Logistik-Forschungsprojekt: Vier Wochen lang haben die Frankfurt University of Apllied Sciences, die Verkehrsgesellschaft Frankfurt und Amazon gemeinsam getestet, ob das Projekt einer Gütertram funktioniert.

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Ganz neu ist die Idee nicht, mit Straßenbahnen anderes zu befördern als nur Personen. Frankfurts Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) erinnerte daran, dass im 19. Jahrhundert mit der Tram die Post befördert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhr die "Gemüsebahn", um die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Holz zu versorgen. Und heute, sagte der Grünen-Stadtrat, brauche es eine Güterstraßenbahn, weil es nicht genug Platz auf der Straße gebe.

In Frankfurt ist in den vergangenen vier Wochen – die letzte Tour fand am Freitag statt – als abschließende Pilotphase eines Forschungsprojekts eine Straßenbahn als sogenannte Gütertram im Einsatz gewesen. "LastMileTram RheinMain V" heißt das Forschungsprojekt der Frankfurt University of Applied Sciences, das in Kooperation mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) und Amazon Logistics und mit 500.00 Euro Förderung vom Land realisiert wurde.

Täglich einmal ist die "Gütertram" mit mehr als 300 Paketen des Logistikunternehmens Amazon von der Straßenbahnhaltestelle "Stadion" in die Frankfurter Innenstadt, und zwar bis zur Haltestelle am Zoo oder an der Gutleutstraße gefahren. An den Endhaltepunkten standen vier bis fünf elektrische Lastenfahrräder bereit, um die Lieferungen zum Kunden zu bringen. Das Anliefern der Sendungen vom Amazon-Umschlagplatz in Raunheim bis zum Stadion hatten zuvor Elektro-Transporter übernommen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die CO-Belastung so gering wie möglich zu halten.

"Vielleicht wird Frankfurt zum Vorbild für andere Städte"

Und es hat alles funktioniert. Praxistauglich sei das Vorhaben, heißt es. Auch wenn die vollständige Auswertung, zu der insbesondere die Ermittlung der CO-Einsparungen zählen, erst Ende des Jahres vorliegt. Die Forscher gehen von CO-Minderungen von bis zu 56 Prozent aus.

Nach Angaben des Amazon-Regionaldirektors Andre Lütgeharm sind 97,5 Prozent der Pakete zugestellt worden. Es habe weder Beschwerden noch Sicherheitsbedenken gegeben. Der Online-Versandhändler liefere in zahlreichen deutschen Städten Pakete mit Elektrofahrrädern aus. In Frankfurt sei das Verkehrsaufkommen besonders hoch, deshalb habe sich Amazon am Forschungsprojekt beteiligt. Er sei froh, dass der Test unter Realbedingungen erfolgreich gewesen sei. Ende des Jahres, wenn die Ergebnisse vorlägen, werde Amazon diese bewerten. "Vielleicht", so Lütgeharm, "wird Frankfurt zum Vorbild für andere Städte."

Dass dieses Projekt ein "entscheidender Schritt für die Zukunft der städtischen Logistik in Hessen ist", davon ist auch Verkehrsminister Kaweh Mansoori (SPD) überzeugt. "Jeder von uns kennt die vielen Paketfahrzeuge, die in jeder Stadt unterwegs sind", sagte der Minister. Man solle ehrlich sein, "jeder bestellt auch gerne". Doch die Verkehrsflächen seien nicht nur in Frankfurt begrenzt. Ein weiteres Thema in den Städten sei die Lebensqualität. Die Waren müssten sauber, leise und nachhaltig in der Stadt transportiert werden. All das habe bei dem Projekt funktioniert. "Das sind Innovationen, die wir Menschen brauchen."

Siefert lobte Konzepte für einen effizienteren Verkehr. "Das stärkt den Wirtschaftsstandort Frankfurt." Die Kunden würden immer anspruchsvoller, gleichzeitig wachse die Bevölkerung. Zudem werde der Logistikverkehr immer komplexer und kleinteiliger. Siefert zeigte sich zufrieden, dass es trotz hoher rechtlicher Hürden gelungen sei aufzuzeigen, welches Potential eine Gütertram, ergänzt durch Lastenräder-Routen habe.

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Und wann wird es die Gütertram als Regelfall in Frankfurt geben? Projektleiter Kai-Oliver Schocke, Professor für Logistik und Präsident der Frankfurt University of Applied Scienes, verweist auf Amazon und andere Logistiker. "Für die Unternehmen muss es sich betriebswirtschaftlich rechnen." Die Forschungsgruppe hatte für das Projekt eine Simulation erarbeitet. Demnach würde sich das Vorhaben auch wirtschaftlich rentieren. Es brauche für einen Normalbetrieb allerdings feste Depots für die Pakete, so Schocke, und eine juristische Prüfung, ob Straßenbahnen tatsächlich mehr als nur Personen transportieren dürfen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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