Analoge Kommunikationstechnik: Fast wäre das Fax-Zeitalter in der Frankfurter Stadtverwaltung mit dem Jahreswechsel zu Ende gegangen.
Doch für das Verbleiben des Geräts gibt es gute Gründe. Warum sich der Schritt nicht nur dort verzögert.
Der Hinweis auf der Internetseite könnte einen Teil der Menschen verunsichern, die der Bauaufsicht ein Dokument übermitteln wollen: "Die Stadt Frankfurt stellt den Service des elektronischen Faxes zum 31. Dezember 2024 vollständig ein", heißt es dort. "Ab dem 01.01.2025 können wir daher leider keine Dokumente mehr per Fax empfangen." So hatte es auch die Deutsche Bundesbank angekündigt.
Zur Beruhigung sei gesagt, dass die Stadtverwaltung trotzdem noch angefaxt werden kann. Denn wie so oft bei einem bedeutenden technologischen Schritt ist die Sache kompliziert. Ungefähr so wie 1977, als die Deutsche Bundespost "noch in diesem Jahr einen neuen Dienst für Fernkopieren (‚Telefax‘) einführen" wollte, wie es damals in der F.A.Z. hieß. Tatsächlich wurde es 1979.
Nun zieht sich auch das Ende des städtischen Fax-Zeitalters ein wenig hin, nach derzeitigem Stand bis Ende des neuen Jahres 2025. Dabei hat es nicht am Willen im Dezernat der für Digitales zuständigen Stadträtin Eileen O’Sullivan (Volt) gefehlt. Vom 1. Juli 2022 an habe das Amt für Informations- und Kommunikationstechnik keine neuen Hardware-Faxgeräte mehr beschafft, teilt ihr Sprecher mit, und seit dem 1. Januar 2023 würden auch keine mehr repariert und gewartet.
Fernkopien als E-Fax möglich
Nachdem Ämter und Betriebe die meisten Geräte gekündigt und verschrottet hätten, würden von den ursprünglich etwa 2500 Geräten nach Schätzung des Digitaldezernats noch eine "niedrige bis mittlere dreistellige Anzahl" eigenverantwortlich in den Dienststellen betrieben.
Nun ist zum Faxen längst keine Hardware mehr nötig, Fernkopien können als E-Fax über das E-Mail-Programm empfangen und versandt werden. Dafür betreibt die Stadt Frankfurt einen Faxserver, der an das Mailsystem gekoppelt ist. Und dieser sollte nach dem ursprünglichen Plan Ende 2024 abgeschaltet werden – was den Hinweis der Bauaufsicht erklärt.
Einige wichtige Kommunikationspartner der Ämter und Betriebe seien aber nach eigener Aussage in der Praxis immer noch auf das Fax angewiesen, weil sie die rechtskonformen Postfächer noch nicht nutzten, so der Sprecher des Digitaldezernats. Deshalb verschiebe man das Abschalten des E-Fax-Servers voraussichtlich auf den 31. Dezember 2025. Für die städtischen Ämter selbst gebe es nach Kenntnis des Digitaldezernats keine zwingende Notwendigkeit zum E-Fax-Betrieb.
eBo, EGVP und beBPO sind die Zukunft
Die rechtskonformen Alternativen tragen Abkürzungen wie eBO für "elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach" und EGVP für "Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach". Bis man beBPO aufgeschlüsselt hat, das für "besonderes elektronisches Behördenpostfach zur rechtskonformen und sicheren elektronischen Kommunikation mit Gerichten und anderen Behörden" steht, hätte man ein Dokument fast schon gefaxt. Gleichwohl gehört diesen Übermittlungsmethoden die Zukunft.
Vor vier Jahren war das Frankfurter Gesundheitsamt eine der Behörden, in denen das Faxgerät zur Übermittlung von Daten zu Corona-Infektionen eine ungewollte Blüte erlebte. Inzwischen seien für nahezu alle Anwendungsfälle rechtskonforme Lösungen gefunden worden, sagt eine Sprecherin. Ob Behördenpostfach, Onlinelaborabruf oder Funktionspostfächer für die Kommunikation im Gesundheitswesen: Das Frankfurter Gesundheitsamt selbst sieht sich gerüstet.
Um für andere erreichbar zu sein, benötige man aber noch das E-Fax. Dazu zählten Arztpraxen, aber auch Amtsgerichte. So seien Gerichte erst vom 1. Juni 2026 an verpflichtet, elektronische Akten ohne Medienbruch zu führen. "Generell gibt es nicht die ,eine‘ Lösung, die alle E-Fax-Anwendungsbereiche vollständig ersetzen kann", sagt die Sprecherin des Gesundheitsamts.
Datenschutz bei personenbezogenen Daten
Schien das klassische Faxgerät in der Pandemie unverzichtbar, so hat die Übermittlung personenbezogener Daten aus Sicht des Hessischen Datenschutzbeauftragten Risiken, was die Vertraulichkeit angeht. Die von ihm angeführten Punkte kennt jeder, der einst per Fax kommuniziert hat: Die fehlerhafte Anwahl eines Empfängers und eine fehlerhafte Umleitung etwa.
Hinzu komme das Abhören der Übermittlung bei unverschlüsseltem Versand, der meist die Regel sei. Bei besonderer Eile und wenn sichergestellt sei, dass die Sendung nur dem richtigen Empfänger zugehe, könne zwar auch die Übermittlung personenbezogener Daten per Fax rechtmäßig sein. Doch der Datenschutzbeauftragte fordert die öffentlichen Stellen dazu auf, datenschutzkonforme Alternativen wie verschlüsselte elektronische Postfächer anzubieten.
Nicht nur für Menschen, die jünger als 30 Jahre sind, ist das Faxgerät zum Synonym für die digitale Rückständigkeit Deutschlands geworden. Doch wie das bei alter Technik manchmal ist: Wenn Tugenden wie Verlässlichkeit gefragt sind, schlägt ihre Stunde.
Die Vorteile der älteren Technik
Als die IT der Frankfurter Universitätsklinik 2023 von einem Hackerangriff lahmgelegt wurde und keine E-Mails mehr verschickt werden konnten, war das Faxgerät neben dem Telefon eine der wenigen Kommunikationsmöglichkeiten. Das ist auch der Grund, warum das Innenministerium unter den hessischen Ministerien mit 179 noch die meisten Faxgeräte hat.
Für Polizei und Katastrophenschutz stünden als Element der Cybersicherheit Faxgeräte als Redundanzoption bei technischen Ausfällen zur Verfügung, teilt das Innenministerium mit. Auch könnten sie für bestimmte Rechtsgebiete die erforderliche physische Kopie mit Zeitstempel und Unterschrift gewährleisten.
Und nach dem Telekommunikationsgesetz sei es erforderlich, über die Notrufnummern 110 und 112 auch per Fax erreichbar zu sein. Solche Notruffaxe, mit denen sich behinderte Menschen und solche mit eingeschränkter Sprachfähigkeit bemerkbar machen könnten, würden wie jeder andere Notruf behandelt. Allerdings gebe es auch für diese Fälle inzwischen entsprechende Notruf-Apps.
Allerdings stößt das Fax als alternativer Kommunikationsweg an Grenzen. Bei der Stadt Frankfurt etwa, wie der Sprecher des Digitaldezernats erläutert. Denn die Verwaltung nutze Internettelefonie, über die auch die E-Faxe übertragen würden. Mit anderen Worten: Wird die IT gehackt, ist auch Schluss mit Faxen. Wenn also die Jugend nicht Faxgeräte noch als Ausdruck von "Vintage Communication" wiederentdeckt oder ein Influencer die ratternden Kisten zur Dubai-Schokolade der Telekommunikation erklärt, ist der Abschied kaum aufzuhalten.
Dabei waren die Geräte einst ein Zeichen des Fortschritts: Bis das Offenbacher Polizeipräsidium Anfang der Neunzigerjahre technisch aufrüstete, mussten Redaktionen den täglichen Polizeibericht zur Mittagszeit an der Pforte persönlich abholen. Und ein Statussymbol: Die Bundespost bot 1980 ein neuartiges Gerät an, das sich automatisch einschaltete und mit dem man Fernkopien auch in Abwesenheit entgegennehmen konnte – für eine Miete von 297 D-Mark im Monat.
Neugeräte kosteten anfangs 6000 bis 18.000 D-Mark. Bis 1989 dann hatte sich das Verb "faxen" im Büroalltag durchgesetzt. Das zeigt nichts besser als die Klage über unaufgefordert zugefaxte Reklame mit oft fragwürdigen Angeboten ("Rabatt bei der Abnahme von 500 Kakteen"). Hier also finden die Generationen wieder zueinander. Spam gab es auch ohne Computer schon. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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