Verfassungsschutz warnt: Der hessische Verfassungsschutz warnt: Extremisten steuern die Gaza-Proteste. Im Kampf gegen Israel verbünden sich auch Linksextreme mit Islamisten.

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Die Proteste gegen den Gazakrieg werden maßgeblich von Extremisten gesteuert. Zu dieser Einschätzung ist das hessische Landesamt für Verfassungsschutz gelangt. Seit dem Hamas-Anschlag auf Israel vom 7. Oktober beobachten die Verfassungsschützer die Proteste "intensiv" und zeigen sich alarmiert: Judenfeindliche Parolen würden auf den Demonstrationen der Palästina-Aktivisten ohne Scheu skandiert, der Terror der Hamas werde dort regelmäßig relativiert oder sogar glorifiziert. So berichtet es Anika Schleinzer, die Leiterin der Phänomenbereichsübergreifenden wissenschaftlichen Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF) beim hessischen Verfassungsschutz, am Mittwochabend beim "Herbstgespräch" der Behörde in Wiesbaden.

"Neue Allianz der Antisemiten" lautet das Motto des Abends, einer Mischung aus Vortrag von Schleinzer und Diskussion. Zum Gespräch mit Moderator Thomas Kreutzmann, dem früheren Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, hat das Landesamt noch Uwe Becker (CDU), den hessischen Antisemitismusbeauftragten, Daniel Neumann, den Vorsitzenden des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen, und die Journalistin und Schriftstellerin Ronya Othmann eingeladen.

Jüdisches Leben ist bedroht

In ihrer Sicht auf die Entwicklung nach dem 7. Oktober sind sie und die Verfassungsschützerin Schleinzer sich einig: Der Antisemitismus erlebt in Deutschland eine Hochphase, jüdisches Leben ist so bedroht wie nie zuvor in der Nachkriegsgeschichte. "Wir bemerken gerade eine massive Veränderung, einen neuen Hass", sagt Daniel Neumann vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden.

In kurzen "Impulsen" berichtet die PAAF-Leiterin Schleinzer von ihren Beobachtungen. Vor allem in den ersten drei Monaten nach dem 7. Oktober, bis zum Jahresende 2023, seien die Straßenproteste wegen des Nahostkonflikts besonders zahlreich und gut besucht gewesen. Mehr als ein Drittel der Demonstrationen sei dabei stark von extremistischen Akteuren geprägt gewesen: Sie gehörten zu den Anmeldern und Teilnehmern der Proteste, haben aber auch in großer Zahl "im Internet mobilisiert".

Linksextreme und Islamisten finden zueinander

Schnell habe sich gezeigt, dass sich bei den Protesten "neue Allianzen" bildeten, Schleinzer spricht von einer "Querfront der Antisemiten". Zu ihr zählt sie Linksextremisten wie die Kommunistische Organisation oder die prokurdische Gruppe Young Struggle, die dem auslandsbezogenen Extremismus zugerechnet wird, aber auch die Islamisten vom Netzwerk Realität Islam. Die Aufrufe der unterschiedlichen Akteure im Internet würden sich auch sprachlich stark ähneln: Israel werde einheitlich ein "Genozid" vorgeworfen, Parolen wie "Kindermörder Israel" erinnern Schleinzer an christlich-mittelalterliche Ritualmordlegenden.

Dass ausgerechnet Strengreligiöse und Linksradikale sich nun verbünden, ist irritierend. Für den gemeinsamen Protest überwinden sie starke ideologische Differenzen – was sie eint, ist der Hass auf den jüdischen Staat im Nahen Osten. Ob diese Bündnisse nur strategisch sind und nach einem Ende des Gazakriegs wieder gelöst werden, dazu liefert die Verfassungsschützerin keine Einschätzung.

Die Autorin Othmann, Tochter eines kurdisch-jesidischen Vaters, die sich lange schon mit dem Thema Islamismus auseinandersetzt, besorgt vor allem, dass die israel- und judenfeindlichen Positionen von Extremisten immer häufiger auch von der Mitte der Gesellschaft geteilt werden. Eine große Rolle spiele dabei der Kulturbetrieb: "Antisemitismus sickert über die Kultur ein und wird salonfähig."

"Ein Wolf im Schafspelz"

Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) kündigt beim "Herbstgespräch" weitere Initiativen der Landesregierung gegen Judenhass an. So solle etwa das Polizeirecht geändert werden, um die Videoüberwachung an Synagogen zu ermöglichen. Trotz schwieriger Haushaltslage werde die Landesregierung auch weiterhin Demokratieprojekte und Bildungsprogramme gegen Antisemitismus in vergleichbarer Höhe wie bislang fördern, verspricht der Minister. Gekürzt werde auch nicht bei den Sicherheitsbehörden.

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Poseck warnt in seiner Rede außerdem davor, auf die AfD als Bündnispartner im Kampf gegen Judenhass zu setzen. Wenn die Partei sich nun immer häufiger als Kämpferin gegen Judenhass inszeniere, dann sei das unglaubwürdig – gerade angesichts von Äußerungen von AfD-Politikern, die eine "erinnerungspolitische Wende" fordern. Für Poseck ist die AfD "ein Wolf im Schafspelz".  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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