• Die im Anschluss an die Klausurtagung der Unions-Fraktionsvorstände angesetzte Pressekonferenz mit Armin Laschet und Markus Söder hatte die Spannung steigen lassen: Wird die Union ihren Kanzlerkandidaten verkünden?
  • Eine Entscheidung gab es am Sonntag zwar nicht, Politikwissenschaftler Thomas König aber liest zwischen den Zeilen.

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Die Pressekonferenz wurde mit Spannung erwartet: Seit Angela Merkel hat verlauten lassen, dass sie bei der kommenden Bundestagswahl nicht erneut kandidieren wird, brodelte die Gerüchteküche: Wer wird Kanzlerkandidat der Union? In den letzten Monaten hatten sich zwei potentielle Kanzlerkandidaten hervorgetan: CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder.

Während Armin Laschet seine Ambitionen recht offen kundgetan hatte, hatte Söder bislang mit einem offiziellen Bekenntnis hinter dem Berg gehalten und sich stets darauf berufen, dass sein Platz in Bayern sei.

Eine angekündigte Teilnahme der beiden Unionspolitiker im Anschluss an die ganztägige Klausurtagung des geschäftsführenden Vorstands der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Sonntag (11. April) ließ deshalb vermuten: Es wird Neuigkeiten in Sachen Kanzlerkandidatur geben.

Noch fünf Monate bis zur Wahl

CDU und CSU stehen nicht nur unter Zeitdruck, weil die Bundestagswahl bereits in fünf Monaten stattfinden wird, sondern auch weil die Grünen – selbsternannter Hauptgegner der Union – angekündigt haben, am kommenden Montag (19. April) zu verkünden, ob Annalena Baerbock oder Robert Habeck für sie an den Start gehen wird.

"Ich bin bereit zu kandidieren und mich dieser Verantwortung zu stellen, wenn die CDU als die größere Schwester dies breit unterstützt", sagte Söder dann am Sonntag. Wenn Partei, Fraktion und Mitglieder ihn als Kanzlerkandidaten wollten, sei für ihn klar, dass er nicht kneifen dürfe.

Laschet und Söder haben "langes Gespräch geführt"

Auch Armin Laschet bekräftigte seine Ambitionen: "Markus Söder und ich haben vor dem heutigen Tag ein langes Gespräch miteinander geführt. Wir haben unsere Bereitschaft erklärt, für die Kanzlerkandidatur anzutreten", so der CDU-Chef. Man habe sich darauf verständigt, in einen guten Prozess der beiden Parteien gemeinsam mit der Bundestagsfraktion zu treten.

"Wir brauchen sehr schnell und zeitnah Lösungen", betonte Laschet. Die CDU-Gremien beraten am Montag (12. April) über die Frage, wer für die Union im September kandidieren soll. Auf ein Datum zur Kanzlerkandidatenverkündung wollte sich CDU-Chef Laschet jedoch nicht festlegen: Es helfe nicht weiter zu spekulieren: "Der Prozess ist jetzt klar. Die Bereitschaft von zweien liegt auf dem Tisch“, so Laschet.

Kein abschließendes Ergebnis der K-Frage

Wer es von beiden machen wird – das blieb aber zunächst noch offen. "Das Gespräch war vom Ergebnis nicht abschließend", so der CSU-Chef. Man habe festgestellt, dass beide geeignet und beide bereit seien. Er würde eine Entscheidung aber auch gegen ihn akzeptieren – wenn die Breite der CDU sich hinter Laschet stelle. "Personen sind nicht alles, aber sie spielen eine wichtige Rolle", sagte Söder. Es sei auch wichtig, wie geschlossen eine Partei die Spitzenkandidatur vertrete.

Doch auch wenn Söder immer wieder die Einigung der Schwesterparteien, gemeinsame Inhalte ohne Grundsatzstreitigkeiten und seine Akzeptanz für eine Entscheidung auch gegen ihn betonte, kleine Spitzen gegen seinen parteiinternen Konkurrenten ließen sich trotzdem erkennen: So sagte Söder beispielsweise: "Ich habe meine Bereitschaft im zuständigen Gremium heute erklärt" – anders als Laschet, der bereits im vergangenen November im WDR angekündigt hatte, sich diese Aufgabe zuzutrauen.

Söder: In Umfragen die Nase vorn

Seine Betonung dessen, dass es am Ende derjenige Kanzlerkandidat sein müsse, "der die besten Wahlchancen für unsere gemeinsame Idee hat" und die Entscheidung "die Erwartungshaltung der Bevölkerung" treffen müsse, kann ebenfalls als Argument für ihn selbst verstanden werden: In der aktuellen Forsa-Umfrage bekommt der bayerische Ministerpräsident die meiste Zustimmung.

Würde die Union ihn als Kandidaten antreten lassen, würden sich in einem möglichen Rennen gegen Robert Habeck (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) 38 Prozent für Söder entscheiden – aber nur 17 Prozent für Laschet. Dem NRW-Chef lastet vor allem sein zögerliches Handeln in der Corona-Politik an.

Experte hat Vermutung

Auch Politikwissenschaftler Thomas König sagt: "Die Pressekonferenz klang wie eine Bewerbungsrede insbesondere von Markus Söder für die Parteigremien von CDU und CSU am Montag". Erst nach der Meinungsbildung zur Kanzlerkandidatur im Präsidium der CDU, erfolge diese im Präsidium der CSU.

"Diese Reihenfolge legt nicht nur die Größe der Partei fest, sondern kann am Ende auch darüber entscheiden, wer es wird", meint König. Die CSU habe damit quasi das "letzte Wort".

Er glaubt deshalb: "Es bleibt eine Vermutung, aber aufgrund dieser Reihenfolge und des Auftritts von Markus Söder scheint es auf Söder hinaus zu laufen." Würde die CDU zuerst Laschet vorschlagen, könnte die CSU diesen Vorschlag noch ablehnen, was niemand in der Union möchte. "Wenn aber die Union Söder vorschlägt, dann wird Einigkeit am Ende herrschen", kommentiert König.

Kommentar von Friedrich Merz

Vielleicht könne man auch vor diesem Hintergrund die Bemerkung von Friedrich Merz verstehen, der sich für eine Kanzlerkandidatur aus den Reihen der CDU ausgesprochen hatte. Denn König meint: "Ein verletzter Merz weiß, dass es auf Söder hinausläuft und deutet damit den Parteimitgliedern an, dass die Parteielite mit Laschet die falsche Wahl getroffen hat", so der Experte.

Mehr oder weniger würde die Ernennung von Markus Söder der CDU suggerieren, dass sie den falschen Parteivorsitzenden gewählt habe. Wird sich die Wahl des Unionskandidaten auch auf die Entscheidung der Grünen auswirken?

"Das bleibt abzuwarten", meint König. Weder Armin Laschet, der zurzeit mit der FDP in NRW koaliere, noch Markus Söder, der in Bayern auf die Unterstützung der Freien Wähler angewiesen sei, dürfte sich für die Grünen als ideale Koalitionspartner erweisen.

Effekte auf Grünen-Wahl

"Allerdings könnte die Wahl von Markus Söder den Grünen ermöglichen, sich als Partei der Mitte zu platzieren, obwohl sie eigentlich mit einer nach links ausgerichteten SPD am liebsten koalieren möchten", schätzt der Experte. Je mehr die Grünen diesen Eindruck vermitteln könnten, desto höher seien ihrerseits die Chancen auf einen Wahlsieg.

"Würde es jedoch der Union gelingen, die Mitte zu besetzen, dann dürfte die Kandidatur eines grünen Kanzlerkandidaten wenig Aussicht auf Erfolg haben", erklärt er. Unter dieser Voraussetzung sei es auch besonders wichtig, dass CDU und CSU sich als Einheit präsentieren. "Eine streitende Union würde dagegen die Wähler in die Arme der Grünen treiben", so König.

Über den Experten:
Prof. Dr. Thomas König ist Politikwissenschaftler an der Universität Mannheim. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die europäische Integration, Parteiendemokratie und Polarisierung im internationalen Vergleich. König ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Verwendete Quelle:

  • RTL/ntv-Trendbarometer, Forsa-Aktuell: Kanzlerfrage: Söder in allen Wählergruppen vor Laschet - Auch Baerbock und Habeck stärker als der CDU-Chef.
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