Das Privileg hat er als Gesundheitsminister: Ein Besuch in Leverkusen führt ihn nicht nur ins Parteibüro zu Genossinnen und Genossen, ins Rathaus zum Oberbürgermeister – Karl Lauterbach findet auch bei Bayer offene Türen, redet mit Konzernchef Bill Anderson und Pharma-Vorstand Stefan Oelrich. "Absolut auf Augenhöhe", bezeugt Uwe Richrath, der am Montagmorgen dabei war.
Kann
Weniger Steuern, um in Leverkusen zu investieren
Schriftliche Antworten habe es von
Lauterbach erinnert an die Pharma-Strategie, die vor allem in seinem Haus ausgetüftelt wurde. Schnell sei ein Gesetz gemacht worden, "und das hat sofort was gebracht": An mehreren Orten in Deutschland seien Pharmakonzerne dabei, Milliarden in neue Anlagen zu investieren. Leverkusen ist nicht dabei, "so etwas brauchen wir hier auch", so der Gesundheitsminister. Bayer lässt zwar gerade seine neue Tablettenproduktion anlaufen, die auch teuer war. Nur: Da könnte mehr laufen, Bayers Produktion sei nur zu einem Drittel ausgelastet, weiß der Politiker.
Die Chemie braucht politischen Rückenwind
Die Pharma-Strategie sollte als Blaupause dienen für die Chemische Industrie, stellt er sich vor. Und der Bundeskanzler habe ja auch erkannt, dass Deutschland industriepolitische Initiativen braucht, an vielen Stellen: Autobau und Stahlherstellung fallen dem Minister weiterhin ein. Das alles müsse schnell kommen, denn "ohne Wachstum haben solche Standorte keine Chance" – damit meint Lauterbach ausdrücklich auch Leverkusen.
Zur Eile mahnt auch Uwe Richrath. Der OB verteidigt nach wie vor die Strategie, den Gewerbesteuer-Hebesatz auf 250 Punkte gesenkt zu haben. Das sei "industriell notwendig", aber damit sei Leverkusen auch für andere Branchen attraktiv geworden. Auch das habe eine immense Bedeutung für die Entwicklung der Stadt. An dem Hebesatz will er auf keinen Fall rütteln, auch wenn der Rückgang der Einnahmen – allein in diesem Jahr fehlen der Stadt nach jüngsten Prognosen 285 Millionen Euro – "uns brutal erwischt hat", räumt Richrath ein.
Das Problem: So viel kann man nicht einsparen. Vor allem aber: Man würde an dem Ast sägen, auf dem man sitzt. Kitas und Schulen müssen von der Stadt gebaut werden, erstere noch dazu mit Personal bestückt. Wenn aber Leverkusen kein attraktiver Bildungsstandort mehr sei, ergäben sich auch Probleme für die hochspezialisierten Konzerne wie Bayer, Covestro und Lanxess. Bisher, das hat sich Karl Lauterbach am Morgen von Bayer-Chef Bill Anderson bestätigen lassen, "gelingt es hier, die Stellen sehr gut zu besetzen". Das, warnt Uwe Richrath, sei aber kein Selbstläufer: "Ohne Fachkräfte werden wir gegen die chinesische Wirtschaft verlieren." Dann sei Leverkusen mit seinen Weltkonzernen in der Abwärtsspirale.
Corona-Lasten, Altschulden der Kommunen: Themen, die auf Bundesebene gelöst werden müssen, da sind sich der SPD-Abgeordnete, der SPD-Oberbürgermeister und die SPD-Fraktionschefin einig. "Es hilft uns nicht wirklich, wenn wir eine halbe Miliarde Corona-Lasten über 50 Jahre abstottern dürfen", sagt Milanie Kreutz. Auch Karl Lauterbach ist, überzeugt, dass Städte und Gemeinden von Altlasten befreit werden müssen. Die Regelung müsse fair sein, "und wir dürfen kein Problem mit der Schuldenbremse bekommen", nennt der Minister einen Knackpunkt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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