• Die Frauenfußball-Nationalelf Katars hat vor über acht Jahren ihr letztes Länderspiel bestritten.
  • Seitdem ist sie von der Bildfläche verschwunden.
  • Die Fifa-Statuten fordern ein Frauenteam vom Gastgeberland – wie kann Katars Verhalten durchgehen?

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19. April 2014: Acht Jahre ist es inzwischen her, dass Katars Frauen-Nationalmannschaft zum letzten Mal ein offizielles Länderspiel bestritten hat. Ein offizielles, von dem der Weltverband Fifa etwas weiß – wie üblich für Fußball-Länderspiele. Sie hatten deutlich verloren damals, 2:8 gegen Bahrain. Inzwischen steht Katar nicht mehr auf der Fifa-Weltrangliste, wie das mit Nationalmannschaften passiert, die länger als 18 Monate inaktiv sind.

Dabei gibt es viele junge Frauen, die Fußball spielen wollen. Und eine Trainerin, die deutsche Trainern Monika Staab, die es ihnen beibringen wollte. In Katar ließ man sie nicht. Stattdessen wollte man einen männlichen, arabisch sprechenden Trainer engagieren. Auch das passierte nicht. Die Fifa schreibt in ihren Statuten, dass jedes Gastgeberland einer WM auch eine Frauen-Nationalmannschaft stellen muss. Wie konnte Katar damit durchkommen?

Darum hat Katar überhaupt ein Frauen-Nationalteam

Was in den meisten anderen Ländern der Welt selbstverständlich ist, versprach der Wüstenstaat Katar, als er sich auf die WM 2022 beworben hat: Sie wollen den Frauenfußball im Land fördern. Zwei Monate bevor Katar den Zuschlag für das Turnier erhalten hat, bestritt die Frauen-Nationalmannschaft ihr erstes Länderspiel. Das war im Oktober 2010. Laut "Spiegel"-Informationen folgten 14 Länderspiele. 2012 gründete der Verband dort sogar eine Frauenfußball-Liga.

Seit 2008 schreiben es die Fifa-Statuten vor, dass Frauen- und Mädchenfußball gefördert werden muss, wenn sich ein Land auf eine WM bewirbt. Katar hätte ohne Frauenteam also keine Chance gehabt, die WM auszutragen.

Bis 2014: Monika Staab bringt den Frauenfußball voran

Ab dem Frühjahr 2013 trainierte die Deutsche Monika Staab die katarische Frauen-Nationalmannschaft. Die ehemalige Spielerin war zuvor Trainerin des 1. FFC Frankfurt, gewann mit der Mannschaft mehrere Male die Meisterschaft, den Pokal und die Champions League. Auch ihre Arbeit in Katar war erfolgreich: Staab stellte eine U14- und eine U16-Mannschaft auf und führte die Frauen bis auf Platz 108 in der Weltrangliste.

Die 63-Jährige erzählte dem "Spiegel" vor einiger Zeit, dass sie die Mädchen für die Jugendmannschaften in der Schule rekrutiert hatte und alle Teams regelmäßig Spiele bestritten. "Ich konnte viele neue Impulse im Frauen- und Mädchenbereich geben", sagte Staab einmal. Wenn keine Männer in der Nähe waren, trugen sie sogar kurze Hosen und hatten die Haare nicht mit einem Kopftuch bedeckt. 2014 wurde Staabs Vertrag in Katar nicht verlängert. Die Begründung: "Sie wollten dann einen Mann als Trainer haben, einen arabisch sprechenden Mann."

Katar sieht es nicht gern, wenn Frauen Sport machen

Doch mit Staabs Ende in Katar endete auch die aktive Zeit der Frauen-Nationalmannschaft in Katar. Sie verschwand beinahe vollständig von der Bildfläche. Keine Länderspiele mehr, keine offiziellen Interviews. Nicht nur die deutsche Ex-Trainerin ist sich sicher, dass Katar niemals ernsthafte Bemühungen hatte, ein Frauen-Team zu etablieren.

Grundsätzlich ist es Frauen in Katar erlaubt, Sport zu treiben. Sie dürfen dies auch, ohne die Zustimmung des Mannes einzuholen. Dennoch: Viele gläubige Katarer sind der Meinung, dass Frauen, die Sport treiben, unrein sind, ihre Jungfräulichkeit verlieren oder keinen Mann finden. Starke Frauen sind dort keine Heldinnen.

"Als Frau darf man nicht zu erfolgreich sein, gerade im Fußball", sagte Staab dem "Spiegel" – bezeichnend für die Stellung der Frauen in der dortigen Gesellschaft. Noch immer.

Wie es weitergeht: Die WM hat Katars Fußballerinnen nichts gebracht

Die Fifa bezog nicht öffentlich Stellung zu Katars Frauen-Nationalmannschaft. Dass sie nicht mehr gelistet ist, scheint offenbar in Ordnung. Das im Jahr 2000 gegründete Frauen-Sportkomitee Katars bleibt ohne öffentliche Stimme. Die Mädchen und Frauen trainieren weiterhin in den Schulen, auf den Sportplätzen der Universitäten – aber vor allem für sich und ohne Förderung.

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Doch zur Wahrheit gehört auch: In den Golfstaaten wird die Rolle der Frauen in Katar anders gesehen als in Europa. Länder wie Iran beispielsweise ermöglichen Frauen weit weniger. Das bestärkt Katar wiederum. Die "Aspire Academy", eine der größten Sportakademien der Welt, steht in Doha – doch sie fördert hauptsächlich Männer. Ob sich daran etwas ändern, wenn die WM gespielt ist, ist fraglich. Denn der kleine Wüstenstaat steht dann kaum mehr im Fokus der Weltöffentlichkeit.

Verwendete Quellen:

  • spiegel.de: Aufbruch und Feigenblatt
  • br.de: Wo ist das katarische Frauen-Fußballteam?
  • Deutsche Welle: Staab nicht mehr Nationaltrainerin in Katar
  • tagesschau.de: Die enttäuschte Hoffnung der Fußballerinnen
  • watson.de: Das unsichtbare Frauen-Nationalteam Katars
  • Arte: Katar: Gas und Spiele (Doku)
  • Augsburger Allgemeine: Wo Frauen im Abseits spielen: So steht es um Frauenrechte in Katar
Interessiert Sie, wie wir über die WM in Katar berichten? Wir haben unsere Beweggründe in einem Text für Sie zusammengefasst.
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