Das Bundeskabinett muss Kriegspolitik betreiben. Dabei haben fast alle Minister persönlich den Wehrdienst verweigert. Nun ist auch bekannt geworden, wie ungewöhnlich Kanzler Olaf Scholz seine Verweigerung einst begründete. Einzig Christian Lindner war bei der Bundeswehr und ist sogar Major der Reserve.
Die Ampelregierung steht ganz unter dem Druck des Ukraine-Krieges. Militär- und Sicherheitspolitik überlagert derzeit alle Entscheidungen. Der Bundeswehr wird ein historisches Sondervermögen von 100 Milliarden Euro beschieden, Waffen werden direkt ins Kriegsgebiet geliefert. Umso verblüffender ist die Tatsache, dass von allen Kabinettsmitgliedern nur eines selbst bei der Bundeswehr war. Die Zahl der Wehrdienstverweigerer ist dagegen außergewöhnlich hoch in dieser Regierung.
Scholz und Habeck wollten nicht zur Bundeswehr
Bundeskanzler
Vizekanzler
Auch weitere Politiker leisteten lieber Zivildienst - oder nichts von beidem
Arbeitsminister Hubertus Heil leistete seinen Zivildienst beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Peine ab. Justizminister
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat weder Wehr- noch Zivildienst geleistet. Dem "Spiegel" erklärte er: "Ich habe nie Wehr- oder Zivildienst geleistet. Die deutsche Staatsbürgerschaft habe ich 1981 unter anderem deshalb angenommen, um nicht in der Türkei Wehrdienst leisten zu müssen. Auch in Deutschland bin ich nie gemustert worden." 2019 absolvierte Özdemir allerdings ein Fünf-Tage-Praktikum am Bundeswehrstandort Munster.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) war ebenfalls nicht bei der Bundeswehr. Er hat sich beim Arbeiter-Samariter-Bund über mehrere Jahre beim Katastrophenschutz verpflichtet – mit regelmäßigen Lehrgängen über die Wochenenden - und war deswegen von Wehr- oder Zivildienst befreit. Auch Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und Gesundheitsminister
Selbst im Verteidigungsministerium ist der Führungskreis weitgehend ungedient. Weder die Ministerin Christine Lambrecht noch die Staatssekretärinnen Margaretha Sudhof, Siemtje Möller oder Thomas Hitschler waren bei der Bundeswehr. Auf der Parlamentsseite sieht es so aus: Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Hellmich, hat ebenso wenig gedient wie die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Sara Nanni. Einzig Marcus Faber, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP, hat seinen Grundwehrdienst bei den Panzerpionieren in der Elb-Havel-Kaserne in Havelberg absolviert.
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Nur Christian Lindner war bei der Bundeswehr
Das einzige Kabinettsmitglied mit echter Bundeswehrerfahrung ist Finanzminister
Lindner fühlt sich in der Regierung darum auch als ein Anwalt von Bundeswehrinteressen. Er gilt als der Architekt der 100-Milliarden-Euro-Aufrüstung per Sondervermögen. Sein Ziel sei es "jetzt, aus der Bundeswehr eine der modernsten Armeen der Welt zu machen". Ausgerechnet das Kabinett aus lauter Zivis unterstützt ihn nun dabei.