Was sich Akono Ofosu (Name geändert) am meisten wünscht, ist eine eigene Wohnung. Am liebsten in Euskirchen, Mechernich oder Kall.

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So, dass er die Schule gut erreicht, an der er kommendes Frühjahr sein Fachabitur ablegen will. Vor drei Jahren ist der 19-Jährige nach Deutschland gekommen und zunächst zu seinem Vater und dessen neuer Familie gezogen. Aber dort sei es schwierig, und der junge Mann, der zwischenzeitlich Deutsch gelernt hat, möchte auf eigenen Beinen stehen.

Der 19-jährige Euskirchener hat einen spanischen Pass

Akono Ofosu geht es da nicht anders als allen jungen Menschen an der Schwelle des Erwachsenwerdens: Wohnungssuche, finanzielle Hürden, Bewerbungen und der Berg an bürokratischen Hürden und Herausforderungen sind absolut überwältigend und ohne Unterstützung kaum zu schaffen.

"Ich habe beim Jugendamt nachgefragt, aber da ich schon volljährig war, hat man mich ans Jobcenter verwiesen", erzählt der junge Mann, der zwar im westafrikanischen Ghana geboren wurde, jedoch die spanische Staatsbürgerschaft besitzt.

15 Case-Manager sind im Kreis Euskirchen tätig

Und dann kam Julia Lierz ins Spiel: Eine von zwei Case-Managerinnen bei der Katholischen Jugendagentur Bonn und hier zuständig für junge Menschen zwischen sechs und 27 Jahren. Sie ist eine von insgesamt 15 Case-Managerinnen, die im Zuge des Landesprogramms Kim, dem Kommunalen Integrationsmanagement, im Kreis Euskirchen an unterschiedlicher Stelle tätig sind – gut vernetzt mit den hiesigen Sozialverbänden, Ämtern, Anlaufstellen und Akteuren, um Menschen mit Migrationsgeschichte zielgerichtet bei der Integration zu unterstützen.

Nach einem Erstgespräch wurde Akono Ofosu im Mai dieses Jahres als Kim-Klient aufgenommen. "Dabei wurden die Rahmenbedingungen erläutert und das Prinzip der Freiwilligkeit erklärt", sagt Julia Lierz.

Als Case-Managerin ist es mir wichtig, die Klienten möglichst aktiv einzubinden bei der Problemlösung.

Julia Lierz, Kim-Case-Managerin

Kim ist also nichts, was verordnet wird oder an Bedingungen geknüpft ist: Der Klient oder die Klientin bestimmen die Themen selber. Gemeinsam wird der Ist-Zustand der Lebenssituation analysiert und eine Art Hilfeplan erstellt, der priorisiert, welche Problemlage oder Aufgabe sinnvollerweise als Erstes angegangen werden soll.

Für Akono Ofosu ist es die Wohnungssuche, die ganz oben auf der Liste steht. "Als Case-Managerin ist es mir wichtig, die Klienten möglichst aktiv einzubinden bei der Problemlösung", erklärt die junge Sozialarbeiterin. So hat sie es Akono Ofosu nicht einfach abgenommen, ein Anschreiben für potenzielle Vermieter zu formulieren oder sich ein Profil bei der Eugebau anzulegen, sondern ihn dabei lediglich unterstützt.

Eine wichtige Bezugsperson, die persönlich berät

"Für mich ist das alles komplett neu. Eine Wohnung suchen, die Sprachbarrieren überwinden, Formulare ausfüllen", sagt der 19-Jährige. Seine Case-Managerin sei für ihn eine wichtige Bezugsperson, mit der er "persönliche und konkrete Lösungsvorschläge" erarbeiten kann. "Für mich ist Frau Lierz wie eine Lehrerin. Eine, die ich sehr respektiere."

Julia Lierz und Akono Ofosu sehen sich regelmäßig und tauschen sich zusätzlich über Handynachrichten oder E-Mails aus. Manchmal begleite sie den Klienten auch: "Wir waren beispielsweise gemeinsam beim Kümmerer-Projekt der Caritas, um dort nach Unterstützung bei der Wohnungssuche zu fragen." Aber auch hier ging es eher um Hilfe zur Selbsthilfe und nicht darum, dem Klienten die Aufgaben abzunehmen.

Das Ziel ist, irgendwann alleine klarzukommen

Der junge Mann sagt, es sei schon sehr unterstützend, wenn Julia Lierz zu so einem Termin mitkomme. Gleichzeitig ist Ofosu aber schon sehr selbstständig geworden, beispielsweise wenn es um das Ausfüllen von Formularen geht: "Er macht das jetzt schon alleine, ich helfe nur, wenn es nötig ist. Das Ziel ist ja, dass unsere Klienten irgendwann ohne uns klarkommen", so Lierz.

Wenn es nur nicht so schwer wäre mit der Wohnungssuche – Akono Ofosu würde sich viel lieber mit seiner beruflichen Zukunft befassen, die ihm spürbar unter den Nägeln brennt. "Entweder mache ich eine Ausbildung zum Bankkaufmann oder ein Duales Studium. Auf jeden Fall irgendwas im Bereich BWL oder VWL", antwortet der 19-Jährige auf die Frage, was er nach der Schule gerne machen würde. Auch ein paar Praktika kann er sich vorstellen zu absolvieren, um noch mehr Einblicke zu bekommen.

Die Chemie muss stimmen

Zurzeit betreut Julia Lierz sieben Klientinnen und Klienten als Kim-Case-Managerin in der Außenstelle Euskirchen der Katholischen Jugendagentur. "Es können auch noch mehr werden", sagt sie. Die Aufgabe erfülle sie, "vor allem, weil man die Entwicklung der einzelnen Personen hautnah mitbekommt". Für sie sei es reizvoll, sich immer wieder auf neue Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern einzustellen. "Ich führe auch mal mehrere Kennenlerngespräche, um zu schauen, ob die Chemie stimmt und man sich gut aufeinander einlassen kann."

Am Ende der Begleitung durch das Case-Management sollte Akono Ofosu die Sozialarbeiterin nicht mehr brauchen. Lierz: "Der Klient sollte irgendwann so gestärkt und widerstandsfähig sein, dass er auch mit Rückschlägen umgehen und sich weitestgehend alleine durch den Bürokratiedschungel schlagen kann."

Passgenaue Beratung auf Grundlage von Freiwilligkeit

Das Kommunale Integrationsmanagement (Kim) zielt auf eine wirksame Verbesserung der Teilhabe und Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Kreis Euskirchen.

"Zusammen für deine Ziele" lautet das Motto des Case-Managements, einem der vier Kim-Handlungsfelder. In Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Wohlfahrt, dem Jobcenter und der Ausländerbehörde werden im Rahmen des Case-Managements Menschen mit Einwanderungsgeschichte beraten, und zwar individuell zugeschnitten auf ihre jeweiligen Bedarfe.

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Insgesamt 15 Case-Managerinnen und -Manager unterstützen kreisweit bei Fragen zu Aufenthalt, Sprache, Beruf, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe. Ziel dieser Beratung ist eine nachhaltige Erreichung der Ziele in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Klientinnen und Klienten.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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