Rhein Petroleum insolvent: Nachdem das Heidelberger Unternehmen Rhein Petroleum Insolvenz angemeldet hat, stehen die Ölbohrungen im hessischen Ried vor dem Aus. Dabei hieß es noch vor einem Jahr, in der Tiefe stecke ein besonders guter Stoff.

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Ziemlich genau vor einem Jahr war Peter Appel, Geschäftsführer des Heidelberger Unternehmens Rhein Petroleum noch voller Optimismus: "Vieles deutet auf ein interessantes Erdöl-Vorkommen hin, das sowohl bei der Menge als auch bei der Qualität der Lagerstätten über unseren Erwartungen liegt", sagte er nach der Auswertung von Probebohrungen in Riedstadt und bezeichnete es als sehr wahrschein, dass sein Unternehmen die Erdölförderung in Hessen demnächst ausweiten werde.

Jetzt sieht es nach dem Gegenteil aus: Appel musste Insolvenz anmelden, der zweite Frühling im "Dallas im Ried" scheint schon wieder vorüber zu sein. 2018 hatte das Heidelberger Unternehmen Rhein Petroleum für Aufsehen gesorgt, als es im hessischen Ried bei Stockstadt wieder nach Öl bohrte.

Denn zwischen 1952 und 1997 war die Region eine der wichtigen deutschen Regionen mit Ölvorkommen, in diesem Zeitraum waren mehr als eine Million Tonnen Öl gefördert worden. Doch 1997 wurde die letzte Bohrstelle mit den typischen Pferdekopfpumpen geschlossen, denn preislich konnte das hier geförderte Öl mit der Ware aus den traditionellen Ölförderländern nicht mehr mithalten.

Qualitativ hingegen schon, die Ölvorkommen im Ried sind leicht, schwefelarm und reich an Inhaltsstoffen. Für den Autotank wären sie damit viel zu schade, zu teuer ohnehin. Aber unter anderem aber in der Pharmazie und der weiterverarbeitenden Industrie wären sie willkommen. Deshalb sah die Rhein Petroleum eine neue geschäftliche Chance und startete mit aufwendigen Probebohrungen.

Weniger Öl als erwartet

Die Suche mit Rüttlerfahrzeugen nach geeigneten Standorten in der gesamten Republik und später die Installation großer Bohrtürme für Probebohrungen kosteten Millionen. 2018 wurde bei Stockstadt die erste Bohrstelle in Hessen mit dem Namen "Schwarzbach I" in Betrieb genommen und brachte einen Ertrag von bis zu 100.000 Liter Öl pro Woche. Trotz der besseren Qualität ist auch dieses den Preisschwankungen des Rohölmarktes unterworfen.

Dennoch ermutigt von den guten Fördermengen auf dem ersten Bohrfeld wurde schon bald in unmittelbarer Nähe abermals in der Tiefe gesucht und das Bohrfeld "Schwarzbach II" eingerichtet. Doch das in porösen Pechelbronner Schichten enthaltene Öl, das aus bis zu 1600 Meter Tiefe gefördert wurde, sprudelte nicht wie erwartet. Pro Woche waren es zuletzt nur knapp 45.000 Liter.

Bohrflüssigkeit hatte das poröse Gestein offenbar teilweise verstopft. Deshalb wurde abermals ein Bohrturm aufgestellt, um in großer Tiefe eine Abzweigung zu bauen, um das Öl von dort an die Oberfläche zu holen.

Dieser enorme und sehr teure Aufwand hat dem Unternehmen jetzt offenbar die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Die finanzielle Schieflage soll bereits einige Jahren zurückreichen, zuletzt war das Unternehmen nicht mehr in der Lage, seine Schulden zu tilgen, Gewinn hatte es noch nie ausgewiesen.

Das für Ende dieses Jahres geplante Bohrfeld "Schwarzbach III" und das Bohrfeld "Schwarzbach IV", für die bereits die Genehmigungen vorlagen, wird es also nicht mehr geben. Öl wird aktuell nur noch aus dem Bohrfeld I gefördert, das zweite ist bereits stillgelegt.

Guter Markt für das hochwertige Öl

Der beauftragte Insolvenzverwalter Henrik Schmoll versucht nun, das hoch verschuldete Unternehmen an einen Investor zu verkaufen, er gab sich im Gespräch mit der F.A.Z. zuversichtlich, einen neuen Geldgeber zu finden. mehrere Gespräche mit Interessenten liefen bereits. Für das hochwertige Öl gibt es laut Schmoll einen guten Markt.

Der Investor müsste die Verbindlichkeiten des Unternehmens Rhein Petroleum, das 2007 von der Deutschen Rohstoff AG und der Tulip Oil gegründet und 2022 an die britische Gesellschaft Beacon Energy verkauft wurde, nicht übernehmen. Ein Betrag für die vorhandenen Förderanlagen wird allerdings erwartet.

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Das gilt auch für die weiteren Bohrstellen in Weingarten und in Bruchsal in Baden-Württemberg, die derzeit stillgelegt sind. Öl sei dort aber noch vorhanden, hieß es. Es liege nun an einem möglichen Investor, ob auch diese Bohrfelder wieder in Betrieb genommen würden oder ob er nur das Öl aus dem Ried fördere. Deutschlandweit wurden zuletzt rund 1,7 Millionen Tonnen Erdöl im Jahr gefördert, das deckt etwa zwei Prozents des Bedarfs.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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