NFT Skybar: Im Frankfurter Europaviertel gibt es die höchste Bar Deutschlands. 185 Meter über der Stadt werden in der NFT Skybar originelle Drinks serviert. Wie betreibt man so einen Laden?

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Im Flugzeug greifen viele Menschen zu Tomatensaft, die dieses Getränk am Boden nie anrühren würden. Über den Wolken schmeckt offenbar manches anders als zu ebener Erde. Vielleicht liegt es am niedrigen Luftdruck, dass der herzhafte Geschmack in der Flugzeugkabine als besonders anregend empfunden wird. Vielleicht möchte man im Flugzeug auch ganz bewusst etwas Gesundes zu sich nehmen. Wie aber ist das in der Spitze eines Hochhauses? Schmecken Speisen und Getränke hier anders als am Boden? Wenn sich unser Geschmackssinn in der Höhe tatsächlich verändert, gilt das auch schon für wenige Hundert Meter?

Hermann Spatt sitzt in "seiner" Bar und schüttelt lächelnd den Kopf. Nein, daran glaubt er nicht, denn dafür sei die Entfernung vom Erdboden zu gering. "Der Luftdruck ist hier noch nicht anders. Aber die Stimmung", sagt er. Spatt zitiert einen Stammgast: "Das ist die einzige Bar, in der ich Urlaub habe." Hier oben scheinen viele Gäste gute Laune zu haben. Ein bisschen wie im Urlaub – dem Alltag entrückt. Und da hat man offenbar auch Lust auf andere Getränke als in einer Kellerspelunke.

Mehr als nur eine gewöhnliche Hotelbar

Spatt leitet das nhow Hotel Frankfurt, zu dem auch die NFT Skybar gehört, die vor zwei Jahren hoch oben in der Spitze des 190-Meter-Turms One im Europaviertel eröffnet wurde. NFT? Der Begriff stammt aus der Finanzwelt. Die Abkürzung steht für "Non-Fungible Token" und beschreibt einen digitalen Vermögenswert, mit dem zum Beispiel Kunstwerke gehandelt werden können. Jedes Hotel der nhow-Kette, die mit 380 Zimmern die unteren Etagen des Hochhauses füllt, folgt einem bestimmten Motto, das zur jeweiligen Stadt passt. In Frankfurt sind es die Finanzen. NFT sei eine Währung, die "nicht mehr greifbar" ist, meint Spatt.

Das passt an die Spitze eines Hochhauses, denn auch hier oben sind die Mühen des Alltags ein großes Stück weit entfernt. Die Skybar ist aber mehr als eine Hotelbar. Sie ist auch öffentlich für Gäste zugänglich, die nicht im nhow eingecheckt haben. Manchmal müssen sie allerdings etwas Wartezeit mitbringen.

Der Expressaufzug bringt die Gäste in wenigen Sekunden aus dem Erdgeschoss direkt in den 47. Stock. Hier, 185 Meter über dem Erdboden, liegt ihnen die Stadt zu Füßen. Der Ausblick ist überwältigend. Autos und Menschen wuseln, klein wie Ameisen, in den Straßen. Der Bahnhof wirkt wie die Zentrale einer Modelleisenbahn, in der die ICEs und Regionalbahnen wie von Geisterhand gesteuert ein- und ausfahren. Weil der One im Europaviertel und damit etwas außerhalb des Hochhaus-Pulks liegt, ist der Ausblick auf die Türme im Bankenviertel besonders imposant. Spatt formuliert es so: "Frankfurt ist für seine Hochhäuser berühmt. Man kommt hoch und denkt: Wow, mega!"

Der Blick reicht hin bis zum Odenwald

Zwei Männer sitzen in bequemen Stühlen auf der Terrasse. Sie sind Arbeitskollegen. Der eine hatte dem anderen von der Bar erzählt, jetzt haben sie sich für einen gemeinsamen Besuch verabredet. Der Mann, der zum ersten Mal hier oben ist, schwärmt. Von hier wirke Frankfurt "wie ein Stadtplan". Ein Tisch weiter sitzt ein Pärchen, das in den sozialen Netzwerken von der Bar erfahren hat. Jetzt wollen sie sich selbst ein Bild machen. Vor ihnen liegen die Hochhäuser des Bankenviertels. "Unser Lieblingsblick", sagen sie.

Viele Gäste drehen auf der umlaufenden Terrasse eine Runde und schauen sich die Stadt und die Umgebung aus allen Richtungen an. Wenn es nicht zu diesig ist, reicht die Aussicht vom Taunus bis zum Odenwald. Aber auch der Blick in den Himmel beeindruckt, und das nicht nur bei Sonnenuntergang. Ein Unwetter hat hier oben eine enorme Wucht. Es sei faszinierend zu beobachten, wenn ein Gewitter aufzieht, sagt Spatt. "Dann kommen alle Gäste rein, und es wird romantisch."

Der Hotelmanager hat auch schon Häuser in Amsterdam, Rotterdam und Berlin geführt. "Frankfurt ist eine Businessstadt", sagt er. Unter der Woche kämen viele Einzelreisende. Am Wochenende sei das Publikum ganz anders. Sein Lieblingsblick ist der auf den Bahnhof und die winzigen Züge. "Es schaut beruhigend aus, Gäste reisen an und ab." Besonders in der Dämmerung und nachts gefällt ihm der Blick auf die Stadt, wenn die Türme glitzern und funkeln. "Ich mag im Winter die Lichter der Stadt", sagt Spatt. Aber auch im Sommer auf der Hochhausterrasse zu sitzen und den Sonnenuntergang zu beobachten sei "ziemlich unschlagbar".

Keine Reservierung möglich – und bei 199 Gästen ist Schluss

Die NFT Skybar ist die höchste Bar Deutschlands. Dieses Prädikat lockt auch jenseits der Stadtgrenzen Neugierige an. Etwa ein Viertel der Besucher sind Hotelgäste. "Aber der Großteil unserer Gäste sind Frankfurter", sagt Hotelmanager Spatt. Wer im Foyer des Turms nicht lange warten will, sollte am besten zeitig kommen. Um 18 Uhr öffnet die Hochhausbar. Dann wird sie erst einmal gefüllt – aber bei 199 Personen ist Schluss. Die Brandschutzvorgaben regeln, dass diese Zahl nicht überschritten werden darf. Das erstaunt manchmal die Wartenden, denn die Bar könnte locker noch mehr Menschen aufnehmen.

Aus diesem Grund muss man mitunter bis zu zwei Stunden warten, um hochzukommen. Besonders am Wochenende kann es etwas länger dauern. Die Bar ist dienstags bis samstags geöffnet, von 18 bis 1 Uhr, am Wochenende bis 2 Uhr. Und neuerdings auch an jedem zweiten Sonntag, wenn, very british, zwischen 14 und 20 Uhr zum High Tea eingeladen wird. Um die Wartezeit attraktiver zu machen, hat nhow ein neues System eingeführt. Die Besucher können sich mit einem QR-Code registrieren und werden benachrichtigt, sobald sie an der Reihe sind. So können sie sich draußen aufhalten oder im benachbarten Einkaufszentrum etwas erledigen und müssen nicht die ganze Zeit in der Schlange stehen. Allzu weit sollten sie sich allerdings nicht entfernen, denn nach ein paar Minuten erlischt der Slot in der Warteschlange.

Reservierungen nimmt die Bar nicht entgegen, um allen Gästen die Chance auf Einlass zu bieten. Unter der Woche stehen die Chancen am besten, am Wochenende wird es schnell voll. An einem Werktag kommen über den Abend verteilt 500 bis 600 Gäste, am Wochenende sind es oft mehr als tausend. 16 Mitarbeiter kümmern sich um sie.

"Es ist mehr casual bei uns, nicht so formell"

Die Drinks auf der Karte hat Fernando Monteiro zusammengestellt, der Operation Manager der Bar. Zu den "Signature Drinks" gehört der NFT Pink Spritz. "Ich bin ein Riesenfan von Grapefruit", sagt Monteiro. Wegen der erfrischenden Bitterstoffe. Er meint, die Gäste würden hier oben eher saure, frische oder spritzige Drinks bestellen als schwere aromatische Cocktails. Das Urlaubsgefühl beeinflusst offenbar auch die Auswahl der Getränke.

Der Künstler David Zuker hat die Bar gestaltet und sich dafür mit dem Thema "The Art of Money" auseinandergesetzt. Außer großen Wandgemälden hat er für die Bar auch digitale Kunstwerke geschaffen, die als NFTs erworben werden können und auch in der Karte abgedruckt sind. Wer die Drinks noch probieren will, muss sich beeilen. Im Herbst soll die Karte verändert werden. Auch die Speisen werden sich dann ändern. Die meisten Zutaten stammen aus der Umgebung, und auch die DJs, die von 22 Uhr an auflegen, sind von hier.

Die NFT Skybar ist nicht die einzige Hochhausgastronomie in Frankfurt. Im Henninger-Turm gibt es ein Restaurant der höheren Preisklasse, im Maintower kann man unterhalb der Aussichtsplattform ebenfalls speisen. Auch die NFT Skybar gehört nicht in die preiswerte Kategorie. Für einen Drink kann man hier locker mehr als 15 Euro ausgeben. Aber es gibt auch günstige Getränke. Spatt sagt: "Es ist mehr casual bei uns, nicht so formell. Jeder ist willkommen bei uns. Wer nur ein Bier bei uns trinken will genauso wie die große Gesellschaft."

Der Millenium Tower könnte noch nebendran kommen

Es ist logistisch gar nicht so leicht, ein Restaurant in der Spitze eines Hochhauses zu betreiben. Die Andienung läuft in Slots. Die Lebensmittel und Zutaten, die verarbeitet werden, werden zunächst in einem Kühlhaus im Keller gelagert. Nachmittags, bevor die Besucher kommen, werden sie dann mit dem Aufzug hochgebracht.

Kann man auch einfach nur die Aussicht genießen, ohne etwas zu sich zu nehmen? Monteiro erläutert, warum das nicht geht: "Wir sind keine Aussichtsplattform. Natürlich gehört die Aussicht unbedingt dazu. Aber wir sind immer noch eine Bar." Sein Lieblingsgebäude? Monteiro muss nicht lange überlegen. "Der Messeturm." Er ist von hier zum Greifen nah.

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Ein Bauplatz vor dem Turm ist noch frei. Dort ist der Millennium Tower geplant, der einmal der höchste Turm der Stadt sein soll. Aber die Pläne zu seiner Realisierung sind auf Eis gelegt worden. Spatt hofft, dass dies auch vorerst so bleibt – denn sein Lieblingsblick auf den Bahnhof wäre sonst verbaut.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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