Göttingen - Nach der illegalen Abriegelung eines Göttinger Wohnblocks während der Corona-Pandemie wird es keinen Prozess über Schmerzensgeldforderungen geben.

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Die möglichen Kläger hätten sich zurückgezogen, teilte das Landgericht Göttingen mit. Zuvor hatte der Rechtsanwalt Sven Adam mitgeteilt, dass das finanzielle Risiko für die Gerichtsprozesse zu groß sei, nachdem Anträge auf Prozesskostenhilfe abgelehnt wurden.

Hintergrund ist die Abriegelung eines Wohnblocks in der Nähe des Bahnhofs Göttingen vom 18. bis 22. Juni 2020, nachdem mehr als 100 Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Ende 2023 hatte das Göttinger Verwaltungsgericht die Abriegelung des Wohnblocks durch Bauzäune und Polizeiüberwachung als rechtswidrig beurteilt.

45 Klagen gegen Stadt Göttingen

Daraufhin planten Bewohner des Wohnblocks 45 Klagen auf Schmerzensgeld. Sie forderten von der Stadtverwaltung circa 1.000 Euro pro Tag, an dem sie eingesperrt waren, wie das Landgericht damals mitteilte. In 44 Fällen wollten Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnblocks klagen, in einem weiteren Fall Rechtsanwalt Adam stellvertretend für mehrere weitere Bewohner.

Bereits Anfang des Jahres hatte das Landgericht 40 Anträge zur Prozesskostenhilfe abgelehnt. Später entschied auch das Oberverwaltungsgericht in Braunschweig so, sodass es in diesen Fällen gar nicht erst zu einer Klage kam, wie das Landgericht mitteilte. Über die Prozesskostenhilfe hätten die Kläger Geld bekommen können, um sich das Gerichtsverfahren zu leisten. Die zuständige Kammer in Göttingen lehnte die Anträge ab, da die Aussichten auf Erfolg in den Schmerzensgeldklagen nicht gut genug seien. In den übrigen fünf Fällen wurden die Klagen nun zurückgenommen.

Anwalt wäre gerne noch vor BGH gezogen

"Ein rechtswidriges Verwaltungshandeln hat nicht automatisch die Entstehung von zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen zur Folge", hieß es damals aus Göttingen. Die Kläger hätten auch ohne die Abriegelung des Wohnblocks ihre Wohnungen nicht verlassen dürfen, denn die Quarantäne-Anordnung sei rechtens gewesen.

Anwalt Adam sagte, er wäre gerne noch vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen. Es könne nicht sein, dass es nach dem illegalen Vorgehen der Verwaltung keinerlei Anspruch auf eine Kompensation geben solle. "Aber das Kostenrisiko ist zu groß für eine Fortsetzung der Verfahren", sagte der Anwalt.  © Deutsche Presse-Agentur

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