Bad Orb - Der Widerstand gegen ein Windkraftprojekt in Bad Orb schlägt weiter hohe Wellen. Um den geplanten Windpark in einem nahen Waldstück zu verhindern, werde man "alle rechtlichen Mittel" ausschöpfen, kündigt Bürgermeister Tobias Weisbecker (CDU) an.
Nach dem Willen der Kommune soll auf den Flächen ein zertifizierter Kur- und Heilwald entstehen - eine "Vision" und "zentrales Element für die Weiterentwicklung von Bad Orb als Heilbad der Zukunft", sagt der Bürgermeister.
Mit einer aufsehenerregenden Anzeigenkampagne in mehreren deutschen und dänischen Tageszeitungen hatte er sich zusammen mit dem Unternehmer Henning Strauss gegen das Vorhaben des dänischen Windkraftprojektentwicklers Ørsted gewandt. Zu den Unterzeichnern gehörte auch der Präsident von Eintracht Frankfurt, Mathias Beck. Darin wurde etwa bemängelt, die Entscheidung für das Projekt sei "über die Köpfe der Menschen" getroffen worden.
Projektentwickler: Kampagne gegen Windpark "absolutes Novum"
Ørsted weist das entschieden zurück. Die für die bis zu acht geplanten Windräder vorgesehene Fläche sei "im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens nach demokratischen Prinzipien" festgelegt worden, erklärte das Unternehmen. Die Kampagne in Bad Orb bezeichnet ein Sprecher des Unternehmens, das noch drei weitere Projekte in Hessen unterhält, als "absolutes Novum".
Bei den betroffenen Flächen handelt es sich um Staatswald, für den HessenForst zuständig ist. Der Landesbetrieb stellt nach eigenen Angaben geeignete Flächen, die in einem Teilregionalplan Energie ausgewählt werden, zur Windenergienutzung zur Verfügung. Der dänische Projektentwickler hatte eine entsprechende Ausschreibung gewonnen.
Klagen gegen 144 Windkraftanlagen in Hessen anhängig
Streit um solche Projekte gibt es vielerorts in Hessen. Mitte Januar waren laut Daten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Klagen gegen 144 Windkraftanlagen im Bundesland anhängig und damit gegen 19 Anlagen mehr als Mitte August vergangenen Jahres.
Bis 2050 will Hessen seinen Bedarf an Strom und Wärme möglichst vollständig aus erneuerbaren Energiequellen decken. Als treibende Kraft dabei gilt die Windenergie, für die zwei Prozent der Landesfläche als sogenannte Windvorranggebiete ausgewiesen werden sollen. Derzeit drehen sich insgesamt 1.174 Windräder im Bundesland.
Argumente von Befürwortern und Kritikern der Windkraftanlagen
Befürworter der Anlagen argumentieren vor allem mit dem Klimaschutz. Als erneuerbare Energiequelle trage Windkraft dazu bei, den Treibhausgas-Ausstoß zu reduzieren und damit den Klimawandel zu bekämpfen. Zudem könne die Windkraftnutzung die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und auch Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung schaffen.
Dagegen stören sich Kritiker an Veränderungen des Landschaftsbildes durch die Anlagen und verweisen auf mögliche negative Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere, etwa durch den Bau der Anlagen und durch Vogelschlag. Hinzu kommen mögliche Belastungen durch Lärm und Schattenschlag der Windräder. In wirtschaftlicher Hinsicht wird auf hohe Investitionskosten und eine schwankende Energieerzeugung verwiesen.
Bad Orbs Bürgermeister hofft auf Hilfe der Landesregierung
Bad Orbs Bürgermeister Weisbecker und Unternehmer Strauss betonen, ihr Widerstand richte sich nicht generell gegen Windkraft. "Es geht um diesen konkreten Ort", sagt Weisbecker. Der geplante Kur- und Heilwald lebe von einer "unberührten Natur", was mit den geplanten Windkraftanlagen nicht mehr gegeben wäre. "Es wäre ein beachtlicher Teil der Fläche versiegelt, wir hätten breite Zuwegungen, weil dort ja auch schwere Lastkraftwagen dann zu den Anlagen kommen müssen. Das alles ist ein sehr massiver Eingriff."
Man wolle jetzt in Gesprächen auch mit der hessischen Landesregierung und dem Regierungspräsidium Darmstadt als zuständiger Genehmigungsbehörde "Überzeugungsarbeit" leisten. "Rechtliche Schritte können wir erst dann einleiten, wenn ein konkretes Genehmigungsverfahren am Laufen ist", so Weisbecker. Dies ist bisher nicht der Fall. Chancen im Falle einer juristischen Auseinandersetzung verspreche man sich auch, weil sich in der Nähe zum Kur- und Heilwald auch die Trinkwasserversorgung von Bad Orb befinde und durch den Windpark in Gefahr geraten könne.
Projektentwickler weist Argumente der Kommune zurück
Ørsted hält dagegen: Die Flächenversiegelung durch die Anlagen sei mit voraussichtlich rund einem halben Hektar für die Fundamente minimal, und der Trinkwasserschutz sei "ein wesentliches Thema im Genehmigungsverfahren". Deshalb werde vorab auch mit einem hydrogeologischen Fachgutachten detailliert geprüft, ob es hier besondere Schutzmaßnahmen brauche.
Unternehmer: arbeiten an "Neupositionierung" von Bad Orb
Henning Strauss, der zusammen mit seinem Bruder Steffen den Arbeitsbekleidungsanbieter Engelbert Strauss leitet und auch Investor des neuen Gesundheitszentrums Balnova in Bad Orb ist, betonte, dessen Gesundheitsleistungen und der Heilwald sollten künftig nicht nur den Profi-Fußballern von Eintracht Frankfurt, sondern auch anderen Gästen zur Verfügung stehen. Engelbert Strauss ist auch Sponsor des Bundesligisten. Man arbeite zusammen mit der Stadt "sehr konstruktiv an einer Neupositionierung des Standorts", sagte Strauss. © Deutsche Presse-Agentur
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