Frankfurter Ausländerbehörde: Weil monatelanges Warten auf einen Termin die Regel ist: Demonstranten und frustrierte Antragsteller kritisieren die Ausländerbehörde. Die schlechte Erreichbarkeit der Mitarbeiter bleibt ein Dauerproblem.

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Sebastian Keller hat mit seinem chinesischen Ehemann zehn Monate lang vergeblich auf eine Antwort der Frankfurter Ausländerbehörde gewartet. Zehn Monate des Wartens, Bangens, Hoffens, dass eine Aufenthaltsgenehmigung möglichst dauerhaft verlängert werden kann. Es ist nur ein Fall von 14.000, denn so viele Anträge stapeln sich virtuell noch immer bei der chronisch überlasteten Behörde. Aber er steht stellvertretend für viele.

Im Dezember vergangenen Jahres entschlossen sich Keller und sein langjähriger Partner Chao Zhang, die in Wirklichkeit anders heißen, den Bund fürs Leben zu schließen. Auf die Heirat in Kopenhagen folgte im Januar der nächste wichtige Schritt: Zhang, der bis dahin sein Studentenvisum regelmäßig verlängern musste, beantragte eine Aufenthaltsgenehmigung in Form der "Familienzusammenführung zu deutschen Ehegatten" bei der Ausländerbehörde. Der Antrag war mit allen Unterlagen digital eingereicht worden, und Zhang erhielt davon eine Kopie als PDF sowie den Hinweis, dass die Bearbeitung zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen können. Da sein Visum als Student erst am 22. Oktober 2024 auslaufen würde, hatte das Ehepaar keinen Grund zur Sorge.

Ansagen vom Band anstelle von Antworten

Das sollte sich ändern, als im Juni endlich eine Rückmeldung von der Ausländerbehörde kam. Allerdings nicht mit der erhofften Einladung zu einem Termin, sondern ein offenbar automatisiert verfasster Brief, der keinen Bezug zum bestehenden Antrag enthielt, aber die Aufforderung, hinsichtlich des bald ablaufenden Visums "dringend zu handeln". Was Zhang und sein Mann in der Folge versuchten: per Mail, per Brief (auch per Einschreiben), per Telefon und persönlich. Auf ihre Post erhielten sie keine Antwort, telefonisch erreichten sie nur Bandansagen, ohne Termin wurden sie an der Pforte der Rebstöckerstraße abgewiesen. "Man fühlt sich so hilflos", sagt Keller dazu.

Doch er hat Ressourcen, die die meisten ausländischen Antragsteller nicht haben: ein Netzwerk von Bekannten, die mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Möglichkeit, einen Fachanwalt zu konsultieren: "Ihm waren Fälle wie unserer bestens vertraut", sagt Keller, er habe das Amt "eine Behörde im Kollaps" genannt. Und schließlich Sprachkenntnisse, um Briefe an übergeordnete Stellen und die Presse zu richten: "Weil wir nicht mit der Behörde kommunizieren konnten", sagt Keller, der als Lehrer in Frankfurt arbeitet. Zufall oder nicht: Drei Wochen nachdem das Ehepaar an das Büro des Oberbürgermeisters geschrieben hatte und man dort versicherte, den Fall an die Ausländerbehörde weiterzuleiten, kam eine Einladung per Post: Der Termin ist Anfang November, fast elf Monate nach Antragstellung.

"Diese Behörde ist ein migrationsfeindlicher Ort"

Von ähnlichen Fällen berichten die Aktivisten, die während der Woche einen Informationsstand vor der Ausländerbehörde aufgebaut und am Donnerstagabend eine Protestkundgebung abgehalten hatten. Bei vielen Gesprächen, die die meist jungen Demonstranten mit Besuchern der Behörde geführt hätten, sei immer wieder die Unerreichbarkeit von Mitarbeitern beklagt worden. Wer keine schriftliche Terminzusage vorweisen könne, werde an der Tür von Security-Personal abgewiesen. Die Demonstranten fordern eine bessere Zugänglichkeit, respektvollen Umgang und schnellere Terminvergabe. Die jungen Leute meinen: "Diese Behörde ist ein migrationsfeindlicher Ort."

Die Proteste werden von einem bundesweiten Bündnis koordiniert, das "Rassismus bekämpfen – Ausländerbehörde abschaffen" will und in zehn Großstädten Aktionen organisiert hat. Wobei die Auflösung des Amts auf Nachfrage nicht als ein Wunsch bezeichnet wird, der sofort verwirklicht werden solle, sondern der vor allem die Aufmerksamkeit auf die Missstände dort lenken solle. Eine der Aktivistinnen, Johanna, arbeitet ehrenamtlich in einer Beratungsstelle für Migranten. Sie beklagt, dass die Begleitung der Antragsteller durch den Dschungel der Onlineformulare doch von der Behörde selbst sichergestellt werden müsse und nicht auf die Zivilgesellschaft abgewälzt werden sollte.

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In der nächsten Woche soll im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten in unmittelbarer Nähe zur Ausländerbehörde ein "Frankfurt Welcome & Information Center" eröffnet werden. Das Vorhaben, das Diversitätsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg (Die Grünen) schon vor Monaten angekündigt hat, wird unter anderem ein Beratungs- und Informationsangebot für Menschen umfassen, die neu in Frankfurt sind. Das klingt fast so, als sollten dort auch frustrierte, weil an der Tür der Ausländerbehörde abgewiesene Antragsteller aufgefangen werden.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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