"Wir packen ein", daneben ein gebrochenes Herz und ein Smiley mit einer Träne im Auge: So sieht sie aus, die schlechte Nachricht auf der Homepage des Landes "Siegburg Unverpackt" an der Kaiserstraße.
Nach fast genau drei Jahren geben die Inhaber Dominique Clijsters und Christian Grohmann das Geschäft auf, in dem es vieles für den täglichen Bedarf gab, aber vor allem fehlte, was umweltbewussten Konsumenten ein Dorn im Auge ist: aufwendige Verpackungen, im schlimmsten Fall aus Plastik, die nach kurzer Nutzung doch nur auf dem Müll landen und allzu oft weitab der Republik zum Umweltproblem werden, bis hin zu durch Kunststoff verdreckten Meeren.
Am 22. Februar soll für den Laden an der Siegburger Kaiserstraße endgültig Schluss sein
Kaffee und Tee gibt es in großen Behältern zum Selbstabfüllen, Geschirrspülreiniger, Couscous, Kichererbsen, Linsen, Müsli, Pasta, Gummibärchen, Essige und Öle, Gewürze und vieles mehr. Die Produkte kamen vor allem von kleinen Landwirten aus der Region, in Großgebinden wie 25-Kilo-Papiersäcken oder Pfandbehältern.
Die Kunden werden das gewohnte Angebot bis Ende des Monats finden, dann beginnt der Abverkauf. Am 22. Februar soll endgültig Schluss sein. Die Öffnungszeiten sind donnerstags und freitags von 10 bis 18.30 Uhr und samstags von 10 bis 16.30 Uhr.
"Der Zuspruch war größer als der Anteil derjenigen, die das dann auch umsetzten", schildert Christian Grohmann. "Ins Handeln zu kommen ist für jeden Mensch die große Schwierigkeit." Letztlich hätten die Umsätze nicht ausgereicht, um den Laden am Laufen zu halten.
Im Januar 2022, mitten in der Corona-Pandemie, hatten drei Ehepaare den Laden gegründet, nachdem ein Unverpackt-Geschäft an der Holzgasse aufgehört hatte. Sie müssten das fortführen, das habe für die Gründer festgestanden. Grohmann arbeitete damals in einem Unverpackt-Laden als Verkäufer mit und hatte den Tipp bekommen, dass in Siegburg ein Laden schließt. Dann habe man sich im Restaurant Casbah zusammengesetzt und alles Weitere besprochen.
In der Coronazeit war der Umsatz für "Siegburg Unverpackt" besser
"In der Coronazeit war der Umsatz besser", berichtet Grohmann, viele Menschen hätten gesagt: "Wir können nicht ins Restaurant, auch nicht in den Urlaub, also gönnen wir uns etwas anderes." Dann aber habe man einen langsamen Abwärtstrend bemerkt und auch nicht die Zahlen des früheren Geschäfts an der Holzgasse erreicht.
Grohmann arbeitet unbezahlt neben seinem Hauptberuf als Online-Redakteur in Teilzeit im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Einen Tag in der Woche und einen Samstag im Monat investiert er. Hinzu kommen Partner Clijsters und Aushilfskräfte.
Es geht aber nicht um den Verkauf allein, vielmehr sieht Grohmann den Laden auch als Plattform für andere Projekte und Teil eines Netzwerks für Fairtrade, Carsharing und nachhaltige Energien. Balkonsolarförderung schlug der Laden erfolgreich für das Siegburger Bürgerbudget vor; eingereicht, wenn auch nicht umgesetzt, wurde ein Projekt zur Regenwassernutzung mit Zisternen, für die es maximal 200 Euro pro Haushalt geben sollte. Die RSAG zeichnete den Laden als "Super-Supermarkt" aus. Die Stadt zahlt einen Mietzuschuss von 100 Euro, damit in einem kleinen Nebenraum Foodsharing angeboten werden kann
"Für uns ist das kein kommerzielles Ding", sagt Grohmann über den Laden. "Wie kriegen wir ein neues Verständnis für die Welt, wie setzen wir die sozial-ökologische Transformation um?" Das sind Fragen, die den 43-Jährigen seit Jahren umtreiben.
Gemeinwohl als persönliches Steckenpferd
Jetzt sei erst einmal "Durchschnaufen" angesagt, Grohmann kann sich aber gut vorstellen, sich in einer weiteren NGO, etwa in der Flüchtlingsarbeit, zu engagieren. Sein "großes Steckenpferd" sei das Thema Gemeinwohlökonomie, bessere Bedingungen für Mensch und Umwelt zu schaffen. Letztlich sei der viel beschworene Markt ein "Regelwerk, das man ändern kann".
Viel mitgenommen habe er von seiner Großmutter zum Thema Sparsamkeit. Und schon vor der Jahrtausendwende habe er sich für Elektromobilität und Mitfahrzentralen interessiert. Heute sei er Mitglied in mehreren Bürgergenossenschaften.
Es gebe Megatrends, die zusammenwirkten, Ungleichheit im globalen Maßstab und Umweltverschmutzung etwa. "Hier sieht man den Schaden nicht", betont Grohmann, aber er wirke sich woanders aus, wie in einem türkisch-syrischen Grenzgebiet, wo Flüchtlinge unter fürchterlichen Bedingungen Plastikmüll sortierten.
Eine Idee für den Laden hätte noch "Marktschwärmerei" sein können, ein Konzept, bei dem Kunden Waren von regionalen Erzeugern online bestellen und zu bestimmten Zeiten an Stationen abholen. Eine davon hätte auch der Unverpacktladen werden können. Zu neuen Idee soll es am 25. Januar um 17 Uhr noch einmal einen Workshop geben.
"Es hat viele Jahre Spaß gemacht", sagt Grohmann, der sich an duftende Kaffeebohnen erinnern wird und glänzenden Kinderaugen angesichts des Süßigkeitenangebots. Außerdem: "Auch wenn das nicht funktioniert hat, es gibt vieles, was bleibt." © Kölner Stadt-Anzeiger
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