Reformen im Bau: Die Vorschläge zur Vereinfachung des Wohnungsbaus in Hessen sind von liberalen Ideen geprägt. Trotzdem macht sie sich ein sozialdemokratischer Minister zu eigen.
Dieser Vorschlag stammt tatsächlich aus dem Jahr 2024: Mit hessischen Baubehörden soll man künftig nicht mehr per Brief kommunizieren müssen, eine E-Mail genügt. Allein die Tatsache, dass die Kommission "Innovation im Bau" diese Selbstverständlichkeit in ihr 20 Punkte umfassendes "Baupaket" aufnehmen musste, zeigt den Umfang des Reformstaus in der öffentlichen Verwaltung. Beim Wohnungsbau macht sich dieser besonders schmerzhaft bemerkbar: Außer teuren Grundstücken und hohen Zinsen ist die Bürokratie einer der Hemmschuhe, die eine Lösung der Misere blockieren.
Es ist deshalb verdienstvoll, dass sich der hessische Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori (SPD) vorgenommen hat, mit einem Abbau von Vorschriften das Bauen leichter und günstiger zu machen. Die von ihm eingesetzte Expertenkommission hat nach nur wenigen Monaten Ergebnisse dazu vorgelegt. Viele Vorschläge betreffen eher kleine Stellschrauben, andere sind wirkungsvoll und kaum umstritten. Aber es sind auch Themen wie Stellplatzpflicht und Genehmigungspraxis berührt, die kontrovers diskutiert werden dürften.
Gegenwind könnte von den Kommunen kommen, die in der Kommission nicht vertreten sind. Sie werden sich Steuerungsinstrumente wie Stellplatzsatzungen nur widerwillig aus der Hand nehmen lassen. Zudem nutzen sie das Baurecht gern, um Investoren an den Kosten der sozialen Infrastruktur zu beteiligen. Auf diese Einnahmequelle werden sie freiwillig nicht verzichten.
Insgesamt sind die Vorschläge geprägt von der Vorstellung, dass sich der Staat zurücknimmt und den Bürgern das Vertrauen entgegenbringt, das Richtige zu tun. Der Sozialdemokrat Mansoori zeigt Mut, sich hinter diese eher liberalen Ideen des Expertengremiums zu stellen. Er weiß nicht, ob er am Ende eine politische Mehrheit dafür bekommt. Sollten die Landtagsfraktionen das "Baupaket" an den Absender zurückschicken, wäre das nicht nur schlecht für die lahmende Baukonjunktur und die Versorgung mit Wohnraum. Es wäre auch eine persönliche Niederlage für Mansoori. Und er würde ein zweites Paket nicht so schnell losschicken. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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