Cro in der Festhalle Frankfurt: Wo ganze Familienverbände rappen und Pärchen für die "Kisscam" posieren: Auf seiner "Cronicles"-Tour hält Cro in Frankfurt und hat für wirklichen jeden was dabei.

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Lässt sich das noch unter charmantem Anschwindeln verbuchen oder gilt das schon als Teil der ganz großen Illusion? Gerade eben erst hat der Rapper, Sänger, Komponist, Texter, Multiinstrumentalist und Produzent Cro das extravagante Entertainment mit seinem Durchbruchshit "Easy" fulminant durchgestartet, da flötet er auch schon: "Frankfurt ist das beste Konzert der ganzen Tour!". Von den Fans in der ausverkauften Frankfurter Festhalle erntet er, logo, grenzenlosen Jubel.

Wer wäre schließlich nicht gerne Teil von "das Beste"? Das hebt nochmals die ohnehin schon überbordenden Feierstimmung. Da blickt selbst der eben noch sichtlich genervte Familienvater ein ganzes Stück positiver drein.

Parallel zum erwartbaren Damenüberschuss diverser Altersklassen laufen zur Rhein-Main-Stippvisite der "Cronicles Tour 2024" ganze Familienverbände auf: Papa mit Mama an der Hand führt die Halbwüchsigen samt jüngerer Geschwister an. Gelegentlich gesellen sich auch noch die rüstigen Großeltern hinzu. Wobei auffällig oft die Väter sich an den langen Schlange am Fressalienstand anstellen, um Getränke und Snacks zu besorgen.

Manche verpassen also, wie Cro auf dem langgezogenen Catwalk schon unter hysterischem Geschrei der Besucherschar gerade einen weiteren seiner Klassiker aus rund drei Dutzend Songs an. Gebannt verfolgt die Menge die exzentrischen Faxen des putzigen Fabelwesens mit der Pandamaske in exotischer Kulisse.

Eigentlich handelt es sich um drei verschiedene Gesichtsumhüllungen: Cro wechselt sie ebenso wie die zum Teil spektakulären Kostümierungen. Allesamt Designs, in denen sich die verschiedene Karrierephasen des mittlerweile 34 Jahre alten Carlo Waibel aus dem baden-württembergischen Mutlangen mit Zweitwohnsitz Bali widerspiegeln.

Ob das Multitalent ohne diese Maske auch seine bislang fünf Studioalben sowie einen MTV-Konzertmitschnitt hätte auf Rang eins der Charts platzieren können? Schließlich lebt das Faszinosum Cro ja von der Anonymität seines Erfinders – in so eine Kunstfigur lässt sich ja alles mögliche projizieren.

Weit mehr noch als die durch gleichnamigen Marvel-Comic inspirierten Rap-Kollegen von Die Fantastischen Vier verkörpert Cro das exakte Gegenteil des deutschen Gangsta-Rap: Hier der überschlanke Jüngling in niedlicher Optik samt Love-Peace-&-Happiness-Botschaft, dort die zu mächtigen Testosteron-Muskel-Bomben aufgepumpten Clan-Machos mit Tätowierungen und rüdem Tonfall.

Love and Peace und Bad in der Menge

Dass Cro in Sachen Kreativität etwas taugt, steht außer Frage. Mit einem kompetenten Ensemble im Rücken inklusive drei stimmgewaltiger Chorvokalistinnen, rappt, singt und plaudert sich der Künstler in einem Deutsch-Englisch-Kauderwelsch durch sein bisheriges Œuvre: Stürmisch bejubeltes, textsicher mitgesungenes älteres Material wie "Traum", "Unendlichkeit", "Bad Chick", " Victoria’s Secret" und "Einmal um die Welt", clever angereichert mit Samplings bekannter Hits, oszilliert zwischen Rap und Pop, was Cro kurzerhand als "Raop" bezeichnet. Wobei auch Soul, Funk und Rhythm’n’Blues maßgeblich mitwirken.

Neuere Songs wie "Herz", "Boom", "Nie weg" oder "Hoch / High" driften hingegen in die Electronic Dance Music mit subsonischen Bässen und digitalen Beats, wo, abgesehen vom kollektiven Hüftschwingen, der Mitmacheffekt sich in Grenzen hält. Durch den Verzicht auf eine Song-Chronologie fällt das dramaturgisch allerdings nicht weiter ins Gewicht.

Zumal Cro sich immer wieder diverse Gags und Gimmicks leistet: Da dürfen zuerst ein Duo, dann noch weitere Teilnehmer aus dem Publikum von der Bühne aus mit zwei überdimensionierten Basketbällen spielen, um T-Shirts und Mützen zu ergattern. Zum Einsatz kommt minutenlang auch die Kisscam: Pärchen aus dem Auditorium lassen sich beim intensiven Küssen filmen. Schließlich gewährt Cro, ganz in Weiß in eine futuristische Kostümierung mit Stacheln auf beiden Schulterpartien gehüllt, auch noch intensive Tuchfühlung.

Zuerst empfiehlt er sich auf kleinerer B-Stage zur Hallenmitte als DJ und abermals als Keyboarder. Zurück zur Hauptbühne geht es dann zu Fuß mitten durchs Publikum. Da kann Cro jede Menge Hände abklatschen, für Sekunden-Selfies mit den Fans posieren und kriegt mitunter von beiderlei Geschlechtern mit Hingabe auch noch Küsschen auf sein jüngstes Maskenmodell aus dem 3D-Drucker gedrückt.

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Auf der Zielgeraden darf Rapper und DJ Badchieff, unter Vertrag bei Cros Label Truworks Records, einen Hit zum Besten geben: "9 bis 9". Cro endet, wie er begonnen hat: Mit seinem ersten Hit "Easy". Darin mäandert der Melodiereigen aus dem Soulklassiker "Sunny" von Bobby Hebb. Boney M. gelang in den Siebzigerjahren damit ein Welthit.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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