• In einer Aktuellen Stunde hat der Bundestag über die Einbürgerungspläne von Innenministerin Nancy Faeser diskutiert.
  • SPD und Grüne wollen es Einwanderern erleichtern, den deutschen Pass zu bekommen.
  • Die Unionsparteien lehnen die Pläne dagegen ab: Die Staatsbürgerschaft könne nur am Ende einer erfolgreichen Integration stehen.

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Wenn es in politischen Diskussionen um Integration und Einwanderung geht, wird es häufig emotional. Am Donnerstag in Bundestag ist es die Linken-Vorsitzende Janine Wissler, die das Plenum in Wallung bringt. CDU/CSU haben eine Aktuelle Stunde beantragt, um über die Pläne der Bundesregierung zu einer leichteren Einbürgerung zu sprechen.

Die Unionsparteien hatten vor der Debatte vorgelegt. Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat davor gewarnt, die Voraussetzungen für den deutschen Pass zu senken. Linken-Politikerin Wissler ist zwar gar nicht Teil der Bundesregierung, aber sie geht besonders hart mit der Union ins Gericht. "Was haben Sie denn für Ihren deutschen Pass geleistet, Herr Merz?", fragt sie – und antwortet: "Genauso wenig wie ich, nämlich gar nichts." Wissler kritisiert: Die Union verhalte sich, als ob die Deutschen etwas verlieren würden, wenn mehr Menschen eingebürgert werden. "Der Pass wird doch niemandem weggenommen."

Leichtere Einbürgerung: Das will Innenministerin Faeser

Anlass sind die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Ein Gesetzentwurf aus ihrem Haus sieht vor: Statt wie bislang nach acht Jahren soll man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies schon nach drei Jahren möglich werden – etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben.

In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen automatisch Deutsche werden, wenn ein Elternteil bereits seit fünf Jahren "seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt" in Deutschland hat. Bislang war das erst nach acht Jahren der Fall. Bei Senioren, die älter als 67 Jahre alt sind, will Faeser die bisher verlangten formellen Sprachnachweise streichen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich hinter diese Pläne gestellt. Einwanderer hätten sehr zur Stärke der deutschen Wirtschaft beigetragen. "Und deshalb ist es sehr gut, wenn diejenigen, die so lange bei uns leben, sich auch dafür entscheiden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben", sagte er am Wochenende in einer Videobotschaft auf Youtube.

Reem Alabali-Radovan: "Kommen Sie in der Lebensrealität unseres Landes an"

Der AfD-Politiker Gottfried Curio wirft der Bundesregierung im Bundestag vor, die Voraussetzungen für die Staatsbürgerschaft "komplett zu schleifen" und spricht von "importierten und alimentierten Ausländern". Auch CDU/CSU haben die Pläne im Vorfeld scharf kritisiert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), hatte in der "Bild"-Zeitung davor gewarnt, den deutschen Pass zur "Ramschware" zu machen.

Reem Alabali-Radovan (SPD), Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt, kritisiert diese Wortwahl. "Was ist das für eine Sprache?", fragt sie in der Debatte. Ihr gehe es um Menschen, die schon jahrelang in Deutschland leben und ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten. "Stoppen Sie die Respektlosigkeit, kommen Sie in der Lebensrealität unseres Landes an", sagt die Sozialdemokratin.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour verweist auf den Bedarf der Wirtschaft an neuen Arbeitskräften: "Sie machen Populismus, wir machen Integrationsarbeit", wirft er der Union vor. Mahmut Özdemir (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, verteidigt das Ziel, mehr Menschen die sogenannte Mehrstaatlichkeit zu ermöglichen. Das solle Kindern zugutekommen, die in Deutschland geboren wurden, aber Wurzeln in einem anderen Land haben: "Sie fühlen sich Deutschland zugehörig, wollen aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht vollständig verlieren." Gülistan Yüksel (SPD) stellt die Frage, wer denn "wertvoll" für ein Land sei. Ihre Antwort: Wertvoll seien Menschen wie ihr Vater, der als Gastarbeiter das Land mit aufgebaut habe.

Andrea Lindholz (CSU) warnt: "Integration braucht Zeit"

CDU-Politiker Thorsten Frei wiederholt seine viel kritisierte Warnung vor dem deutschen Pass als "Ramschware" in der Debatte nicht. Er sagt stattdessen, natürlich sei Deutschland ein Einwanderungsland. An seiner Kritik hält Frei aber fest: Wenn die Regierung die Einbürgerung erleichtern wolle, dann habe das weitreichende Konsequenzen, auch "für die Zusammensetzung des Staatsvolks", sagt Frei. "Und darüber muss man diskutieren." Auch die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) sagt: "Integration braucht Zeit. Und sie sollte nachhaltig sein. Sie sollte am Ende mit der Einbürgerung belohnt werden."

Die Pläne von Faeser sind allerdings auch innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP umstritten. Für eine leichtere Einbürgerung sei es jetzt nicht die Zeit, hatte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vor einigen Tagen gesagt. Zunächst müsse man auch "Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration" machen.

Der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle mahnt am Donnerstag Reformen bei der Einwanderung an. "Der Mangel an Arbeitskräften ist mit Händen zu greifen. Wir werden als alternde Gesellschaft diesen Mangel nur in den Griff bekommen, wenn wir auf Einwanderung setzen", sagt er. Die Ampel-Koalition werde deswegen den "Mehltau in der deutschen Einwanderungspolitik beseitigen". Kuhle warnt aber ebenfalls davor, Einwanderung und Einbürgerung zu vermengen. Es sei auch nötig, die illegale Migration zurückzudrängen.

Was die Ampel-Koalition noch plant

Es wird längst nicht die letzte Debatte zu dem Thema geblieben sein. Die Ampel-Koalition will die Einwanderung und Integration erleichtern – auch und gerade um den Fachkräftemangel zu bekämpfen: Viele Unternehmen können offene Stellen derzeit nicht besetzen – zum Beispiel in der Pflege, im Bauwesen oder auf den Flughäfen. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett deshalb bereits die Eckpunkte für eine erleichterte Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften beschlossen.

Am Freitag wird der Bundestag wahrscheinlich auch eine weitere Neuregelung beschließen: Wer seit mindestens fünf Jahren in Deutschland lebt, aber nur geduldet ist, soll ein sogenanntes Chancen-Aufenthaltsrecht bekommen. Die Person hat dann 18 Monate Zeit, um nachzuweisen, dass sie ihren eigenen Lebensunterhalt finanziert und über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt. Gelingt das, kann sie dauerhaft in Deutschland bleiben.

Verwendete Quellen:

  • Debatte im Deutschen Bundestag
  • dpa
  • Youtube-Kanal der Bundesregierung
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