Ist das ZDF in seiner Wahl-Berichterstattung zu einseitig? Gleich zwei Sendungen werfen aktuell ein schlechtes Licht auf den Sender.
In der jüngsten Ausgabe des "Schlagabtausch" wurde innerhalb von einer Minute klar, dass das Studiopublikum zum überwiegenden Teil dem linken politischen Spektrum zuzurechnen war. Schon als die Teilnehmenden der Runde vorgestellt wurden, gab es nur Applaus für zwei: den Linken-Chef
Auch die eineinhalbstündige Diskussion machte deutlich, auf welcher politischen Seite das Publikum stand. Etwa, als Grünen-Chef Banaszak
Ähnlich lief es, als Linken-Chef van Aken den AfD-Vorsitzenden
ZDF räumt ein: Viele linke Studierende im Publikum
Auf der Plattform X äußerten zahlreiche Zuschauende Kritik am einseitig applaudierenden ZDF-Publikum. Viele unterstellten dem Sender bewusste Manipulation. Kritik kam hierbei auch aus dem Lager links der Mitte. So schrieb etwa der SPD-Politiker Ali Kaan Sevinc auf X: "Ganz ehrlich: Das Publikum beim ZDF-#Schlagabtausch gerade ist nicht ausgewogen, definitiv und das ist nicht richtig Leute. Die Balance stimmt gar nicht."
Ein weiterer X-Beitrag zeigte zudem, dass im ZDF-Live-Chat offenbar schwarze und blaue Herzen zur Unterstützung von Union und AfD von den Moderatoren gelöscht wurden, wohingegen grüne Herzen stehen blieben.
In der Sendung "heute journal up:date" gab ZDF-Redakteur Dominik Rzepka später zu, dem Sender sei bewusst gewesen, dass beim "Schlagabtausch" sehr viele linke Studierende im Studio waren.
"Im Publikum saßen relativ viele Zuschauer und Zuschauerinnen von der HU Berlin und der FU Berlin. Das sind zwei eher linke Universitäten hier bei uns in Berlin", sagte Rzepka. Der Sender habe die Universitäten "extra angeschrieben", um das Studio voll zu bekommen.
Zudem seien Studierende der Hertie School, einer Berliner Privathochschule, Teil des Publikums gewesen. "Es war so gesehen nicht wirklich repräsentativ", sagte Rzepka.
ZDF-Sprecher: "Kein Publikum gecastet"
Unklar ist, warum so viele Zuschauer aus genau diesen Universitäten im Publikum saßen. Ein ZDF-Sprecher sagte dem "Tagesspiegel", interessierte Bürgerinnen und Bürger hätten sich für die Sendung anmelden können. Deren politische Einstellung habe man nicht angefragt.
Weiters hieß es demnach vom ZDF: "Für die Sendung 'Schlagabtausch' wurde kein Publikum gecastet. Um interessierte Menschen für einen Besuch der Sendung zu gewinnen, wurden im Vorfeld unter anderem auch verschiedene Berliner Institutionen kontaktiert. Das ist ein übliches Verfahren und erfolgt auch mit Blick auf die Möglichkeit einer kurzen Anreise des Publikums."
Man habe unter anderem das J.F.K.-Institut für Nordamerikastudien, Politik- und Kommunikationswissenschaften der Freien Universität, die Hertie School of Governance, die Humboldt-Universität, die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, das Demographie Netzwerk e. V., der Tönissteiner Kreis und die Familienunternehmen e. V. kontaktiert.
Zudem teilte der Sender mit, er bedauere die einseitigen Reaktionen. Da es sich um eine Live-Sendung gehandelt habe, habe die Redaktion aber keinen Einfluss mehr nehmen können.
Schon ZDF-Beitrag über den CDU-Parteitag löste Kontroverse aus
Es ist nicht die einzige Sendung, wegen der dem ZDF aktuell Parteilichkeit vorgeworfen wird. Ein Schnitt in der "heute"-Ausgabe vom 3. Februar löste ebenfalls eine Kontroverse aus.
Zu sehen ist zunächst Unions-Kanzlerkandidat
In der nächsten Einstellung zeigt das ZDF mehrere Parteitagsdelegierte, die mit verschränkten Armen auf ihren Plätzen sitzen und skeptisch schauen. Dazu ist die Rede von "trotziger Zustimmung von Delegierten aus West wie Ost".
Es entsteht der Eindruck, als unterstützten die eigenen Leute Merz nur bedingt. Live-Bilder des Parteitags belegen hingegen das Gegenteil: Auf Merz' Distanzierung von der AfD folgen Jubelrufe im Saal, "Brandmauer"-Transparente werden hochgehalten.
Liminski: "Handelt sich nicht um eine kleine Unsauberkeit"
Nathanael Liminski, CDU-Medienminister und Chef der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen, sagte auf Anfrage der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ): "Bei diesem ZDF-'heute'-Beitrag handelt es sich nicht um eine kleine Unsauberkeit oder um ein zufälliges Versehen, sondern um eine bewusste Falschdarstellung. Hier wird die Realität dieses Parteitags ins komplette Gegenteil verdreht und der Zuschauer hart getäuscht."
Das sei "ein handfester Verstoß gegen jegliche journalistische Grundsätze und ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich für einen starken und breit akzeptierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen", kritisierte Liminski. Der Fall wiege umso schwerer, "da wir aktuell einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die zunehmende Gefahr von Fake News und Desinformation im Netz führen".
Der CDU-Politiker, der Mitglied im ZDF-Fernsehrat ist, forderte eine Erklärung des Senders. In dem Aufsichtsgremium wolle er den Fall zur Sprache bringen, sagte er der FAZ.
Das ZDF weist Vorwürfe zurück
Der Sender wies den Vorwurf der Manipulation "scharf zurück". Man habe in dem Beitrag durchaus eine Jubelszene gebracht, das Wort "trotzig" sei zustimmend im Sinne eines "Jetzt erst recht" gebraucht worden.
Zudem sei im Hintergrund der O-Töne "sehr klar Applaus für Friedrich Merz zu hören; lediglich auf dem Bild, das die Delegierten in einer Reihe zeigt, hört man diesen Applaus nicht, damit der Zuschauer den Off-Text verstehen kann, der die im Folgenden interviewten Delegierten ankündigt, wo der Applaus wieder hörbar ist", zitiert die FAZ die Reaktion des ZDF.
Es ist richtig: Der "heute"-Beitrag enthält auch eine Jubelszene, allerdings kommt diese vor Merz' Redeausschnitt. Direkt im Anschluss werden die Delegierten mit verschränkten Armen gezeigt. Die Abfolge von Rede und Reaktion stimmt also nicht.
Vor der Bundestagswahl stehen zahlreiche TV-Diskussionen an
Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar sind unterdessen noch mehrere TV-Runden geplant, in denen sich die Wählerinnen und Wähler ein Bild über die Positionen der Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen und ihrer Parteien machen können. Auch eine Vierer-Debatte ist geplant. Hier ein Überblick:
- Sonntag, 9. Februar, um 20:15 Uhr - ZDF/ARD: "Das Duell:
Scholz gegen Merz": Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) treffen im direkten Duell aufeinander. - Donnerstag, 13. Februar, um 19:25 Uhr - ZDF: "Klartext": Im Wahlforum stehen neben Scholz und Merz auch Grünen-Kanzlerkandidat
Robert Habeck und AfD-KanzlerkandidatinAlice Weidel der Wählerschaft Rede und Antwort. - Sonntag, 16. Februar, um 20:15 Uhr - RTL/ntv/stern: "Das Quadrell": Scholz und Merz treffen in einem direkten Schlagabtausch auf Habeck und Weidel.
- Montag, 17. Februar, um 21:15 Uhr - ARD: "Wahlarena": Wählerinnen und Wähler stellen ihre Fragen an Scholz, Merz, Habeck und Weidel.
- Mittwoch, 19. Februar, um 20:15 Uhr - Welt TV und "Bild.de": "Scholz vs. Merz": Die beiden Spitzenpolitiker treffen in einem Streitgespräch aufeinander.
- Donnerstag, 20. Februar, um 22:00 Uhr - ARD/ZDF: "Schlussrunde": Gesprächsrunde mit Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, deren Parteien im Bundestag in Fraktions- oder Gruppengröße vertreten sind.
- Samstag, 22. Februar um 20:15 Uhr - ProSieben/Sat.1: "Wahl-Countdown: Die Kandidaten im Bürger-Speed-Dating": Noch sind nicht alle Teilnehmer bestätigt. Es sollen sich aber die Kanzlerkandidaten von SPD, Union, AfD und den Grünen den Fragen von Bürgern stellen.
Verwendete Quellen
- ZDF-Mediathek: "Schlagabtausch"-Ausgabe vom 6. Februar
- ZDF-"heute": CDU verabschiedet "Sofortprogramm"
- Tagesspiegel: Einseitige Reaktionen im ZDF: So kam es zum Beifall-Aufreger beim "Schlagabtausch"
- Der Westen: "Schlagabtausch"-Publikum klar parteiisch – ZDF räumt ein: Viele linke Studenten im Studio
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Rückt das ZDF die CDU in ein falsches Licht?
- Deutsche Presse-Agentur
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