Invasive Baumart: Sie sieht ganz gut aus, macht sich aber gnadenlos breit und verdrängt einheimische Arten.
Förster im Frankfurter Stadtwald gehen nun rigoros gegen eine sich stark und schnell ausbreitende Baumart aus Amerika vor.
Es ist nicht so, dass sie nichts zu bieten hat: die Spätblühende Traubenkirsche, die aufgrund ihrer Herkunft auch Amerikanische Traubenkirsche genannt wird. Der strauchartige Baum, der eher an einen Busch denn an einen Baum erinnert, hat eine gelb-rötliche Herbstfärbung, dunkle, fast schwarze Früchte und zuvor im April bis Mai weiße, in Traubenform angeordnete Blüten.
Und doch will dieses Gehölz, bis auf wenige, die es als Zierstrauch im Garten pflanzen, keiner haben – zumindest nicht in der verwilderten Form in der freien Natur. Sie breitet sich aus wie Unkraut. Die Spätblühende Traubenkirsche gilt denn auch europaweit als "gebietsfremde invasive Art" und wird von der EU auf einer entsprechende Liste geführt.
"Die ist einfach unkaputtbar", sagt Axel Saamer, Revierförster im Frankfurter Stadtwald, wenn er über die Spätblühende Traubenkirsche spricht. Er hat deshalb auf einer größeren Fläche in seinem Revier Tabula rasa gemacht. Alles, was dort bisher, wenn auch bereits verkümmert, noch wuchs, hat er mit Stumpf und Stiel entfernt. Hat Maschinen bis hin zu Baggern eingesetzt, denn es sind die widerstandsfähigen Wurzeln und Triebe der schnell wachsenden Spätblühenden Traubenkirsche, die dafür sorgen, dass auf einer Fläche nur noch eine Gehölzart überlebt: nämlich sie selbst, die Prunus serotina.
Rodung, um gegen die Ausbreitung vorzugehen
Saamer weiß, dass er sich noch jahrelang um die Fläche kümmern muss, wenn er die erst im Februar neu gepflanzten, heimischen Laubbaumarten wie Winterlinde, Flaumeiche oder Esskastanien wachsen und groß werden sehen möchte. Zumal jede Schwäche der inzwischen durch Hitze und Trockenheit gefährdeten heimischen Baumarten von der Spätblühenden Traubenkirsche genutzt wird, um sich auszubreiten.
In Teilen Deutschlands wird ihre Ausbreitung als "dramatisch" bezeichnet. Auch im Frankfurter Stadtwald, in den Revieren Goldstein und Schwanheim, aber vereinzelt auch in den anderen westlichen Teilen des Stadtwalds, ist der Neophyt längst ein Problem.
Das Zurückdrängen der Spätblühenden Traubenkirsche ist deshalb Teil der Waldstrategie des Frankfurter Stadtforstes. Die Arbeiten werden aus dem Sonderprogramm "Zukunft Stadtwald" finanziert. Eine Art, gegen die Spätblühende Traubenkirsche vorzugehen, ist die klassische Rodung. So wie sie Revierförster Saamer im vergangenen Winter in seinem Revier vorgenommen hat.
Nachwuchs der einheimischen Art stark gefährdet
Eine andere, in der Öffentlichkeit weniger bekannte Form, ist das sogenannte Ringeln. "Wir entfernen dazu am unteren Teil des Baumstamms ringförmig mehrere Zentimeter breite Streifen der Rinde", erläutert Tina Baumann, Leiterin des Frankfurter Stadtforsts. Durch den gezielten Schnitt werde die Nährstoffversorgung des Baumes so beeinträchtigt, "dass er abstirbt".
Für Waldbesucher sähen dieses Vorgehen und die Schäden an den Bäumen "seltsam aus", gesteht Baumann ein. Ihrer Ansicht nach handelt es sich jedoch um "ein übliches und effizientes Verfahren". Das bestätigt auch der Naturschutzbund NABU, der verschiedene Methoden, gegen die Spätblühende Traubenkirsche vorzugehen, verglichen und bewertet hat. Das mechanische "Ringeln" hält der NABU für "sehr empfehlenswert". Die abgestorbenen Bäume blieben stehen und verkümmerten dann im Laufe der Jahre.
Baumann verweist darauf, dass sich die Spätblühende Traubenkirsche so stark und schnell vermehre, dass sie dem Nachwuchs der einheimischen Arten extrem schade. Zumal dieser schon mit den veränderten, extremen Klimabedingungen zu kämpfen habe. Ein weiteres Problem sei der Wildverbiss, so Baumann. "Das Wild mag die Rinde junger Traubenkirschen nicht." Ergebnis sei, dass sich die Wildtiere noch stärker an den heimischen Bäumen gütlich täten.
Im Stadtwald sind mit beiden Methoden, dem Roden und dem Ringeln, in den vergangenen zwei Jahren schon mehr als 25 Hektar Wald "erfolgreich von der Spätblühenden Traubeneiche befreit worden", sagt Baumann. Für Umwelt- und Klimadezernentin Tina Zapf-Rodríguez ist der Einsatz gegen die invasive Art extrem wichtig, da ansonsten "das gesamte Ökogefüge des Stadtwalds durcheinandergerät".
Die Traubenkirsche, so die Grünen-Politikerin, verändere die Baumvielfalt im Wald grundlegend. Vor allem verhindere sie das, "was wir eigentlich erreichen wollen", so Zapf-Rodríguez: "dass sich der insbesondere durch den Klimawandel stark geschädigte Stadtwald auch durch Naturverjüngung regeneriert." © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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