Stefan Raab macht jetzt wieder Shows. Für diese einfache Nachricht ist am Samstagabend ziemlich viel Bohei in Düsseldorf veranstaltet worden. Wir waren vor Ort und haben an der Live-Pressekonferenz teilgenommen. Was war im TV nicht zu sehen? Und warum bleibt am Ende trotzdem ein Elefant im Boxring zurück?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Patricia Kämpf dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Während der Meister auf der Bühne bei einer sogenannten Pressekonferenz spricht, steht der ewige Showpraktikant Elton im Dunkeln, abseits der Kameras. Er lächelt, nickt bei allem, was Stefan Raab erzählt, sieht zufrieden aus. Jeder sollte jemanden haben, der einen ansieht wie Elton Stefan Raab. Da ist nichts als Liebe.

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Elton wird nochmal gepudert, bevor es losgeht. © Kämpf

Weiter hinten stehen Natascha Ochsenknecht und Olivia Jones, an einer Theke lehnt Joey Kelly. Der hatte vorhin schon gesagt, dass er sich freut, dass Stefan Raab zurück ist.

Da ist er also wieder, der Meister der Inszenierung, der sich vor fast zehn Jahren von seinem Platz vor den Kameras von Fernsehdeutschland verabschiedet hat. In den vergangenen fünf Monaten hat er das gemacht, was er am besten kann: sich selbst inszeniert für seine Rückkehr an ebendiesen Platz. Hätten Freddie Mercury, John Lennon und Jesus Christus ihr Comeback gegeben, es wäre nicht so pompös ausgefallen.

Stefan Raab, voll im grellen Scheinwerferlicht

Als Raab auf der Pressekonferenz, die live bei RTL übertragen wird, die Leute aufzählt, die in kleinen Einspielfilmchen vorher über ihn gesprochen haben, fallen ihm nicht alle ein. Thomas Gottschalk, stimmt, der war auch noch dabei. Und Campino. Er kennt das wohl – wenn Stefan Raab auftritt, dann kommen alle und wollen was vom Fame-Kuchen abhaben.

Raab grinst in die Kameras und in die Gesichter der Menschen, die sich in den viel zu kleinen Raum gequetscht haben. Es soll im Fernsehen voll aussehen. Food-Content-Creator Stefano Zarrella wird zu den anwesenden Journalistinnen und Journalisten gesetzt, neben ihm in der ersten Reihe nimmt Jens "Knossi" Knossalla Platz.

Stefano Zarrella in der ersten Reihe. © Kämpf

Irgendwann dreht sich Knossi um und fragt, was hier gleich passiert. "Pressekonferenz", wird ihm gesagt. Da fragt sich offenbar nicht nur er, warum er dort platziert worden ist. Noch bevor es losgeht, verschwindet Knossi im Dunkeln hinter Elton.

Voll im grellen Scheinwerferlicht sitzt Stefan Raab, er war jetzt lange genug abseits der Kameras. Die Haare sind ein bisschen grauer, ansonsten sieht er aus wie immer. Hin und wieder fasst er sich an seine linke Rippe. Sie ist gebrochen, hat sein Arzt gerade gesagt. Dass er offenbar Schmerzen hat, kann auch der Meister der Inszenierung an diesem späten Abend nicht immer ganz verbergen.

Verantwortlich dafür ist die ehemalige Boxweltmeisterin Regina Halmich. Gegen die 47-Jährige hat der 57-Jährige gerade geboxt, ein Showkampf, sechs Mal zwei Minuten. Halmich gewann. Drei Mal hat sie nun gegen Raab gewonnen. Die Nase hat sie ihm gleich beim ersten Kampf 2001 gebrochen, jetzt also auch noch die Rippen. Es soll der allerletzte Kampf der beiden gewesen sein. Deswegen auch der Name "The Final Fight".

Bis es zu diesem letzten Kampf kommt, dauert es aber ewig. Im PSD Dome in Düsseldorf sitzen 13.000 Menschen und warten auf Raab. Der ist zwar von Minute eins an zu sehen, allerdings nur in uralten Einspielfilmen, Stefan Raab bei Viva in den Neunzigern, Stefan Raab zwischen Vitali und Wladimir Klitschko, ein "Raabigramm" singend, Stefan Raab mit Lena Meyer-Landrut und Guildo Horn beim Eurovision Song Contest. 140 Euro haben die Tickets für das Event teilweise gekostet, erzählen ein paar Zuschauer, dafür, dass dann 13.000 Menschen in der Arena über zwei Stunden lang fernschauen.

Die Prominenz sitzt im "Golden Circle"

Einige der 13.000 Menschen sitzen im "Golden Circle" direkt am Boxring, das ist die Prominenz. Dschungelcamp-Moderator Jan Köppen, Leichtathlet Mathias Mester, Evelyn Burdecki, Amira Pocher, die jetzt wieder Amira Aly heißt und ihr neuer Freund Christian Düren, auch Dominik "Ich bin der Bachelor" Stuckmann und seine Anna sind gekommen (es kriselt offenbar doch nicht, Gott sei Dank!) und überhaupt gefühlt alle Bachelors und Bachelorettes, die bei RTL jemals Rosen verteilt haben.

Wer ein bisschen näher ran möchte an die Stars und Sternchen, hat sich ein VIP-Ticket gekauft. Damit darf man sich vor einen abgeteilten und mit Bändern abgesperrten Bereich stellen, in dem sich die Promis vor der Show tummeln.

Es ist der Trash-TV-Himmel für Trash-TV-Fans: Dschungelkönig Filip Pavlovic ist da, Serkan Yavuz und Marco Cerullo (beide bekannt aus "Die Bachelorette" und "Bachelor in Paradise"), Calvin Kleinen ("Promis unter Palmen"), Hundetrainer Martin Rütter, Cindy aus Marzahn, Olivia Jones.

Sie stehen dort, essen Currywurst aus Mini-Gläschen, es gibt auch eine vegane Variante. Und die Zuschauerinnen und Zuschauer mit VIP-Tickets stehen draußen, vor den Absperrbändern, schauen rein und machen Fotos. Die VIP-Tickets sind teuer, Zoofeeling ist gratis. Vielleicht ist man das gewöhnt, wenn man berühmt ist. Wir Journalisten überlegen kurz, ob wir vielleicht auch gerne berühmt wären. Wir sind uns aber schnell einig (Nein!).

Ziemlich viel Bohei – und alles dafür, dass Stefan Raab nun wieder Shows macht und seine erste bereits kommenden Mittwoch, 18. September, an den Start geht: "Du gewinnst hier nicht die Million" läuft dann um 20:10 Uhr und nur auf RTL+. Eine klare Kampfansage an Raabs alten Arbeitgeber ProSieben und sein altes Flaggschiff "TV Total" – das wird dort mittwochs um 20:15 Uhr im linearen TV ausgestrahlt.

Ist die Zeit der Maschendrahtzäune vorbei?

Lineares TV ist die Vergangenheit, der neue Raab im Stream die Zukunft. Dass seine alte Hybris in den vergangenen zehn Jahren nicht verloren gegangen ist, zeigt sich auch daran, dass die neue Show noch gar nicht produziert ist. "Wann wird aufgezeichnet? Am Dienstag?", fragt er und blickt nach links, zu Elton, der dort immer noch im Dunkeln steht. Elton schließt die Augen, nickt lächelnd. Ohne Elton wäre Stefan Raab verloren.

Bis Dienstag muss also jemand gefunden werden, irgendjemand, der es mit Stefan Raab aufnehmen möchte. In der Show mache er alles, was er könne, sagt Raab, bewerben könne sich jeder. Finden dürfte sich sicherlich jemand.

Dass Raab die Massen immer noch bewegen kann, hat er zumindest im PSD Dome in Düsseldorf gezeigt – nicht nur Elton liebt ihn, die 13.000 Zuschauerinnen und Zuschauer auch. Als Regina Halmich den Kampf gewinnt, gibt es vereinzelte Buhrufe. Unsportlich.

Am Ende bleibt aber der Elefant im Boxring zurück: Ein Abend voller Showkämpfe und singender Pamela-Reif-Engel sind eine Sache. Aber schafft es Stefan Raab auch, die Massen in den kommenden fünf Jahren – so lange hat er sich an RTL gebunden – zu begeistern? Oder ist die Zeit der Maschendrahtzäune schon lange vorbei?

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