Frankfurt: Viele Jahre hat Manfred Niekisch den Frankfurter Zoo wieder mit aufgebaut. Jetzt ist der Biologe, der sich auch international einen Namen machte, im Alter von 73 Jahren gestorben.
Manfred Niekisch war immer schon da, bevor man ihn sah. Schwere Schritte waren zu hören, bevor er mit seiner zwei Meter hohen, kräftigen Statur um die Ecke bog. Oft schon aus der Ferne war seine Stimme zu hören, die er nie eigens erheben musste. Sie hatte einen ganz eigenen, aus tiefer Resonanz herrührenden Ton. Ein Weggefährte nannte ihn einmal: imposant. Das trifft es wohl. Niekisch wusste selbst um seine Wirkung, denn er sagte einmal, er setze gerne seine laute Stimme ein für die, die es aus seiner Sicht am dringendsten brauchten. Und damit meinte er die Tiere. Vor allem jene, die vom Aussterben bedroht sind.
Und so war die Stelle des Frankfurter Zoodirektors wie geschaffen für den Biologen, der schon seine Kindheit damit verbrachte, in seiner Heimatstadt Nürnberg in alten Tümpeln nach Fröschen zu suchen. Verschiedene Exemplare davon fanden sich Jahrzehnte später als Exponate auf der Fensterbank seines Büros im Frankfurter Zoogesellschaftshaus. Sein Lieblingstier war die Gelbbauchunke. Als Jugendlicher richtete er sich in seinem Zimmer ein Terrarium mit Molchen ein. Seine Tätigkeit als Naturschützer verband er mit Reisen oder Wanderungen in den Anden. Im Hochland Neuguineas war er nur mit Pferd und Wagen unterwegs. Es hätten ihn immer schon die "verrückten Gebiete" gereizt.
Den Zoo auf Vordermann gebracht
Dagegen war der Frankfurter Zoo geradezu beschaulich. Aber nicht minder interessant. Als Niekisch im Jahr 2008 das Amt des Zoodirektors antrat, fand er einen Tiergarten vor, in dem es in Teilen an der Grundversorgung mangelte. Niekisch, ein geübter Netzwerker, verbrachte viel Zeit mit Verantwortlichen der Stadtpolitik, auf Empfängen, in Arbeitsgruppen – mit dem Erfolg, dass die Stadt am Ende ein 30-Millionen-Euro-Paket ermöglichte, um den Zoo wieder auf Vordermann zu bringen. Die Bärenanlage wurde mit dem Geld gebaut, außerdem die Quarantänestation. Zudem wurde auch die neue Pinguinanlage schon mitbedacht. Unter Niekischs Führung entstand auch das Menschenaffenhaus, der Borgori-Wald.
Die Vision des 1951 in Nürnberg geboren Biologen, der immer auch die Bedeutung der Zoologischen Gesellschaft Frankfurts als einer weltweit operierenden Naturschutzorganisation herausgestellt hat, war, dass sich der Zoo eines Tages zu einem international wegweisenden Naturschutzzentrum entwickeln könnte. Die Wissenschaft ließ er nie ganz ruhen. So hatte er die Professur "Internationaler Naturschutz" an der Goethe-Universität Frankfurt inne. Als Naturschützer war er unter anderem für die Tropenwaldstiftung Oro Verde tätig. Ehrenamtlich engagierte er sich als Präsident der Society for Tropical Ecology sowie als Vizepräsident der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und wurde in den Sachverständigenrat für Umweltfragen der damaligen Bundesregierung berufen.
Als er 2017 in den Ruhestand ging, hatte er sich seine Zukunft folgendermaßen vorgestellt: regelmäßige Reisen nach Buenos Aires, seiner Lieblingsstadt. Dort stöberte in Antiquariaten nach Büchern über die Welt der Amphibien, die später Platz fanden in den meterhohen Regalen seiner Bad Homburger Altbauwohnung. Bis zuletzt blieb er dem Naturschutz verbunden. Am 11. November ist Manfred Niekisch im Alter von 73 Jahren gestorben. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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