Waffenverbotszone gefordert: Hessens Innenminister fordert Waffenverbotszonen in Gießen und Marburg und will mit neuem Recht den Weg dazu ebnen. In Gießen führt das aber zu Irritationen. Und Marburg lässt Poseck abblitzen. Das ist kein Wunder.
Nicht nur Polizisten wissen: Von einem Messer kann in einem Streitfall eine große Gefahr ausgehen. Manch ein Streit dürfte nur deshalb als Bluttat enden, weil jemand ein Messer gezückt hat. Nicht nur in Großstädten wie Frankfurt meldet die Polizei immer wieder solche Straftaten, auch Mittelstädte wie Gießen und Marburg bilden keine Ausnahmen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Der für die mittelhessischen Kommunen zuständige Gießener Polizeipräsident hält nicht von Ungefähr in beiden Uni-Städten Waffenverbotszonen für wünschenswert. Das sieht auch Innenminister Roman Poseck (CDU) so. Er spricht von "Handlungsbedarfen" in den Uni-Städten an der Lahn.
Der Jurist nutzte durch das Sicherheitspaket des Bundes verursachte rechtliche Unklarheiten für eine Überraschung: Er hat die hessischen Sonderstatusstädte, darunter Gießen und Marburg, gerade mit dem Recht ausgestattet, selbst Waffenverbotszonen einzurichten. Nur jubelt man in beiden Städten nicht über diesen Zugewinn an Selbstverwaltung, überdies zeigt sich die Spitze im Gießener Kreishaus irritiert.
Mehr Sicherheit ohne Waffenverbot angestrebt
Nichts davon kann verwundern. Denn eine mögliche Waffenverbotszone beschäftigt seit Monaten schon die Waffenbehörde beim Landkreis Gießen. Sie war bisher in dieser Frage allein zuständig. In der Gießener Stadtverwaltung gibt es noch keine Stelle mit ausgewiesener Kompetenz in der Sache. Wie auch – schließlich war die Stadt in der Vergangenheit gar nicht zuständig. Ist nun die Arbeit der Waffenbehörde in dieser Angelegenheit vergebens? Dessen ungeachtet folgt weitere Unklarheit aus der Neuregelung: Der Gießener Magistrat fragt sich, ob er die Waffenverbotszone einrichten kann oder die Stadtverordneten sie beschließen müssen.
Die Marburger Stadtspitze hält sich mit solchen Fragen gar nicht erst auf. Trotz des Winks mit dem Zaunpfahl aus der Landesregierung bleibt sie bei ihrem bekannten Standpunkt – und lehnt eine Waffenverbotszone ab. Sie verweist auf ihr Gesamtkonzept für mehr Sicherheit in der Stadt. Wer auf die Einzelheiten schaut, der sieht: Das Konzept klingt schlüssig, so manches davon aber steht bisher nur als Idee auf dem Papier. Deshalb sollte die Stadt ihren Worten bald Taten folgen lassen. Das ist schon eine Frage der Glaubwürdigkeit. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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