Im Kölner Straßenbild erinnern heute noch 22 von einst 27 Hochbunkern an die Zeit, als Zivilschutzanlagen aus dem Alltag nicht wegzudenken waren.

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Die Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg sind über die ganze Stadt verteilt, dienen als Vereinsdomizile, Proberäume, Wohnungen oder Depots.

Nur eins können sie nicht mehr: Menschen in Krisen- und Kriegsfällen adäquat Schutz bieten. "Einige sind abgesoffen, andere zugemauert", sagt Robert Schwienbacher, Vorsitzender des Vereins "Dokumentationsstätte Kalter Krieg" (Dokk). Türen und Technik seien oftmals nicht mehr zu gebrauchen, an vielen Stellen sind die dicken Betonwände durch Fensteröffnungen löchrig geworden.

Zivilschutz wird relevanter

Dabei gewinnt das Thema Zivilschutz angesichts der internationalen Krisenherde an Relevanz. Bund und Länder wollen öffentliche und private Immobilien, die als Zufluchtsorte genutzt werden können, systematisch erfassen. "Das können etwa Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume sein", so eine Sprecherin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK).

Über eine App soll eines Tages der nächstgelegene Schutzort abgefragt werden können. Bekannt ist mittlerweile, dass von ursprünglich 2000 öffentlichen Schutzräumen deutschlandweit noch 579 mit insgesamt 480.000 Plätzen zur Verfügung stehen, so das BKK. Ob sich unter den 48 nordrhein-westfälischen Schutzräumen auch Kölner Standorte befinden, wollte die Sprecherin nicht verraten.

Die Anlagen befänden sich größtenteils in Privateigentum: "Aus diesem Grunde kommt derzeit die Veröffentlichung von Adressen bereits unter Berücksichtigung der Eigentümerinteressen nicht in Betracht." Keine Angaben auch von der Stadt Köln. Man sei nicht zuständig, so ein Sprecher und verweist auf das BKK.

Von den ehemaligen Kölner Schutzanlagen fällt Robert Schwienbacher kaum eine ein, die ohne großen Aufwand reaktiviert werden könnte. Wie viele Tiefbunker es aus dem Zweiten Weltkrieg noch gibt, weiß er nicht, doch nutzbar seien auch sie längst nicht mehr. Das gelte auch für die Infrastruktur aus der Zeit des Kalten Kriegs.

Die U-Bahn-Station Kalk Post etwa sollte im atomaren Ernstfall 2366 Menschen Schutz bieten. In der Zwischenebene können noch heute technische Anlagen wie Lüftung, Notstromaggregat oder ein Tiefbrunnen besichtigt werden. Auch den kleinen Operationsraum, die Küche und die Toiletten zeigt der Verein Dokk bei seinen Führungen. "Die Technik sieht schick aus, ist aber nicht betriebsbereit", so Robert Schwienbacher.

Zivilschutz schon in der Vergangenheit nicht auf der Agenda

Im Linksrheinischen sollten Durchreisende und Büroangestellte aus der Umgebung einst in der U-Bahn-Haltestelle Rudolfplatz 14 Tage lang überleben können. Für 1500 Menschen war die "Mehrzweckanlage" ausgelegt, sie sollten auf Liegen in der Zwischenebene und in Straßenbahnen übernachten. Zugänge und U-Bahn-Schächte wären mit Panzertoren und Hubschwenktoren abgeriegelt worden.

Doch schon damals stand der Zivilschutz offenbar nicht ganz oben auf der städtischen Agenda. Funktionstüchtig war die Mehrzweckanlage nämlich nicht: Es gab noch nicht einmal eine Abwasseranlage.

Mit insgesamt 4000 Plätzen waren die beiden öffentlichen Anlagen nur für einen Bruchteil der Bevölkerung ausgelegt. Direkte Atomwaffen-Treffer hätten sie hier ohnehin nicht überlebt, so Schwienbacher. Nach dem Kalten Krieg sei der Zivilschutz weiter vernachlässigt worden.

Die technische Wartung der unterirdischen Infrastruktur wurde bereits vor rund 20 Jahren eingestellt. Seitdem schlafen auch die "Verwaltungsbefehlsstelle" unterhalb der Gesamtschule Lindenthal an der Berrenrather Straße und die drei untergeordneten Befehlsstellen in Ossendorf, Dellbrück und unter dem historischen Rathaus einen Dornröschenschlaf.

Experten setzen auf private Vorsorge

Für die Gegenwart setzen Experten des Bundes in einem Sachstandsbericht eher auf private Vorsorge. "Auf freiwilliger Basis und mit behelfsmäßigen Maßnahmen könnten Bürgerinnen und Bürger selbst die "Härtung" von Kellerräumen (bspw. Abdeckung von Kellerfenstern) vornehmen", heißt es vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Dies sei am zügigsten und günstigsten umsetzbar.

Eine flächendeckende Bereitstellung öffentlicher Schutzräume für mehrere hundert oder tausend Menschen sei wegen der zu erwartenden kurzen oder fehlenden Vorwarnzeit nur eingeschränkt geeignet, Schutzwirkung zu entfalten und werde deshalb nicht favorisiert.

Für Menschen, die unterwegs von militärischen Angriffen überrascht würden, eigneten sich Kellerräume in öffentlichen Gebäuden, Tiefgaragen und U-Bahn-Stationen. Hier sei dann auch die App hilfreich. Der Sachstandsbericht beschreibe "mögliche fachliche Grundlagen und Handlungsoptionen für ein künftiges bundesweites Schutzraumkonzept", so das Bundesamt weiter. Beschlossen ist also noch nichts.

Christoph Lubbe hat darüber ein Buch geschrieben: "Bunker aus dem Kalten Krieg – Wie Westdeutschland den 3. Weltkrieg überleben wollte." Er sieht kaum Fortschritte im deutschen Vorgehen: "Es geht alles ein bisschen langsam." In Polen etwa müssten bereits ab 2026 Neubauten mit Schutzräumen ausgestattet sein: "Das hat Deutschland nicht geschafft."

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Im Krisenfall können laut Stadtverwaltung 154 Trinkwassernotbrunnen aktiviert werden. Für den Bevölkerungsschutz und den Rettungsdienst gebe es eine eigene Bevorratung an Sanitätsmaterial und Medikamenten durch Land und Bund. Für die Versorgung der Kölner Bevölkerung stünden allein 1,7 Millionen Jodtabletten dezentral zur Verfügung. Generell seien auch alle städtischen Schulen geeignet, im Notfall Menschen aufzunehmen. Feldbetten und Decken würden zentral vorgehalten und im Bedarfsfall an die Schulen gebracht.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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