Hauptbahnhof Hanau: Dass der Hanauer Hauptbahnhof in die Jahre gekommen ist, sieht man dem Gebäude bereits auf den ersten Blick an. Doch 150 Jahre nach seiner Inbetriebnahme gibt es große Pläne.
Das Gebäude ist in die Jahre gekommen, auch der Vorplatz macht nur wenig her und sieht nicht nach Jubiläum aus. Aber tatsächlich ist es 150 Jahre her, dass der Hanauer Hauptbahnhof – damals schlicht noch "Hanau-Ost" benannt – in Betrieb genommen worden ist. Fünf Eisenbahnstrecken laufen dort mittlerweile zusammen, auf elf Gleise werden die Züge in der Anlage verteilt. Und sowohl die Deutsche Bahn als auch die Stadt haben mit dem Areal viel vor. Während das Verkehrsunternehmen "optisch wie technisch" an der Aufwertung des Gebäudes arbeitet, will die Stadt das gesamte Umfeld des Bahnhofs zu einem neuen Stadtquartier mit Platz für Wohnungen und Gewerbe entwickeln.
Das Eisenbahnzeitalter hatte in Hanau schon 1848 begonnen. Damals wurde eine Verbindung aus der nach Kassel größten Stadt im Kurfürstentum Hessen nach Frankfurt gebaut, die schon bald ins unterfränkische Aschaffenburg erweitert wurde. Allerdings wurde der Verkehr über den heutigen Westbahnhof abgewickelt. Der heute schmucklose Haltepunkt soll übrigens in den nächsten Jahren wieder an Bedeutung gewinnen, wenn die geplante nordmainische S-Bahn gebaut worden ist. Denn durch seine Lage in der Innenstadt wird er zum wichtigsten Zustiegspunkt in Hanau – der heutige Hauptbahnhof hat seine Lage am Rande der Stadt.
Nach Angaben der Stadt nahm das Projekt "Hanau-Ost" Fahrt auf, als die Strecke von Bebra nach Hanau in den Sechzigerjahren in Angriff genommen worden ist, heute ein Teil der Verbindung von Frankfurt nach Göttingen. Um später auch Offenbach an die Strecke anzubinden, sollte der Main überquert werden, daher war der Westbahnhof als Zustiegspunkt nicht geeignet. Daher wurden zunächst provisorisch 1867 und 1872 zwei Stationen angelegt, die im Sprachgebrauch in der Stadt "Bebraer Bahnhof" genannt wurden – die Bezeichnung hielt sich auch lange nachdem der neue Bahnhof "Hanau-Ost" entstanden war.
Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt
1873 nach dem Bau der Steinheimer Bahnbrücke war die 162 Kilometer lange Verbindung von Bebra über Hanau nach Frankfurt fertig, ein Jahr später ging dann Hanau-Ost in Betrieb. Dessen Lage war durch die Streckenführung und die Mainquerung vorgegeben und in einigem Abstand zur Innenstadt: Zu Fuß ist man in etwa eine halbe Stunde unterwegs, wenn man vom Marktplatz zum Hauptbahnhof geht.
Dafür aber war der Neubau ein durchaus ansehnliches klassizistisches Gebäude mit zwei dreistöckigen Eckbauten, die durch einen flachen Trakt verbunden wurden. Die beiden Hauptbahnsteige waren überdacht, zwei weitere Gleise verliefen auf der Südseite des Gebäudes. Zu erreichen waren sie über zwei Personentunnel – bis heute sind die Gleise in Hanau vom Empfangsgebäude aus über eine Unterführung angeschlossen. Laut Stadt wurden neben dem Bahnhof selbst noch ein Postgebäude und auch eine Drehscheibe zu den Nebengleisen gebaut.
Den Namen Hanau-Ost behielt die Anlage bis 1927, seitdem fährt man mit dem Zug zum Hanauer Hauptbahnhof. Dem standen wie der ganzen Stadt schwere Zeiten bevor: Im Zweiten Weltkrieg wurden auch die Gleise und Anlagen von alliierten Bombern angegriffen und schwer beschädigt. Das Hauptgebäude traf es so schwer, dass man sich zum Abbruch entschloss, der bis heute genutzte Neubau wurde fast zwanzig Jahre nach Kriegsende 1966 in Betrieb genommen.
Wohn- und Geschäftshäuser für Quartier geplant
Dass der Bahnhof zum Ziel im Krieg wurde, das war eine Folge der zunehmenden Bedeutung des Knotenpunkts. Bis heute ist er ein wichtiger Ein- und Umstiegsbahnhof für Pendler im Rhein-Main-Gebiet, aber auch Fernverbindungen nach ganz Deutschland werden durch den Hauptbahnhof bedient. Dieser Bedeutung, die durch den Ausbau der Strecke nach Fulda noch zunehmen wird, soll bald auch wieder das Gebäude gerecht werden: An der Unterführung wird gearbeitet, ein neuer Boden ist schon verlegt worden. Laut Stadt soll der Bahnhof barrierefrei und behindertengerecht ausgebaut werden, dazu gehört auch ein Blindenleitsystem in der Unterführung. Zur Aufwertung des Bahnhofs soll auch die neue Brücke über das Gleisfeld beitragen, die derzeit gebaut wird.
Aber das Schlüsselprojekt für Hanau ist der Umbau des Bahnhofsumfelds. Bisher wird das Gelände unter anderem von Firmen wie Heraeus und Gerling, Holz & Co. (GHC) genutzt. In den Fabriken werden Gase, Kältemittel und Chemikalien verarbeitet und gelagert sowie Quarzglaskomponenten. Diese Produktion begründet aber auch gesetzliche Sicherheitsabstände, Wohnungen zum Beispiel dürfen dort nicht gebaut werden.
Aber Stadt und Betriebe haben sich geeinigt, die Produktion wird an andere Standorte verlagert, und zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt können Wohn- und Geschäftshäuser gebaut werden. Unter anderem versprechen sich die Hanauer von dem neuen Quartier auch eine attraktivere Verbindung vom Bahnhof zur Innenstadt. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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