Das größte Gemälde der Welt, mit den schönsten Fußballtoren der Geschichte, gemalt mit 8500 Liter Farbe auf über 13.000 Quadratmeter ausgerollter Pappe im Stadion: Bei dem Kunstprojekt des Gelsenkirchener Künstlers Christian Nienhaus reiht sich ein Superlativ an den nächsten.

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Und er hat es geschafft: Nach jahrelangen Planungen hat er vergangen Mai in einer orchestrierten Aktion in der Schalke-Arena den Weltrekord geknackt.

Welche Idee und welcher Aufwand dahinterstecken, zeigen die Kölner Filmemacher Florian Schmidt und Tim Suchowski in ihrer neuen Dokumentation "The Giant Canvas". Mit ihrem ersten eigenen Filmprojekt, selbst finanziert und umgesetzt, eröffnen sie am Mittwoch, 29. Januar das Snowdance-Filmfestival für Independent-Filme in Essen, und zwar im historischen Saal des Kinos Lichtburg, das für 1200 Menschen ausgelegt ist und somit der größte Kinosaal Deutschlands ist. Ein weiterer Superlativ.

Kölner Filmemacher lernten sich vor zehn Jahren beim Dschungelcamp kennen

"Da wir selber bisher noch überhaupt nichts mit dem Film verdient haben, sondern ganz im Gegenteil, eigentlich in ihn investiert haben, ist das jetzt wie der Lohn, der sich für uns auszahlt und eine ganz, ganz große Ehre", sagt Suchowski. Der 38-Jährige Filmproduzent und Regisseur und der Video-Editor Florian Schmidt (36) lernten sich vor zehn Jahren hinter den Kameras vom "Dschungelcamp" kennen.

Damals schon sei der kreative Funke zwischen den beiden übergesprungen, sagt Schmidt. "Wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir dieselbe Leidenschaft für Dokus, Spielfilme und Musik teilen. Und begannen auch schon zu tagträumen: Wie wäre es, wenn wir mal was zusammen produzieren würden?", sagt Schmidt.

Denn die beiden arbeiten sonst für verschiedene Produktionsfirmen, setzen Aufträge um, bisweilen kann das auch frustrierend sein: "Bei einer großen Produktionsfirma haben unglaublich viele Menschen eine Meinung zum Film, wenn dann noch ein Sender mit drin ist, dann gibt es nochmal mehr Meinungen. Manchmal erkennt man sein eigenes Werk am Ende nicht mehr, weil man so viel ändern muss", sagt Suchowski, der auch schon für Warner Bros tätig war. Und Schmidt: "Hier waren wir komplett frei und wir haben gemerkt, dass uns diese komplette Selbstwirksamkeit glücklicher macht", so der 36-Jährige.

The Giant Canvas: Christian Nienhaus erweist sich als perfekter Protagonist

"The Giant Canvas" ist nun wie eine Visitenkarte, mit der die zwei Filmschaffenden versuchen, weitere, eigene Aufträge an Land zu ziehen. Das darf auch gern etwas mit Kunst oder Sport zu tun haben. Erste Ideen gibt es schon, doch zunächst brauchen die zwei eine Pause: Im vergangenen Jahr habe es kaum freie Wochenenden gegeben, denn weil sie einen Kredit für den Film aufgenommen haben, mussten sie auch in ihren eigentlichen Jobs weiter arbeiten.

Und wie fand Christian Nienhaus die Doku? "Wir haben den Film in seinem Atelier geschaut und er hatte am Ende Tränen in den Augen und meinte, mehr müsse er eigentlich auch nicht mehr dazu sagen."

Der 48-Jährige erwies sich als der perfekte Protagonist: Er kann mit starken Bildern aus dem eigenen Atelier dienen, das nur so vor riesigen Gemälden und skurrilen kinetischen Skulpturen wimmelt, hat eine doppelte Portion Selbstbewusstsein abbekommen und – buchstäblich große Visionen.

Legendäre Fußballtore wie von Maradona wurden nachgestellt

Das zog nicht nur Suchowski und Schmidt in seinen Bann, sondern auch die 250 Helfer, die an dem Großprojekt Kunstbild in der Arena beteiligt waren. Die Doku zeigt zum Beispiel eine Szene, in der Fußballer aus den Regionalligen des Ruhrgebiets zu einer ersten Besprechung in das Atelier von Nienhaus kommen: Hier erklärt er ihnen den Plan. Mit einem 30 Kilo schweren Farbrucksack bepackt, sollen sie legendäre Tore nachstellen, mit genauer Choreografie: England gegen Argentinien, Maradona schießt ein Tor mit seiner "Hand Gottes". Birgit Prinz, Frauen-WM in China, Jahr 2007: Sie trifft gegen Brasilien. Natürlich darf aus Nienhaus Sicht der Lokalstolz nicht fehlen: Raúl schoss 2011 für Schalke gegen den 1. FC Köln das Tor des Jahres. Und weitere neun berühmte Tore.

Während die Spieler also Fußballgeschichte mimen, läuft die Farbe aus einem Schlauch, der am Rucksack hängt: blau, gelb, rot, grün. Das Kunstwerk, das Nienhaus schon sieben Jahre im Kopf hatte, vollzieht sich im Stadion unter den Augen prominenter Gäste wie Ex-Fußballer Gerald Asamoah und Medienvertretern.

"Eine Fußball-WM bringt Menschen aus aller Welt friedlich zusammen, das ist das, was unsere Politik einfach nicht auf die Reihe kriegt: Grenzen und Konflikte zu überwinden. Das Projekt ist unglaublich positiv mit dieser Friedensbotschaft aufgeladen", so der Künstler in der Doku. Auch Spannungsmomente enthält der Film, als das Projekt kurz auf der Kippe zu sein schien.

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The Giant Canvas, Premiere in Essen, Kino Lichtuburg, am Mittwoch, 29. Januar um 19.30 Uhr. Mehr Infos zum Programm des Festivals und zu den Tickets gibt es hier. Der Eintritt kostet neun Euro, erm. sieben Euro.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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