Der Neymar-Wahnsinn hat eine alte Debatte neu entfacht: Benötigt der Fußball endlich eine Obergrenze für Transfers und Gehälter? Die Befürworter sind in der Überzahl - aber sie befinden sich auch permanent in einem Interessenkonflikt.

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Die Rollenmodelle kommen, und das ist kein Witz, ausgerechnet aus der Premier League und von RB Leipzig.

Die finanzstärkste Liga der Welt und der potenziell finanzstärkste Klub der Bundesliga haben sich selbst eine Gehaltsobergrenze für ihr kickendes Personal auferlegt.

Die Premier League einigte sich vor vier Jahren im Grundsatz auf eine flexible Obergrenze, die gekoppelt war an die Einkommen der Klubs. Damit wollten der Ligaverband und die Großzahl der Vereine - einige wenige stimmten kaum überraschend dagegen - dem Wachsen der Blase zumindest ein wenig Einhalt gebieten.

Es sollte verhindert werden, dass selbst kleinste Klubs nach der Übernahme durch externe Eigentümer mit fremdem Geld in kurzer Zeit aufgepimpt und künstlich zu einem Mitstreiter aufgebaut werden.

Die Beispiele des FC Chelsea und von Manchester City, die innerhalb kürzester Zeit aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wurden und die Liga dank hunderter Millionen ihrer neuen Besitzer aufmischten, sollten sich so schnell nicht wiederholen.

Die Eigentümer könnten immer noch eine anständige Stange Geld anlegen, um ihre Klubs zu verbessern, sagte Premier-League-Geschäftsführer Richard Scudamore damals. "Aber sie dürfen nicht mehr hunderte und aberhunderte Millionen in einem sehr kurzen Zeitraum hineinpumpen."

Leizpig weicht Grenze auf

Die in Leipzig intern festgelegte Obergrenze von drei Millionen Euro pro Jahr wird angesichts des sportlichen Erfolgs der Mannschaft vergangene Saison nach und nach aufgeweicht werden. Das kündigte Sportdirektor Ralf Rangnick bereits im letzten Herbst an.

Leipzig kapituliert damit auch vor den Gesetzen des Marktes, ebenso wie die Premier League. Die englische Liga hat sich durch den TV-Vertrag, der erst nach der Entscheidung für die Obergrenze in noch schwindelerregendere Höhen geschnellt war und den gesamten kontinentalen Fußball auf den Kopf gestellt hat, längst wieder dem ehernen Dekret der freien Marktwirtschaft verschrieben.

Das Modell der Gehalts- oder Transferobergrenze im Fußball ist nicht neu.

Bereits vor 15 Jahren beschloss die G14-Gruppe der europäischen Fußballklubs, dass ihre Mitglieder ab der Saison 2005/06 maximal 70 Prozent ihres Umsatzes für Lohnkosten ihrer Profis aufwenden dürfen.

Exakt 18 Klubs, alle Vertreter der "G14", betraf diese Vereinbarung, darunter die deutschen Klubs FC Bayern, Borussia Dortmund und Bayer 04 Leverkusen.

Auch dieser Versuch, eine Obergrenze nach nordamerikanischem Vorbild einzuführen, scheiterte.

Rummenigges scharfe Kritik

Die Befürworter von damals bleiben aber offenkundig auch heute noch bei ihrer grundsätzlichen Haltung. Einer davon ist Karl-Heinz Rummenigge, der sich in der "Sport-Bild" nun auch zum Wahnsinn um den Neymar-Transfer äußerte.

Mittlerweile seien auf dem Transfermarkt Dimensionen erreicht, in denen ein Spieler mehr koste als der Bau eines Stadions.

"Ich habe mir im Zuge der Neymar-Verpflichtung einmal die Frage gestellt, was wichtiger wäre: Neymar oder eine Allianz Arena? Da muss ich klar sagen, dass uns die Allianz Arena lieber und wichtiger ist. Wobei der Neymar-Transfer im Gesamtvolumen sogar noch teurer war."

Die Bayern stünden mit ihrer Philosophie für etwas anderes ein.

"Das Ziel muss sein, wieder mehr Rationalität in den Fußball zu bringen. Das gilt es innerhalb der Fußball-Szene, zwischen FIFA, UEFA, ECA, Ligen und Spieler-Vereinigung FIFPro, zu diskutieren. So könnten wir rationalere Regularien finden für den Fußball als Ganzes. Die Öffentlichkeit versteht das sonst nicht mehr, die Fans verlieren den Bezug", so Rummenigge.

Zwiespalt für die Bosse

Ähnlich denkt zum Beispiel auch Reinhard Rauball. Der ist Liga-Präsident und steht Borussia Dortmund vor - womit dann auch schon der Zwiespalt erklärt wäre, dem fast alle Protagonisten der Bundesliga unterliegen.

Derzeit verhandelt der FC Barcelona ja angeblich um den BVB-Angestellten Ousmane Dembélé, es steht eine Ablösesumme von mindestens 120 Millionen Euro im Raum, spanische Medien kokettieren sogar mit 150 Millionen.

Es wäre der zweitteuerste Transfer der Fußballgeschichte. Und für den BVB zwar ein herber sportlicher Verlust, für die eingetragene Aktiengesellschaft aber finanziell auch ein nicht zu übertreffender Geldsegen.

Selbst wenn, wie französische Medien berichten, die Borussia gemäß einer Vertragsklausel rund ein Viertel der Ablösesumme an Dembélés vorherigen Klub Stade Rennes überweisen müsste.

Für die Bundesliga wäre eine Obergrenze für Transfers und Gehälter prinzipiell eine willkommene Beschränkung des ausufernden Geschäfts.

Selbst die Bayern können oder wollen die Mondpreise dieses Sommers nicht bezahlen und nicht umsonst wechseln die gestandenen Weltstars schon seit Jahren nicht mehr in die Bundesliga - sondern nach England, Spanien oder sogar nach China oder in die USA.

Kein Vergleich zu Nordamerikas Ligen

Das Problem ist, dass ein System wie in den amerikanischen Profiligen NBA, NHL oder NFL auf europäischer oder nationaler Ebene kaum umzusetzen ist.

Im US-Sport sind die Kreisläufe ganz andere.

Das Draft-System bevorzugt automatisch sportlich schwächere Klubs auf dem Transfermarkt. Dazu funktioniert das College-System ganz anders als in Deutschland, wo gewöhnlich Spieler in vereinseigenen Nachwuchsleistungszentren ausgebildet werden.

Andererseits entfielen durch die transparent und ausgeglichen strukturierten Gehaltsniveaus innerhalb der Kader der gegenseitige Neid unter den Spielern und damit auch der dauerhafte Drang, noch mehr Forderungen an den Arbeitgeber zu stellen.

Die eingesparten Millionen könnten dann wiederum etwa in die Jugendarbeit investiert werden.

Die unterschiedlichen rechtlichen Standards innerhalb der EU und damit auch den UEFA-Mitgliedsstaaten lassen eine Angleichung bestehender Systeme aber kaum zu.

Auch deshalb gibt es immer noch genug Stimmen, die Obergrenzen für Transfer oder Gehälter für Nonsens halten.

"Solche Themen sind populistisch und bringen nichts. Ich bin Verfechter der freien Marktwirtschaft", sagte Harald Strutz schon vor einigen Jahren. Damals war er Strutz noch Vizepräsident der DFL - und im richtigen Leben Präsident des FSV Mainz 05.

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