Was läuft falsch in einer Stadtverwaltung, die für neun Schulhöfe in einer Millionenstadt, die nachmittags geöffnet sind, damit Kinder dort spielen können, eine halbe Million Euro Betriebskosten pro Jahr veranschlagt? Weil sie häufiger gereinigt und abends abgeschlossen werden müssen.
Was läuft falsch in einer Stadtverwaltung, die einen offenen Schulhof pro Stadtbezirk erst als Modellprojekt ins Leben ruft, ihn wegen des großen Erfolgs nach zwei Jahren feiert, verlängert und Ende 2024 mit einer Mitteilung für beendet erklärt, die mit Kabelbindern an den Schultoren befestigt ist? Weil angeblich das Geld alle ist.
Sportvereine wissen nicht, wie sie ihre Übungsleiter bezahlen sollen
Was läuft falsch in einer Stadtverwaltung, die einen Monat später unter dem Titel "Spielräume eröffnen" auf 204 Seiten ihre neuen pädagogischen Leitlinien für die "kommunale Spielraumplanung bis 2030" vorstellt, in der sie den Schulhof "als Spiel-, Sport- und Bewegungsfläche für die Öffentlichkeit außerhalb der Schulzeit" entdeckt? Weil dafür offenbar Geld übrig ist.
Was läuft falsch in einer Stadtverwaltung, die gleichzeitig den Sportetat im Haushaltsentwurf für die Jahre 2025 und 2026 derart zusammenstreicht, dass die Sportvereine nicht einmal wissen, wie sie ihre Übungsleiter bezahlen sollen, die Kinder und Jugendliche für den Sport begeistern wollen?
Alles.
Dabei geht es nicht darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung pauschal zu diskreditieren. Es geht darum, dass im Dickicht von Paragrafen, Verordnungen und Zuständigkeiten lebensnahe Entscheidungen gar nicht erst in Erwägung gezogen werden. Und kaum jemand die Energie aufbringt, über naheliegende und unbürokratische Lösungen und die Frage nachzudenken, wie viele Schulhöfe eigentlich zum Spielen geöffnet werden müssten.
Alle.
Warum kann der Sportverein, der abends die Schulturnhalle nutzt, nicht den Schlüsseldienst übernehmen? Was ist mit dem Hausmeister? Warum muss ein Schulhof häufiger gereinigt werden, bloß weil er auch nachmittags genutzt wird? Und warum wird das nicht in jedem Stadtbezirk abgefragt oder evaluiert, wie es in der Verwaltungssprache heißt?
Schluss mit Wünsch-Dir-was und willkommen im Leben
Stattdessen befasst sich das Dezernat für Jugend, Bildung und Sport mit der Erstellung eines Wünsch-Dir-was-Katalogs, der in den schönsten Farben eine Spielwelt für Kinder und Jugendliche bis 2030 zeichnet, zu dem es nur einen Kommentar gibt: Das Phantasialand gibt es schon. Immerhin räumen die Verfasser an einer Stelle ein, dass die Umsetzung des Katalogs vom städtischen Haushalt abhängig ist. In Köln würde so mancher Sportverein wahrscheinlich freiwillig den Fege-Dienst auf dem Schulhof übernehmen, wenn er dafür die Turnhalle ein paar Stunden mehr nutzen könnte.
Geht aber nicht. Weil viele Hallen seit Jahren vor sich hin gammeln oder als Klassenräume genutzt werden müssen. Immerhin hat der Stadtrat vor sechs Jahren einen Richtwert beschlossen, dass pro Einwohner zwei Quadratmeter Spielfläche zur Verfügung stehen müssen. Mit einem Qualitätswert von 6,0. Was immer das heißen mag. Der Qualitätswert geschlossener Schulhöfe steht fest. Er liegt bei Nullkommanull.
Also. Schluss mit Wünsch-Dir-was und willkommen im Leben. Auf den Schulhöfen, in den Sportvereinen und überall dort, wo man sich um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen seit Jahrzehnten ehrenamtlich kümmert. Da darf kein Cent gekürzt werden. Weil dieses Engagement unbezahlbar ist. © Kölner Stadt-Anzeiger
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