Steigende Inzidenzen, volle Intensivstationen, dazu noch eine neue Corona-Variante namens Omikron - wann und wie reagiert die Politik? Bereits am Dienstag hatten Bund und Länder sich grundsätzlich auf strengere Corona-Regeln geeinigt, nun verschärfen Merkel, Scholz und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten die bisherigen Maßnahmen, um die stark steigenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. In unserem Live-Ticker können Sie die Entwicklungen nachlesen.
- 15:34 Uhr: ➤
Merkel : Würde für Corona-Impfpflicht stimmen - 14:30 Uhr: Kreise: Bundesweit 2G-Regel im Einzelhandel geplant
- 13:27 Uhr:
Lindner argumentiert für Corona-Impfpflicht - "ist verhältnismäßig" - 10:24 Uhr: NRW-Ministerpräsident
Wüst zu Impfpflicht: Strafen am Ende der richtige Weg - 09:01 Uhr:
Spahn : Wichtig ist "quasi ein Lockdown für Ungeimpfte" - 07:58 Uhr: Bremer Regierungschef
Bovenschulte plädiert für Hotspot-Strategie
➤ Merkel: Würde für Corona-Impfpflicht stimmen
Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht in Deutschland ausgesprochen. Sie würde dafür stimmen, wenn sie bei der geplanten Abstimmung noch Mitglied im Bundestag wäre, sagte Merkel am Donnerstag nach einer Bund-Länder-Schalte zu Corona in Berlin.
Trotz aller Werbung fürs Impfen gebe es eine Impflücke, begründete Merkel ihre Haltung. Alle Verantwortlichen hätten gehofft, dass die Freiwilligkeit beim Impfen besser angenommen würde. Dass sich Deutschland in so einer starken vierten Welle befinde, stimme sie nicht froh, so Merkel. "Die Lage ist leider ernst, und wenn wir eine durchschnittliche Inzidenz jetzt von 130 wie Italien hätten oder 150, wäre es mir wohler."
Merkels voraussichtlicher Nachfolger
Auf diese Maßnahmen haben sich Bund und Länder im Kampf gegen die Corona-Pandemie am Donnerstag verständigt:
Bundesliga: Vorerst höchstens 15.000 Zuschauer beim Fußball
16:22 Uhr: In den Fußball-Stadien wird es wegen der bedrohlichen Corona-Lage vorerst wieder deutlich leerer. Höchstens 15.000 Zuschauer sind an den kommenden Spieltagen in den Arenen der Bundesliga zugelassen. In Sporthallen dürfen es höchstens 5000 Zuschauer sein. In Regionen mit sehr hohen Infektionszahlen sollen große Veranstaltungen sogar abgesagt oder im Sport zumindest Geisterspiele durchgesetzt werden.
Wo Zuschauer zugelassen sind, gilt eine Maskenpflicht und die 2G-Regel, nach der nur Geimpfte und Genesene Einlass erhalten. Möglich ist, dass zudem noch ein aktueller Coronatest nachgewiesen werden muss. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte mit Blick auf bis zuletzt noch volle Fußballstadien: "Dass man gesagt hat, das kann nicht so bleiben, wie das jetzt ist, und da eine sehr drastische Entscheidung getroffen hat, das ist gut."
Es werde in einzelnen Ländern auch noch weiterreichende Beschränkungen geben. In Sachsen hatte es zuletzt schon Geisterspiele gegeben. In Bayern sollen auf Vorschlag von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon an diesem Wochenende die Zuschauer beim Fußball wieder komplett ausgesperrt werden.
Kreise: Bundesweit 2G-Regel im Einzelhandel geplant
14:30 Uhr: Zur Eindämmung der Corona-Pandemie soll im Einzelhandel bundesweit die 2G-Regel gelten - Zugang haben sollen also nur noch Geimpfte und Genesene. Ausgenommen sein sollen Geschäfte des täglichen Bedarfs.
Darauf einigten sich Bund und Länder bei ihren Beratungen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Eine Einigung auf das gesamte Beschlusspapier mit weiteren Punkten steht allerdings noch aus.
Lindner argumentiert für Corona-Impfpflicht - "ist verhältnismäßig"
13:27 Uhr: Der FDP-Bundesvorsitzende und designierte Bundesfinanzminister Christian Lindner macht sich angesichts der Corona-Lage für eine allgemeine Impfpflicht stark. Zu einer entsprechenden Ankündigung des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) sagte Lindner am Donnerstag auf Bild Live: "Ich sage offen, dass meine Richtung auch die einer Impfpflicht ist." Allerdings kenne er die Anträge dazu noch nicht.
Lindner hatte sich lange gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Er habe auf eine Impfquote von 85 Prozent gehofft und sei "enttäuscht, dass die Impfbereitschaft so gering ist", sagte er am Donnerstag.
"Wir kommen deshalb immer wieder in diese Situationen wie jetzt, wo Freiheiten für alle eingeschränkt werden müssen", sagte Lindner. Er verwies auch auf ausreichende Erfahrungen mit den Impfstoffen. "Wir müssen uns öffnen für eine solche Impfpflicht. Es ist ein scharfes Schwert, aber ich glaube es ist verhältnismäßig."
Zu Forderungen nach einem Lockdown zur Bekämpfung der vierten Corona-Welle sagte Lindner: "Ich höre schon, dass viele in diesen Tagen nach einem Lockdown rufen und ich halte das für eine Ultima Ratio, das hatten wir ja auch schon." Er erinnerte daran, wie lange es nach dem November-Lockdown des vergangenen Jahres gedauert habe, das gesellschaftliche Leben wieder zu öffnen.
Unionsländer schlagen Böller- und Verkaufsverbot für Feuerwerk vor
12:30 Uhr: Die unionsgeführten Länder und das Grün geführte Baden-Württemberg schlagen für dieses Jahr ein generelles Verkaufsverbot für Pyrotechnik vor Silvester vor. Das geht aus einer vorläufigen Beschlussvorlage mit Ergänzungen der sogenannten B-Länder für die Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Krise am Donnerstag hervor. "Darüber hinaus gilt ein Feuerwerksverbot auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen", heißt es in dem Arbeitspapier.
Dabei handelt es sich noch nicht um Beschlüsse aus den Bund-Länder-Gesprächen über ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Corona. Die Vorlage ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch nicht mit den SPD-geführten Ländern abgestimmt.
Laut Vorschlag der unionsgeführten Länder und Baden-Württembergs soll am Silvester- und am Neujahrstag bundesweit ein An- und Versammlungsverbot umgesetzt werden. Neben dem geforderten Verkaufsverbot für Pyrotechnik wird "vom Zünden von Silvesterfeuerwerk generell dringend abgeraten, auch vor dem Hintergrund der hohen Verletzungsgefahr und der bereits enormen Belastung des Gesundheitssystems".
Schon vor einem Jahr hatten Bund und Länder angesichts der sich ausbreitenden Pandemie ein bundesweites An- und Versammlungsverbot an Silvester und Neujahr sowie ein Verkaufsverbot für Feuerwerk vor dem Jahreswechsel beschlossen.
Bund organisiert zusätzliche Impfdosen für Dezember
11:28 Uhr: Für die geplante Beschleunigung der Corona-Impfungen bis zum Jahresende organisiert der Bund zusätzliche Impfdosen. Nach Verhandlungen mit dem Hersteller Moderna kann eine Lieferung von zehn Millionen Dosen aus dem dritten Quartal 2022 auf Dezember vorgezogen werden, wie aus Informationen des Gesundheitsministeriums für die Bund-Länder-Beratungen am Donnerstag hervorgeht. Dies entspricht 20 Millionen "Booster"-Dosen, da bei Moderna dafür eine halbe Dosis gespritzt wird. Zudem sollen acht Millionen Moderna-Dosen zusätzlich im Dezember kommen - weil die Abgabe zugesagter Dosen an andere Länder über die internationale Initiative Covax langsamer läuft.
Nachjustiert werden sollen nun auch Lieferungen des Impfstoffes von Biontech. Nach einer Vereinbarung mit dem Hersteller könne ein Teil der wochenweise aufgeteilten Lieferungen für Dezember vorgezogen werden, erläuterte das Ministerium. Nach 2,9 Millionen Dosen in der kommenden Woche könnten die Lieferungen an die Impfstellen in der Woche vom 13. Dezember dadurch auf fünf Millionen Dosen aufgestockt werden. Die Menge der Folgewochen reduziere sich dann entsprechend.
Das Ministerium verhandelt zudem mit anderen EU-Ländern, die ihre Biontech-Dosen aktuell nicht komplett benötigen. Ziel sei, zwei bis drei Millionen zusätzliche Dosen im Dezember übernehmen zu können, heißt es in den Informationen, die der geschäftsführende Minister Jens Spahn (CDU) an die Ministerpräsidentenkonferenz sandte. Bei vielen Ärzten und anderen Impfstellen hatte es Proteste ausgelöst, dass der Bund für den meistgenutzten Impfstoff von Biontech kürzlich Bestell-Obergrenzen eingeführt hatte - da sich die Lager sonst zu schnell zu leeren drohten.
Das Ministerium betonte zugleich, dass das bestehende Verteilsystem sich insgesamt bewährt habe - mit "eingespieltem Zusammenwirken" von Herstellern, Zentrallager bei der Bundeswehr, Pharma-Großhandel und Apotheken. Kein anderes System hätte in so kurzer Zeit diese Mengen bei einem so sensiblen und extrem temperaturabhängigen Produkt binnen vier Wochen ohne Qualitätseinbußen im Handling verzehnfachen können.
Bund und Länder erwägen 30-Prozent-Deckel für Großveranstaltungen
10:49 Uhr: Bund und Länder erwägen eine Begrenzung der Zuschauerkapazitäten bei überregionalen Sport-, Kultur- und anderen Großveranstaltungen auf 30 Prozent. Das geht aus einer vorläufigen Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Runde hervor, die am Donnerstag erneut zu Beratungen über die Corona-Krise zusammenkommen will.
Die 30-Prozent-Begrenzung soll demnach ebenso für geschlossene Räume gelten wie für Veranstaltungen im Freien. In Räumen soll die Auslastung zusätzlich bei maximal 5000 Zuschauern gedeckelt werden, im Freien bei maximal 15.000. Nur Geimpfte und Genesene sollen Zugang haben und auch medizinische Masken tragen.
Die Vorlage stammt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus dem Kanzleramt und gibt einen mit den Ministerpräsidenten und Vertretern der voraussichtlich künftigen Ampel-Koalition abgestimmten Arbeitsstand vom Morgen (8.30 Uhr) wieder. Dabei handelt es sich noch nicht um Beschlüsse aus den Bund-Länder-Gesprächen über ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Corona. An der Schaltkonferenz nehmen neben den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auch die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) teil.
Zur geplanten Schließung von Clubs und Diskotheken gab es demzufolge noch keine Festlegung, ob eine Schwelle von 350 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen konsensfähig ist.
NRW-Ministerpräsident Wüst zu Impfpflicht: Strafen am Ende der richtige Weg
10:24 Uhr: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hofft weiter auf Einsicht bei bisher nicht gegen das Coronavirus geimpften Personen. Jeden Tag komme es noch zu neuen Erstimpfungen, sagte der derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Die sich weiter verschärfende Lage und die Debatte bringe "den ein oder anderen doch noch zur Vernunft", das müsse man anerkennen, meinte Wüst kurz vor der Bund-Länder-Runde zu schärferen Corona-Maßnahmen.
"Wir reden jetzt von einer Impfpflicht, nicht von einem Impfzwang", sagte Wüst. "Das heißt aber am Ende auch, dass das Bußgeld bewährt ist, dass man Strafen zahlen muss, wenn man sich nicht dran hält, das kennen wir auch bei anderen Pflichten in unserem Land. Und das ist, glaube ich, der richtige Weg."
Im "Frühstart" von RTL/ntv räumte Wüst bei der Haltung der Politik zur Impfpflicht eine Art Wortbruch ein. "Man kann das Wort nicht halten, was man gegeben hat. Es waren auch Versprechen, die gegeben worden sind vor dem Hintergrund, dass man geglaubt hat, es würden sich alle impfen lassen. Das ist nicht passiert." Nun müsse man mit dieser Situation umgehen. "Es ist keine Kleinigkeit, aber wir müssen es jetzt tun, weil wir sonst aus der Dauerschleife von Lockerungen und Lockdowns nicht mehr rauskommen."
Spahn: Wichtig ist "quasi ein Lockdown für Ungeimpfte"
09:01 Uhr: Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat vor der Bund-Länder-Runde zu Corona-Maßnahmen die Notwendigkeit von Einschränkungen für Ungeimpfte betont. "Was tatsächlich wichtig ist, ist quasi ein Lockdown für Ungeimpfte", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Die große Zahl an Ungeimpften sei das, was «das Gesundheitssystem vor eine Herausforderung stellt». "Wenn Sie auf die Intensivstationen schauen, wenn Sie schauen: Wo ist die Dynamik überhaupt auch bei den Infektionen, dann ist das bei dieser zu großen Zahl an Ungeimpften."
Deswegen seien Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte wichtig. Zudem nannte der Minister 2G (also Zugang nur für Geimpfte und Genesene) "konsequent in fast allen Lebensbereichen", das Absagen oder deutliche Reduzieren von Großveranstaltungen sowie Schließungen von Bars, Clubs und Diskotheken. "Wir sehen ja, in den Regionen in Deutschland - in Sachsen, in Bayern - wo sehr weitgehende Maßnahmen ergriffen wurden, scheint sich die Lage zu stabilisieren und zu verbessern", sagte Spahn. "Die Maßnahmen wirken."
Man brauche "massive Kontaktbeschränkungen und Reduzierungen, um jetzt diese Dynamik auch rauszubringen". Er warnte zudem: "Selbst wenn es ab morgen keine Infektionen mehr in Deutschland gäbe, werden wir trotzdem wahrscheinlich über 6000 Covid-19-Intensivpatienten in Deutschland noch den nächsten Tagen sehen."
Bremer Regierungschef Bovenschulte plädiert für Hotspot-Strategie
07:58 Uhr: Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte hat sich für klare bundeseinheitliche Regeln und eine Hotspot-Strategie ausgesprochen. Das sei kein Widerspruch, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Bei Vorschlägen zu weiteren Schritten wie etwa flächendeckenden Restaurantschließungen sieht Bovenschulte die stark betroffenen Länder am Zug. "Das müssen die Länder sagen, in denen die Situation ganz besondes schwierig ist", sagte der Bremer Bürgermeister.
"Wogegen ich mich immer ausgesprochen habe, ist ein Lockdown für Geimpfte", betonte Bovenschulte. Geimpfte steckten sich viel seltener an und hätten, falls sie doch erkrankten, weit mildere Verläufe. Der eingeschlagene Kurs mit harten und klaren Regeln für Ungeimpfte sei richtig. "Wir haben einen Lockdown für Ungeimpfte, einen sehr weitgehenden." Er sei auch für eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene, allerdings bedeute die Ausgestaltung noch "ganz viel Arbeit im Detail".
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