Die Posten der Außenverteidiger in der deutschen Nationalmannschaft gehören seit Jahren zu den neuralgischen Punkten. Auf der linken Seite hat sich David Raum festgespielt, obwohl Robin Gosens bei der EM 2021 als die Entdeckung galt. Auf rechts hat sich gegen Peru ein Debütant aus Dortmund beeindruckend beworben.

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Die Außenverteidiger in der deutschen Nationalmannschaft gehören seit Jahren zu den Problemzonen. Auf Dauer setzte sich kein Spieler durch.

In der Vergangenheit griffen die Bundestrainer Joachim Löw (bis zur EM 2021) und Nachfolger Hansi Flick aus Mangel an Alternativen auch oft auf gelernte Innenverteidiger zurück.

Dauerbaustelle Rechtsverteidiger

Auf der rechten Seite trieb Flick bei der WM in Katar das Chaos auf die Spitze und experimentierte im laufenden Wettbewerb (gegen Japan startete auf rechts Niklas Süle, gegen Spanien Thilo Kehrer und gegen Costa Rica Joshua Kimmich). Das Resultat ist bekannt, Deutschland überstand trotz eines 4:2 über Costa Rica die Gruppenphase nicht.

Galerie: Hansi Flicks erster DFB-Kader nach der WM 2022

Mit Marius Wolf von Borussia Dortmund präsentierte Flick als rechten Außenverteidiger im ersten Länderspiel nach der WM-Pleite gegen Peru einen bereits 27-Jährigen.

An der Seite des Dortmunders Nico Schlotterbeck und des Ex-Dortmunders Matthias Ginter überzeugte Wolf. Er war immer wieder anspielbar und riss mit seinen schnellen Läufen die Abwehr der Peruaner auf. Wolfs genau geschlagene Flanke verwertete Doppeltorschütze Niclas Füllkrug, der im reifen Alter von 29 Jahren seit der WM die Lücke in der Sturmmitte geschlossen hat, in der 33. Minute zum 2:0-Endstand. "Seine Flanke kam genau zwischen Abwehr und Torwart. So muss es sein", analysierte Flick begeistert.

Schlotterbecks anschließendes Lob schien Wolf ein wenig unangenehm zu sein. Die Entdeckung auf der "ewigen" Baustelle des Rechtsverteidigers lächelte verlegen, als sein Nebenmann tief im Bauch der Mainzer Arena von seinem Vereinskollegen schwärmte.

Lob von allen Seiten

"Der Marius", meinte Nico Schlotterbeck, "ist immer der Richtige - egal ob im Verein oder hier beim DFB. Wir wissen alle um seine Qualitäten."

"Jeder hat gesehen, dass er sehr viel Dynamik auf seiner Seite entfacht hat", bestätigte Flick, "er hat seine Sache sehr gut gemacht."

Der BVB-Profi fotografierte "stolz und glücklich" sein Trikot mit der Nummer 17 auf dem Bügel in der Kabine und sprach von einem "sehr guten Erlebnis. Ich genieße es, mit den Jungs zu kicken, es macht Riesenspaß." Im exklusiven Interview mit unserer Redaktion hatte Wolf zehn Tage vor der Partie gegen Peru bestätigt: "Das ist der Traum von jedem Jungen, wenn er anfängt, Fußball zu spielen, für sein Land zu spielen. Es ist eine enorme Auszeichnung."

Wolf ist bereits der achte (!) Rechtsverteidiger, der in der noch kurzen Flick-Ära zum Einsatz kommt. Doch der Spätberufene könnte sich als Problemlöser erweisen. Mit seiner Gier und Leidenschaft verkörpert er die Tugenden, die Flick und Direktor Rudi Völler beim Neustart einfordern. Und mit seinem Karriereweg voller Brüche hat er das Zeug zur Identifikationsfigur.

Wolf: "Ich bin froh über Sachen, die negativ gelaufen sind"

Im Interview mit unserer Redaktion hatte Wolf diese Brüche als entscheidend bezeichnet: "Es gibt keinen, der den gleichen Weg hat. Ich bin froh über Sachen, die negativ gelaufen sind. Die auch ziemlich früh in meiner Karriere schlecht gelaufen sind. Ich kann gar nicht mehr an gewisse Punkte kommen, weil ich jetzt schon davor weiß, was ich anders machen muss, damit ich gar nicht dahin gelange."

Wolf hat in seiner Zeit als Profi seit 2014 bereits für 1860 München, Hannover 96, Eintracht Frankfurt, Hertha BSC und den 1. FC Köln gespielt. An die beiden letzten Vereine verlieh ihn Borussia Dortmund in den Saisons 2019/20 und 2020/21. Als 22-Jähriger spielte Wolf zuvor in Hannover nur noch für die zweite Mannschaft in der viertklassigen Regionalliga Nord. Diese Zeiten haben Wolf geprägt. "Ich bin dankbar für die negativen Zeiten, weil ich daraus meine Lehren und Schlüsse ziehe."

Kollege Schlotterbeck bestätigte nach dem Auftritt gegen Peru: "Er arbeitet brutal und hat seine Leistung mit der Vorlage gekrönt. Er hat einen super Drang nach vorne, verteidigt super und hat alles, was man braucht. Ich bin froh, dass ich mit ihm spiele." Nicht nur er.

Leon Goretzka nannte den Mann mit dem blonden Zopf, dem Schnauzbart und den vielen Tattoos "einen offensiven Außenverteidiger, wie wir ihn sehen wollen". Und wiedersehen werden. (mit Material des sid)

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