Frankfurt/Main - Bei Verdachtsberichterstattung während eines laufenden Strafverfahrens müssen Medien dem oder der Angeklagten Gelegenheit zur Stellungnahme geben und diese Reaktion auch in die Berichterstattung einbauen. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, wie das Gericht mitteilte.

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Im konkreten Fall hatte sich der Kläger - ein israelischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Hessen - gegen zwei hebräische Veröffentlichungen gewehrt. Darin wurde der Mann mit vollem Namen genannt und auf Fotos gezeigt - eine Stellungnahme von ihm aber fehlte. Unter anderem wurde berichtet, dass Deutschland die Auslieferung des Mannes fordere, um ihn wegen Betrugs innerhalb einer kriminellen Vereinigung zu verfolgen. Er sei auf dem Weg von Israel nach Kiew verhaftet worden.

Auch Bilder sind zu viel

Die Presse dürfe zwar nicht grundsätzlich auf anonymisierte Berichterstattung beschränkt werden, hieß es vom Gericht. "Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien", erläuterte der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat. Der vorliegende Fall falle allerdings in den Bereich der Verdachtsberichterstattung. Diese erfordere vor der Veröffentlichung eine Konfrontation des Betroffenen mit dem konkreten Gegenstand der geplanten Berichterstattung, zu denen er Stellung nehmen können müsse. Diese Anhörung fehle hier.

Dagegen wehrte sich der Mann. Das Landgericht Frankfurt hatte seinen Unterlassungsantrag allerdings zunächst abgewiesen. Daraufhin legte er Beschwerde ein, die überwiegend erfolgreich war. Der Kläger könne die Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung verlangen, entschied der Senat. Die identifizierende Berichterstattung sei hier unzulässig. Der Kläger könne auch verlangen, dass von ihm keine Bilder im Zuge der Berichterstattung veröffentlicht werden. Die Erkennbarkeit des Mannes berge nämlich das Risiko einer nochmals verstärkten "Prangerwirkung". Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.  © Deutsche Presse-Agentur

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