Weltkulturen Museum: Die Ausstellung "Country bin pull'em" im Weltkulturen Museum in Frankfurt spürt der Frobenius-Expedition nach Westaustralien im Jahr 1938. Sie lädt dazu ein, die tief verwurzelte spirituelle Verbindung der Aborigine-Kultur zu entdecken.

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Die Geste spricht für sich. "Es ist wirklich hier", sagt Leah Umbagai und fasst sich mit beiden Händen an den Brustkorb, um die innige Verbindung zu dem Bild zu betonen, das vor ihr hängt. Werke wie dieses seien mehr als nur Gemälde, sagt Umbagai: "Es ist die Verbindung zu unserer Identität – zu dem, wer wir sind." Die 1974 geborene Aborigine-Künstlerin steht zusammen mit der indigenen Forscherin und Künstlerin Rona Charles, die ebenfalls aus dem westaustralischen Kimberley-Gebiet stammt, der australischen Ethnologin Kim Doohan und dem Ozeanien-Kustos Matthias Claudius Hofmann in einem Saal des Frankfurter Weltkulturen Museums. Dort wird die Ausstellung "Country bin pull’em – Looking back together" aufgebaut. Auch wenn überall noch Leitern, Luftpolsterfolie und Werkzeuge herum stehen und liegen, sind an diesem Oktobertag schon einige fertig eingerichtete Räume zu besichtigen.

Was Umbagai derart berührt, sind Felsbilder der Wanjina-Wunggurr-Gemeinschaften, deren Alter laut Hofmann bis zu 6000 Jahre beträgt. Im Museum sieht man großflächige Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Bilder, die 1938 und 1939 auf einer Expedition durch Nordwestaustralien entstanden. Die ethnographische Forschungsreise ging vom damaligen Institut für Kulturmorphologie, dem heutigen Frobenius-Institut der Goethe-Universität, sowie dem Städtischen Völkermuseum aus, der Vorgänger-Institution des Weltkulturen Museums. Institut und Museum wurden damals von dem Ethnologen Leo Frobenius (1873 bis 1938) geleitet.

Zum fünfköpfigen Expeditionsteam gehörten neben drei Ethnologen auch die Malerinnen Agnes Schulz und Gerta Kleist. Die von ihnen damals am Ort angefertigten, lebensgroßen Kopien einiger Ausschnitte der Felsgemälde sind nun ebenfalls im Weltkulturen Museum zu sehen. Sie überlagern die Schwarz-Weiß-Fotografien zum Teil – und werden durch die von Umbagai und Charles geschaffenen Versionen ergänzt, die während eines Gastaufenthalts in Frankfurt im November 2023 entstanden. Auch Charles betont die starke emotionale Verbindung zu den Objekten: "Wir malen, weil das ein Teil von uns ist." Es gehe darum, "die Geschichten am Leben zu erhalten", denn: "Jedes Felsbild erzählt uns eine Geschichte." Charles und Umbagai haben dabei nur Interpretationen von Felsbildern angefertigt, die ihrer jeweiligen Gemeinschaft zugeordnet sind. Eine aktive Interaktion mit den Felsgemälden steht nur den "Traditional Owners" zu, Aborigine-Gemeinschaften mit einem traditionellen spirituellen Bezug zu einem bestimmten Gebiet ("Country").

"Das Country ist etwas Spirituelles"

Schulz und Kleist hätten ihre Kopien zwar in Anwesenheit von Traditional Owners angefertigt, sagt Hofmann, kuratorischer Leiter der Ausstellung. Trotzdem hätten die aus Frankfurt angereisten Malerinnen damit gegen kulturelle Protokolle der westaustralischen indigenen Communitys verstoßen. Aus ebendiesem Grund wird das Fotografieren und Skizzieren der Ausstellungsexponate nicht möglich sein. Für deren öffentliche Präsentation seien Genehmigungen der Traditional Owners eingeholt worden, versichert Hofmann.

Neben dem Weltkulturen Museum und dem Frobenius-Institut waren auch die Aborigine-Organisationen Dambimangari, Wilinggin und Wunambal Gaambera sowie das Zentrum für Felsbildforschung der University of Western Australia in Perth an dem mehrjährigen Forschungs- und Ausstellungs-Projekt beteiligt. Der Titel der Schau, "Country bin pull’em", bedeute so viel wie "Das Land hat sie zu sich gezogen", erklärt Hofmann. Das spirituell aufgeladene "Country" habe, so die indigene Sichtweise, die deutschen Forscher zu sich geholt. Wie umfassend dieser mit "Gebiet" oder "Land" nur unzureichend zu übersetzende Begriff ist, unterstreicht Umbagai: "Es ist unser Erbe und unsere Tradition." "Das Country ist etwas Spirituelles. Europäer würden sagen, es ist beseelt", ergänzt Hofmann.

Welche Bedeutung die jetzt in Frankfurt gezeigten Objekte für die Aborigine-Gemeinschaften am Ort haben, zeigte eine Australien-Reise des Frobenius-Instituts im Jahr 2022. Die Frankfurter Forscher überreichten den jeweiligen Traditional Owners zahlreiche Drucke der 1938/39 angefertigten Felsbildkopien sowie eine digitale Datenbank der historischen Frobenius-Expedition. Die Materialien seien seit den Dreißigerjahren nicht mehr in Australien gezeigt worden, so Hofmann. Die symbolische Rückgabe der Materialien habe die indigenen Communitys bewegt. "Die Leute konnten es nicht glauben", erinnert sich Kim Doohan.

"Welcome Smoking"-Zeremonie am Eröffnungsabend

Die Begegnung mit den Zeugnissen der Expedition ermöglichte Charles und Umbagai eine Verbindung zu teils vergessenen Traditionen. So konnten sie anhand damals entstandener Fotografien einen traditionellen Tanz wieder zum Leben erwecken. Eine Person, die im Jahr 1938 noch Kind gewesen sei, habe sich an die dazugehörige Komposition erinnern können, berichtet Charles. Die Fotografien hätten zudem geholfen, die Tänzer anhand ihrer Körperbemalung zuzuordnen. Die von Schulz und Kleist neben den Felsbildkopien geschaffenen Porträtzeichnungen einzelner Aborigines ermöglichten es Charles und Umbagai sogar, einige ihrer Vorfahren zu identifizieren. "Es war gut, alte Menschen zu sehen, denen wir als junge Menschen nicht begegnen konnten", sagt Umbagai, auf die akribisch ausgeführten Zeichnungen blickend.

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Für die Dauer der Ausstellung wird das Weltkulturen Museum zu einem Ort indigener Kulturen Australiens, die Charles und Umbagai mit großem Stolz in sich tragen. Am Eröffnungsabend laden sie zu einer "Welcome Smoking"-Zeremonie ein, um die Ausstellungsbesucher angemessen zu begrüßen. "Der Rauch ist wie eine Heilung, ein Schutz, eine Ermutigung zum Wachsen und zur Freiheit des Geistes, um unsere Einladung wahrzunehmen", schreiben Charles und Umbagai. "Bitte treten Sie ein und genießen Sie."

Country bin pull’em, Eröffnung 31. Oktober, 19 Uhr, 1. November bis 31. August 2025, Weltkulturen Museum, Schaumainkai 29-37, Frankfurt  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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