Berlin - Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) hat im vergangenen Jahr rund 200.000 Euro an Betroffene sexualisierter Gewalt innerhalb der Kirche gezahlt.
Das Gesamtvolumen dieser sogenannten Anerkennungsleistungen war damit etwa so hoch wie in den fünf Jahren davor zusammen. Im Zeitraum 2019 bis 2023 betrug die Summe insgesamt 230.000 Euro, wie die Landeskirche mitteilte.
Die Veröffentlichung einer neuen Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (ForuM-Studie) vor einem Jahr hat den nach Angaben zufolge bewirkt, dass sich mehr potenziell betroffene Menschen melden. Sie können Ansprechpersonen in Landeskirche und Kirchenkreisen, unabhängige Anlaufstellen und die Anerkennungskommission in der EKBO kontaktieren. An die Kommission wandten sich im abgelaufenen Jahr 15 Betroffene. Von 2019 bis 2023 waren es zusammen 24 Menschen.
Bischof will Kirche als sicheren Raum
"Die Erschütterung und die Einsichten der Ergebnisse der ForuM-Studie haben Wirkung gezeigt", erklärte Landesbischof Christian Stäblein. "Das Hören Betroffener und ihre Beteiligung an den Veränderungsprozessen rücken konsequent ins Zentrum aller Maßnahmen zur Aufarbeitung und Anerkennung des ihnen widerfahrenen Leides. Wir hören sie, die Kirche hört sie."
Unabhängige und kirchliche Beratungsstellen seien da, zudem baue die Kirche Hilfs-, Schulungs- und Präventionsangebote weiter aus. "Der Raum der Kirche muss ein anderer, ein sicherer Raum werden", betonte Stäblein. Es gehe um Vertrauen und den Schutz von Menschen vor sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch. "Auf diesem Weg dürfen wir nicht nachlassen. Um der betroffenen Menschen willen und um der Kirche willen."
Studie dokumentiert viele Missbrauchsfälle
Die im Januar 2024 veröffentlichte ForuM-Studie hatte auch Dutzende Fälle sexualisierter Gewalt aus Berlin und Brandenburg dokumentiert. Die EKBO meldete für den Zeitraum 1946 bis 2020 nach eigenen Angaben 116 von Missbrauch Betroffene und 41 beschuldigte Personen - davon 39 Pfarrer - an die Autoren der Studie. In allen Fällen handele es sich um männliche Einzeltäter, hieß es.
Neue Ansprechperson in Katholischer Kirche
Auch die Katholische Kirche versucht seit Jahren, sexuellen Missbrauch in ihren Reihen aufzuarbeiten. Daneben wirkt im Erzbistum Berlin neuerdings eine unabhängige Ansprechperson für Betroffene von Missbrauch geistlicher Autorität. Die Ärztin Iris Hauth ist unter der Rufnummer 0151 18160035 erreichbar, wie das Erzbistum mitteilte. Sie soll Menschen helfen, die sich von Kirchenvertretern durch biblische Aussagen, theologische Inhalte oder spirituelle Praktiken manipuliert und unter Druck gesetzt fühlen. © Deutsche Presse-Agentur
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