Der Transfer von Bernardo von Salzburg nach Leipzig eröffnet mal wieder die Diskussion: Warum dürfen innerhalb der Red-Bull-Familie Spieler hin und her geschoben werden? Juristisch ist das alles abgesichert. Moralisch bleiben einige Fragen.

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Nun gibt es also diesen Bernardo-Transfer (alle Transfer-News hier im Ticker). Er passt so wunderbar in die Firmenphilosophie von Red Bull, als hätte der Konzern vom ersten Tag an darauf hingearbeitet. Bernardo hat einst Ponte Preta verlassen, seinen Jugendklub in Brasilien, um sich Red Bull Brasil anzuschließen.

Von der südamerikanischen Dependance aus lässt es sich leicht nach Europa übersiedeln, zumal dann, wenn der aufnehmende Klub auch das "Red Bull" im Vereinsnamen führt. Der Wechsel 2015 nach Salzburg war vorhersehbar - ebenso wie der Transfer jetzt von Salzburg nach Leipzig auch einer gewissen Logik folgt. Brasil-Salzburg-Leipzig: Das ist der Dreiklang, der Red-Bull-Herzen höher schlagen lässt. Zumindest jene der Planer. Bernardo ist jetzt so etwas wie ein Rollenmodell, die Lieferkette hat perfekt funktioniert.

Acht Spieler von Österreich nach Deutschland

Die Süd-Nord-Trasse zwischen Österreich und Deutschland haben nun schon acht Spieler genommen - Naby Keita, Peter Gulacsi, Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer, Massimo Bruno, Nils Quaschner, Benno Schmitz und eben Bernardo - und man muss kein Prophet sein, um in den kommenden Jahren noch einige weitere zu prognostizieren.

Vor sechs Jahren, da hatte RB Leipzig gerade erst das Licht der Welt erblickt, deutete Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz an, wo es bald schon hingehen soll mit seinen Standorten. "Wir wollen mit dem stärksten Team mit Leipzig in der deutschen Bundesliga spielen und in Österreich mit einem quasi U-21-Team mit einem möglichst hohen Anteil an Spielern aus unseren Akademien", erklärte er die Strategie damals.

In Österreich wurde in einer Beta-Phase schon mal getestet, wie das aussehen könnte. Der FC Liefering, ein Zweitligist, ist die Außenstelle von Red Bull Salzburg. Hier werden Spieler ausgebildet und zur Not auch mal geparkt. Und wenn sie dann in Salzburg benötigt werden, auf dem kleinen Dienstweg rübergeschoben. Deshalb firmiert der FC Liefering in Österreich auch unter dem Namen "FC Lieferung".

Harsche Kritik von mehreren Stellen

Das alles spielt sich im rechtlich zulässigen Rahmen ab, Red Bull hat genügend Schlupflöcher gefunden, um die national geltenden Bestimmungen aufzuweichen. Bei internationalen Transfer, und hier kommt dann auch RB Leipzig ins Spiel, gilt das im Grunde ebenfalls - so lange zwei oder mehrere von einem Unternehmen getragene Klubs nicht im selben Wettbewerb spielen. Erst dann ergäben sich mögliche Beschränkungen, die eine genauere Überprüfung der Transferaktivitäten zur Folge haben könnten.

Vor einigen Jahren gab es Irritationen, weil der FC Chelsea und ZSKA Moskau für die Champions League qualifiziert waren; Roman Abramowitsch war Mehrheitseigner der Blues und hielt zeitgleich auch Anteile von ZSKA. Die UEFA drückte beide Augen zu.

Bis es RB Leipzig in den europäischen Wettbewerb schafft, könnte es noch eine (kleine) Weile dauern. Aber nicht erst seit dem Bernardo-Wechsel gibt es unzählige kritische Stimmen, die Red Bulls Geschäftsgebaren anprangern. "Das Thema RB Leipzig, die ganze Diskussion, kann man relativ schnell zu den Akten legen - wenn man Financial Fairplay als Lizenzierung bitte auch in der Bundesliga einführt", zürnte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge vor zwei Jahren. "Dann darf der Herr Mateschitz per anno maximal 15 Millionen pro Jahr investieren - oder 45 Millionen für drei Jahre."

"Das Geschiebe stört mich"

Noch investiert der Herr Mateschitz aber, wie ihm beliebt. Das treibt dann so sonderbare Blüten wie damals im Fall Marcel Sabitzer. Der war Spieler von Rapid Wien und hatte in seinem Vertrag eine Klausel stehen, die ihm einen Transfer innerhalb Österreichs untersagte. RB Leipzig, erwiesenermaßen kein österreichischer Standort, kaufte das Talent für schlappe zwei Millionen Euro. Und verlieh den Spieler sofort weiter an Red Bull Salzburg.

"Das Geschiebe von Spielern von Salzburg nach Leipzig und von Leipzig nach Salzburg hat für mich einen faden Beigeschmack, weil sie im Grunde zwei Kader haben. Und das stört mich", sagt Gladbachs Manager Max Eberl. Das Meinungsbild der Kritiker ist klar umrissen: Red Bull nutzt seine Fußballsparte als Marketing-Plattform für ein Produkt und unterwandert geschickt die für Deutschland gültige 50+1-Regelung. Dass RB Leipzig gerade einmal 17 registrierte Mitglieder hat, unterstützt die These vom Spielball des Konzerns.

Aber verzerrt Red Bull den Wettbewerb? Vielleicht lohnt erneut der Blick auf Chelsea, das etwas andere Modell. Die Blues kooperieren seit Jahren mit den niederländischen Eredivisie-Klub Vitesse Arnheim. Seit Jahren werden Spieler hin- und hergeschoben, geparkt, weiterverliehen. Daran reibt sich kaum einer. Dass Udinese Calcio vor zwei Jahren gleich zehn Spieler auf einen Schlag an den FC Watford auslieh, störte auch niemanden. Doch beide Klubs gehören der italienischen Familie Pozzo. Vater Giampaolo besitzt Udinese, Sohn Gino Watford.

Red Bull ist gut vorbereitet

Medial so richtig schön knackig wird Red Bulls Geschichte mit Bernardo jetzt natürlich auch, weil sich ein Angestellter des eigenen Konzerns laut darüber beschwerte. Nach Salzburgs neuntem Aus in Folge in der Qualifikation zur Champions League war klar, dass Spieler auf dem Index stehen. Als Bernardo dann transferiert wurde, platzte Red-Bull-Coach Oscar Garcia der Kragen.

Der Transfer sei über seinen Kopf hinweg entschieden worden, "wir haben jetzt zwei Ausbildungsmannschaften: Liefering A und Liefering B. Es ist nicht einfach, damit umzugehen." Red Bull Salzburg rückt, wie von Mateschitz einst angedeutet, immer weiter ins hintere Glied, auch wenn die Verantwortlichen das so nicht dargestellt haben wollen.

"Wir sind sicher kein Ausbildungsverein für RB Leipzig. Wir wollen national und international auf höchstem Niveau Fußball spielen und Titel gewinnen. Wir müssen uns allerdings auch damit abfinden, dass wir in einer verhältnismäßig kleinen europäischen Liga spielen", sagt Salzburgs Manager Jochen Sauer. Doch auch er wird nicht ignorieren können, dass Ralf Rangnick als Sportchef in Leipzig Großes vor hat. Und im Zweifel nie den Kürzeren ziehen wird.

Und das Financial Fairplay der UEFA? "Die wichtigsten Dinge wurden schon im vergangenen Jahr im Hinblick auf die UEFA Financial Fair Play Regularien geklärt. Wir sind gerüstet und gut vorbereitet”, so Sauer. Deshalb wurden Red Bulls Sonderrechte zurückgefahren, es gibt jetzt einen normalen Hauptsponsoringvertrag zwischen Red Bull und Salzburg.

Dass Spielerwechsel zwischen seinem Klub und Leipzig anrüchig sein sollen, kann Sauer nicht verstehen. "Ein Transfer zwischen Leipzig und Salzburg findet statt wie zwischen allen anderen Vereinen. Da würden schon die FIFA-Regularien und nicht zuletzt die Steuerbehörden der beiden Länder darauf schauen." Das freilich ist seine Sicht der Dinge.

Die Gegner von Red Bull werden ganz andere Argumente in den immer hitziger werdenden Diskussionen anführen.

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