervt, als er immer wieder auf seinen Reservisten angesprochen wurde.

Auf die Frage, warum er Götze in Hannover draußen ließ, antwortete der Trainer: "Wir haben im 4-3-3 nur mit drei Mittelfeldspielern gespielt. Das war ein sehr intensives Spiel mit vielen Zweikämpfen. Beide Mannschaften sind viel gelaufen."

Bringt Götze also nicht die Fitness mit, um in einem laufintensiven Spiel Akzente zu setzen?

Auf die erneute Nachfrage wich Favre wieder aus: "Wir haben sehr viele Spieler im Mittelfeld. Er saß eben auf der Bank und ist nicht reingekommen. Man wird sehen, was in der Zukunft ist."

Favre nimmt Götze nicht in Schutz

Normalerweise ist das der Zeitpunkt, wo fast jeder Trainer seinen Spieler schützt und sagt, dass er dennoch viel Qualität mitbringe und für die Mannschaft noch sehr wichtig werden würde. Favre tut das im Falle von Götze nicht – und sagt damit mehr als 1.000 Worte.

Eigentlich sollte die Spielzeit 2018/19 die große Saison des Mario Götze werden. Hans-Joachim Watzke hatte noch im Juli gegenüber der "Bild" gesagt: "Das ist jetzt für ihn eine ganz entscheidende Saison."

Der BVB-Boss hoffte sogar, dass Götze unter Favre neu aufblühen würde: "Am Ende glaube ich, dass Favre jetzt versuchen wird, ihm massiv zu helfen. Und den Rest muss Mario machen."

Niemand kann dem 26-Jährigen vorwerfen, er hätte diese Chance nicht ergreifen wollen. Im Gegenteil: Er hatte sogar seine für den 18. Juli angedachte Hochzeitszeremonie abgesagt, um sich voll auf die Saisonvorbereitung konzentrieren zu können.

Nachdem er in den vergangenen beiden Spielzeiten aufgrund einer Stoffwechselerkrankung und einer Sprunggelenksverletzung oft nicht zum Einsatz kam, wollte er nun seine Chance ergreifen.

Watzke war daher voll des Lobes: "Es liegt bei ihm ganz bestimmt nicht am Wollen. Er ist sehr professionell, er macht und tut alles." Offenbar reicht das allerdings nicht, um im internen Konkurrenzkampf bestehen zu können.

Wechsel ins Ausland die beste Lösung?

29 Spieler beinhaltet der Kader von Borussia Dortmund – vor allem im Mittelfeld ist die Auswahl groß.

"Natürlich wird er nicht zufrieden sein, wie alle, die nicht gespielt haben", sagt Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, gegenüber "Der Westen". "Der Kader ist sehr groß, aber die Situation haben wir allen Spielern vorher erklärt."

Wäre es also besser gewesen, hätte sich Götze, der noch zwei Jahre Vertrag in Dortmund hat, einen neuen Verein gesucht? Bleibt der Durchbruch erneut aus, könnte ein Wechsel ins Ausland tatsächlich die letzte Lösung sein.

Die Fähigkeit, sich auf engstem Raum durchzudribbeln oder den entscheidenden Pass zu spielen, steckt noch immer in ihm. Er zeigt es allerdings zu selten. Möglicherweise weil er im Kopf nicht frei genug ist?

Götze hatte einmal erklärt, er würde seine Aktionen auf dem Spielfeld meist nicht planen, sondern intuitiv handeln. Das erfordert allerdings, dass man sich nicht zu viele Gedanken macht.

Vor zwei Wochen kam er im DFB-Pokalspiel gegen Greuther Fürth zum Einsatz, blieb aber 64 Minuten blass und wurde daraufhin ausgewechselt. Seine katastrophale Zweikampfquote: 20 Prozent.

Auch für Löw ist Götze keine feste Größe mehr

Werbung in eigener Sache sieht anders aus. So bleibt für Götze wohl nur die Hoffnung, dass er in Favres Team hineinrotiert, wenn es aufgrund der Mehrfachbelastung mit Champions League bald mehr Spiele geben wird.

Während es im Vereinsfußball praktisch seit seinem Wechsel von Dortmund zu Bayern im Jahre 2013 stetig bergab ging, genoss Götze zumindest in der Nationalmannschaft lange ein hohes Ansehen.

Bundestrainer Joachim Löw nahm ihn 2016 mit zur Europameisterschaft und beorderte ihn in die Startelf, obwohl Götze in München eine verletzungsgeplagte Saison hinter sich hatte.

Auch das ist vorbei: Götze wurde weder für die Weltmeisterschaft noch für die beiden bevorstehenden Länderspiele gegen Frankreich und Peru nominiert.

Löw sagte zwar, dass Götze nicht abgeschrieben sei, setzte aber auch eine klare Botschaft: "Meine Sicht der Dinge ist, dass er sich in Dortmund in diesem Jahr noch einmal durch dauerhaft gute Leistungen zeigen soll. Wenn er das schafft, ist Mario Götze für uns sicherlich wieder ein Thema."

Momentan sieht es allerdings so aus, als würde er gar nicht erst die Gelegenheit dazu bekommen.

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