F.A.Z. exklusiv: Ihr Ko-Vorsitzender Andreas Ewald sei auf seinen Auslandsreisen als Privatmann unterwegs gewesen, versicherten die hessischen Grünen der Bundestagsverwaltung. Dass dies eine falsche Auskunft war, wird jetzt besonders anschaulich belegt.
Die Beweise dafür, dass die Grünen der Bundestagsverwaltung eine falsche Auskunft erteilt haben, mehren sich. Und sie gewinnen an Anschaulichkeit. Bislang ließ sich die Deklaration der beiden umstrittenen Auslandsreisen des hessischen Ko-Vorsitzenden Andreas Ewald als Privatsache nur durch die schriftliche Kommunikation des geschäftsführenden Landesvorstands widerlegen.
Jetzt kommt die Mappe hinzu, in der die Teilnehmer der "UK and German State Parlamentarian Delegation to Israel" vorgestellt wurden. In dem der F.A.Z. vorliegenden Auszug ist Ewald mit Bild als "Chairman of Alliance 90/The Green in the State of Hesse" aufgeführt. Die kurze Vita beginnt mit seiner Wahl zum Ko-Vorsitzenden im Januar 2024.
Der Bundestagsverwaltung hatten die Grünen in einer E-Mail erklärt, dass Ewald die Reisen "außerhalb seiner dienstlichen Pflichten" getätigt habe. Mit dieser Auskunft, die geheim bleiben sollte, wurde das Ziel verfolgt, die Partei gleichsam aus der Schusslinie zu nehmen. Wäre Ewald als Privatbürger in Israel und Nordamerika gewesen, hätten die Grünen damit nichts zu tun gehabt. Tatsächlich reiste der Fünfunddreißigjährige aber als Vertreter der Partei.
Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren
Indem er die Einladungen annahm, verzeichnete die Partei einen geldwerten Vorteil in Höhe der Reisekosten von insgesamt rund 30.000 Euro. Vieles spricht dafür, dass die Zuwendungen als Spenden zu betrachten sind. Weil sie aus dem außereuropäischen Ausland stammen, sind sie illegal.
Sollte die Justiz den Fall so einschätzen, kämen auf die Partei erhebliche rechtliche und finanzielle Schwierigkeiten zu. Aufgrund der E-Mail, die der ebenfalls F.A.Z. vorliegt, teilte dass das Parteispenden zuständige Referat der Bundestagsverwaltung Anfang November mit, dass die Auslandsreisen nicht zu beanstanden seien – allerdings nicht ohne mehrfach zu betonen, dass diese Einschätzung allein auf der Darstellung des Sachverhalts durch die Partei beruhe.
Nach der Berichterstattung über die Täuschung der Behörde durch die Grünen ist sie nun offen für eine neue rechtliche Bewertung. In einer ersten Reaktion auf eine Anfrage der F.A.Z. teilte die Bundestagsverwaltung am Donnerstag kurzfristig mit, dass "entsprechende Hinweise und Berichte" zur Kenntnis genommen "und ggf. ausgewertet" würden.
Bundesgeschäftsstelle der Partei schweigt seit Wochen
Die Bundestagsverwaltung gilt zwar in der breiten Öffentlichkeit als wichtige Instanz, verfügt allerdings nicht über die durchgreifenden Kontrollbefugnisse einer Ermittlungsbehörde. So kann sie Auskünfte von Parteien zunächst nur auf ihre Plausibilität hin überprüfen.
Erst wenn es einen Anlass zu "Nachfragen" gebe, würden sie gestellt, so das Pressereferat in Berlin. Strafverfolgungsbehörden können anders agieren. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden teilte am Donnerstag mit, dass die Prüfung, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, noch andauere.
Die für die Kontakte des grünen Landesverbands zur Bundestagsverwaltung eigentlich verantwortliche Bundesgeschäftsstelle der Partei schweigt seit Wochen zu dem Fall. Auch die neue Schatzmeisterin Manuela Rottmann ließ eine Anfrage der F.A.Z. bislang unbeantwortet. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.