Wenn man jemandem, der nichts über Köln weiß, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel über diese Stadt erzählen möchte – dann muss man nur die Geschichte des blauen Zelts erzählen.
Das 1996 als Provisorium direkt ins Dom-Panorama gebaut wurde. Und jetzt steht es dort. Und steht. Und steht …
Musical Dome wurde mit "Goldener Zitrone" ausgezeichnet
Das blaue Zelt erzählt die Geschichte einer Stadt, die immer wieder große Pläne schmiedet. Und dann bleibt doch wieder alles beim Alten. Es ist eine Architektur gewordene Geschichte des Scheiterns, ein Mahnmal für den Satz: Nichts hält länger als Provisorien.
Schon im Jahr 2001 wurde der Musical Dome vom Kölner Verkehrsverein mit dem Negativ-Preis "Goldene Zitrone" ausgezeichnet. Wer als Rat oder Verwaltung "einen beispiellosen Schandfleck im großartigen Panorama der Stadt zulässt, zeigt wenig Sensibilität für Stadtgestaltung", hieß es in der Begründung. Und das ist heute noch genauso wahr wie vor 24 Jahren. In einer Umfrage des "Express" aus dem Jahr 2011 landete das blaue Zelt ganz oben – bei den (damals) über 50-Jährigen sogar auf Platz Eins. Die Frage: "Was würden Sie am liebsten abreißen?"
Die Kölner sind geübt darin, sich das Hässliche schönzureden und es auch noch als Symbol für Lockerheit und Toleranz zu verkaufen. Wenn es um die städtebaulichen Sünden der Nachkriegszeit geht, ist das ja auch in Ordnung. Die sind Zeugen einer Zeit, in der viel, schnell und billig gebaut werden musste.
Doch diese Ausrede gilt nicht für das blaue Zelt, das jetzt schon mehrere Jahrzehnte völlig ohne Not mitten im Zentrum steht und tausende von Postkarten ziert. Schöne Grüße aus der Stadt, die ihre Besucher auch noch durch einen penetrant nach Urin stinkenden Tunnel laufen lässt, wenn sie nach einem schönen Musical-Abend mit dem Zug nach Hause fahren wollen. Das alles hat nichts mit sympathischer Imperfektion zu tun. Sondern mit Ignoranz und Unfähigkeit. © Kölner Stadt-Anzeiger
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