Unterrichtsausfall ist an vielen Kölner Schulen ein gravierendes Problem. Besonders an Gesamtschulen ist die Lage mancherorts dramatisch: An einigen fiel in der Sekundarstufe I im vergangenen Schuljahr mehr als jede zehnte im Stundenplan verzeichnete Unterrichtsstunde ersatzlos aus.
Trauriger Spitzenreiter ist die Katharina-Henoth-Gesamtschule in Höhenhaus mit 15,9 Prozent, gefolgt von der Ehrenfelder Heliosschule mit elf Prozent.
Auch von den Kölner Gymnasien verzeichnen gleich sechs ersatzlosen Unterrichtsausfall in einer Größenordnung von mehr als acht Prozent. Betroffen sind das Deutzer Schaurte-Gymnasium, das Genevova-Gymnasium und das Maximilian-Kolbe-Gymnasium, gefolgt vom Erich-Kästner-Gymnasium und dem Schiller-Gymnasium.
Unterrichtsausfall in NRW: So schnitten Kölner Schulen ab
Betrachtet auf ganz Nordrhein-Westfalen und alle Schulformen liegt der ersatzlose Unterrichtsausfall bei 4,8 Prozent – das entspricht etwa jeder 20. Unterrichtsstunde. Außerdem wurden zusätzlich dazu zehn Prozent des Unterrichts in Vertretung erteilt. Bei den Gesamtschulen liegt der ersatzlose Unterrichtsausfall in NRW in der Sekundarstufe I bei durchschnittlich 7,8 Prozent, bei den Gymnasien bei 5,2 Prozent.
Das heißt, dass dreizehn Kölner Gymnasien und sieben Gesamtschulen einen im Vergleich zum Landesschnitt überdurchschnittlichen Unterrichtsausfall verzeichneten. Dabei zeigt sich durchaus ein heterogenes Bild: Es gibt etwa mit der Kaiserin-Augusta-Schule und dem Gymnasium Neue Sandkaul in Widdersdorf durchaus auch Gymnasien, an denen der ersatzlose Unterrichtsausfall in einer Größenordnung von einem Prozent und weniger lag. Das Gros lag zwischen drei und sechs Prozent.
Das lässt sich aus den erstmals für jede einzelne Schule in Nordrhein-Westfalen erhobenen Daten des Schulministeriums entnehmen, die nun veröffentlicht wurden. Interessierte können für alle 300 öffentlichen Kölner Schulen nicht nur genau nachlesen, wie viel Unterricht ausgefallen ist, sondern auch, in welcher Form er gegebenenfalls ersetzt oder vertreten wurde.
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) ist es nach eigener Aussage wichtig, sowohl für die Schulen als auch für die Eltern Transparenz herzustellen. Rund 4400 öffentliche Schulen hatten an der Erhebung teilgenommen. Keinesfalls solle daraus ein Ranking entstehen, so die Ministerin. Vielmehr soll von Seiten der Schulaufsicht nun auf der Grundlage der Daten genau geschaut werden, welche Schule gezielt unterstützt werden kann, um die Situation zu verbessern. Ziel sei es, gemeinsam mit den besonders betroffenen Schulen Lösungen zu finden.
Erhoben wurde auch, wie hoch der Anteil des Unterrichts ist, der im vergangenen Schuljahr planmäßig erteilt wurde. Wobei zum planmäßigen Unterricht neben den Schulstunden nach Stundenplan auch der sogenannte Unterricht in besonderer Form zählt, zum Beispiel Projekttage, Exkursionen, Fahrten oder Wettbewerbe.
Vertretungsunterricht fiel ebenso wenig in diese Kategorie wie ersatzlos ausgefallener Unterricht oder Distanzunterricht. In der Sekundarstufe I wird an den Kölner Gymnasien zwischen 93 und 79 Prozent Unterricht nach Plan erteilt. Bei den Gesamtschulen liegt dieser Wert zwischen 85,8 Prozent an der Integrierten Gesamtschule Innenstadt und 71,2 Prozent an der Katharina-Henoth-Gesamtschule. An vier Kölner Gesamtschulen wird damit ein Viertel des Unterrichts nicht nach Plan erteilt.
Nach Ansicht des Schulministeriums lässt sich daraus allerdings keinesfalls auf die Qualität des Unterrichts an einer Schule schließen. Es handele sich bei der Erhebung keinesfalls um einen aussagekräftigen Schulvergleich. Auch die Qualität des Vertretungsunterrichts wird nicht erhoben. Trotzdem wirft die Situation ein aussagekräftiges Schlaglicht darauf, wie gravierend sich der Lehrkräftemangel in den nordrhein-westfälischen Schulen auswirkt.
Das Schulministerium selbst spricht von 8000 unbesetzten Stellen. Der Weg, das aufzufangen, sei noch weit, erklärte Ministerin Dorothee Feller (CDU) bei der Vorstellung der landesweiten Zahlen. "Aber wir kommen voran. Heute sind insgesamt über 7400 Menschen mehr an unseren Schulen tätig als noch vor zwei Jahren."
Hoher Krankenstand als Treiber für Unterrichtsausfall
Auch der Krankenstand bei den Lehrkräften spielt beim Problem Unterrichtsausfall eine tragende Rolle: So war in mehr als der Hälfte der Fälle bei ungeplanten Abweichungen vom Unterricht die Erkrankung der Lehrkraft der Grund. Je mehr Lehrer sich krankmelden, desto größer wird die Arbeitsbelastung für die noch verbliebenen Lehrkräfte – und damit steigt für sie das Risiko, ebenfalls zu erkranken, sei es psychisch oder physisch. Dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) wurde in einer Umfrage von 60 Prozent der Schulleitungen aus ganz Deutschland zurückgemeldet, dass die Zahl der Krankentage bei Lehrkräften zugenommen hat.
Die Opposition im Landtag forderte angesichts der Zahlen zum Unterrichtsausfall ein grundsätzliches Umdenken im System Schule. Angesichts von 8000 unbesetzten Stellen sei eine Bildungswende dringend nötig, sagte die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin. Dazu gehöre kurzfristig die Entschlackung der Lehrpläne und mittelfristig eine umfassende Lehrplanreform. © Kölner Stadt-Anzeiger
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