Neymar darf Paris St.-Germain verlassen. Ein Wechsel des Superstars würde auf dem internationalen Transfermarkt für ein Beben sorgen - von dem auch der FC Bayern profitieren könnte.

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Die Verlautbarungen aus Paris respektive dem Spenderland Katar sind in der Regel ja eher zurückhaltend, Kritiker würden sie wohl als wachsweich bezeichnen. Zumeist haben sich Offizielle von Paris St.-Germain zu so unappetitlichen Dingen wie dem Financial Fairplay zu äußern oder den Vorwürfen des unlauteren Wettbewerbs.

Die Franzosen und Katarer sind dann stets in der Defensive und halten sich an die eiserne Regel, sich so schwammig wie nur möglich zu äußern.

Am Dienstagmorgen ist PSG in Person seines Sportdirektors Leonardo aber von dieser Strategie abgewichen. Und wie. In einem bei der Tageszeitung "Le Parisien" platzierten Interview trat der Brasilianer eine Lawine los, die den europäischen Transfermarkt ordentlich umwälzen dürfte und PSG ganz nebenbei ein paar der Millionen wieder einspielen, die die Geldgeber aus dem Nahen Osten zuletzt ausgegeben hatten.

Leonardo: "Neymar kann PSG verlassen"

Es geht um Neymar und dessen Zukunft, die laut Leonardo nun nicht mehr zwingend in Paris liegen müsse. "Neymar kann PSG verlassen, wenn es ein passendes Angebot für alle Parteien gibt", sagte also Leonardo der Zeitung und deutete schon mal an, auf was sich Fans und Beobachter in den kommenden Wochen einstellen dürfen: Auf das übliche Schmierentheater, auf angeblich vorbereitete Offerten und Absagen, auf Versprechungen und Dementi, lancierte Interviews von PSG, von interessierten Klubs, vom Spieler und dessen Berater, der ja zufällig auch sein Papa ist.

Und das über Wochen - denn das Transferfenster ist ja noch bis Anfang September geöffnet. "Bisher wissen wir nicht, ob und zu welchem Preis irgendjemand ein Angebot abgeben möchte", fügte Leonardo deshalb an. "All das läuft nicht an einem Tag über die Bühne."

Was macht Barca?

Paris sieht sich in einer glänzenden Ausgangsposition, deshalb die forschen Worte. Spätestens jetzt steht der Spieler tatsächlich im Schaufenster, ab sofort gilt "Feuer frei" für zahllose Spekulationen und vielleicht auch einen echten Bieterwettstreit.

So denn genug Klubs bereit wären, erstens die nötige Ablösesumme zu berappen und zweitens sich einen streitbaren Charakter wie Neymar auf den Hof zu stellen.

Im wahnwitzigen Transfergeschäft dürfte es kaum eine größere Nummer geben als Neymar. Vielleicht noch Lionel Messi, aber der wird einen Teufel tun und Barcelona im Herbst seiner Karriere verlassen. Nach den Gerüchten wurden jetzt von PSG ein paar Fakten geschaffen, mit denen man arbeiten kann.

Genauer gesagt: Mit denen sich der FC Barcelona wohl eindringlicher beschäftigen wird. Es gibt nicht viele Klubs, die das Gesamtpaket Neymar stemmen könnten. Die Katalanen gehören definitiv dazu.

So kommt plötzlich auch Bayern ins Spiel

Wie aufs Stichwort wird Barca nun in die Käuferrolle gedrängt. Barcelona soll ja auch an Antoine Griezmann dran sein, der Spieler jedenfalls spielt das mittlerweile schon bekannte (Barca-)Spielchen: Griezmann verweigert das Training bei Atletico und soll seine Ausstiegsklausel über 120 Millionen Euro selbst mitfinanzieren wollen.

Ähnlich lief das schon bei Cesc Fabregas, Ousmane Dembele und Philippe Coutinho, sie alle streikten sich mehr oder minder unverblümt zu Barca. Mit Neymar ist nun aber die größte Figur im Spiel, um die sich Barca kümmern muss. Das Interesse an einer Rückholaktion scheint gesichert, der finanzielle Spielraum ist aber noch deutlich zu klein.

Und das bringt indirekt den FC Bayern ins Spiel.

Am Montag hatte Karl-Heinz Rummenigge die ungeduldigen Fans noch vertröstet, die endlich einen oder zwei oder drei große Transfers beim Rekordmeister sehen wollen. In der Defensive sind die Bayern laut Rummenigge ja bereits hervorragend aufgestellt, in der Offensive aber noch ziemlich blank. Deshalb erhofft sich der Vorstandsvorsitzende einen Dominoeffekt, in dessen Kette auch für die Bayern der eine oder andere Spieler abfällt.

Münchner hoffen auf "Hilfe" der Konkurrenz

Indirekt bedeutete Rummenigges Aussage zwar, dass die Bayern nicht (mehr) selbst im obersten Regal angeln können und stattdessen auf "Hilfe" der Konkurrenz angewiesen sind. Den Bayern dürfte das aber herzlich egal sein, wenn im Zuge eines möglichen Neymar-Transfers der eine oder andere Kollateralschaden in München aufschlägt.

In Barcelona sind sie zum Beispiel nicht besonders zufrieden mit ihren Offensivkräften Dembele und Coutinho. Der eine 125 Millionen teuer, der andere sogar 145 Millionen. Eingerechnet der Jahresgehälter der beiden Spieler hat Barca schon rund 300 Millionen Euro ausgegeben, der sportliche Gegenwert indes ist sehr überschaubar.

Mit Neymar - und unter Umständen sogar Griezmann - wäre für mindestens einen der beiden Spieler kein Platz mehr. Und weil Barca ja auch Transfereinnahmen erzielen muss, um überhaupt an Neymar denken zu können, ist der Verkauf eines ihrer Sternchen ein Muss.

Mit Dembele sollen sich die Bayern ja auch schon beschäftigen. Spätestens seit Leroy Sane zögert und die Bayern hinhält mit seiner Entscheidung, rückte der Franzose auf der Liste weiter nach oben. Besonders pikant: An einem Weiterverkauf von Dembele partizipiert auch Borussia Dortmund, eine niedrige zweistellige Millionensumme für den BVB stünde dann offenbar im Raum.

Wie einst bei Arjen Robben?

Das wäre der kürzeste denkbare Weg, durch den die Bayern an den einen oder anderen Toptransfer kämen. So wurde den Münchnern damals übrigens auch Arjen Robben auf dem Silbertablett serviert: Weil Real im Sommer 2009 seine komplette Offensivabteilung austauschte und unter anderem Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Kaka einkaufte, landete der Niederländer auf den letzten Drücker in München.

Denkbar ist auch eine größere Rochade, bei der ein paar mehr Umwege nötig sind, um letztlich ans Ziel zu kommen. Wenn Barca etwa den Spieß umdreht und sich komplett auf Neymar konzentriert - dann wäre Griezmann unter Umständen plötzlich wieder zu haben. Und in Paris schielen sie schon seit geraumer Zeit auf Coutinho, was wiederum Julian Draxler unter Zugzwang setzt. Und der stünde den Bayern als deutscher Nationalspieler vielleicht ja auch ganz gut zu Gesicht...

Die Blockbuster-Deals fehlen - noch

Die richtigen Blockbuster-Deals mit Offensivspielern hat es in Europa bisher jedenfalls mit Ausnahme der Wechsel von Eden Hazard (für 100 Millionen Euro von Chelsea zu Real) und Joao Felix (für 126 Millionen Euro von Porto zu Atletico) noch nicht gegeben.

Die Leitung blieb bisher einigermaßen verstopft. Ein Wechsel wie der von Neymar könnte aber einiges ins Laufen bringen.

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