Ein Jahr nach dem Aus des Großbauprojekts namens "Historische Mitte" direkt am Welterbe Kölner Dom ist weiter unklar, wie es am Roncalliplatz weitergeht. Das haben Anfragen bei der Stadt Köln und der Hohen Domkirche ergeben.

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Die beiden Partner hatten seit 2018 gemeinsam ein neues Kölnisches Stadtmuseum (KSM) und ein neues Verwaltungsgebäude anstelle des Kurienhauses planen lassen. Doch angesichts des Anstiegs der Gesamtkosten auf rund 207 Millionen Euro stieg die Hohe Domkirche im Januar 2024 aus dem Projekt aus. Die Hohe Domkirche ist Besitzerin des Doms und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sie wird vertreten durch das Domkapitel. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wofür steht der Begriff "Historische Mitte"?

Er steht für zwei neue Gebäude neben dem Römisch-Germanischen Museum (RGM). Momentan stehen dort das RGM-Studienhaus, das per oberirdischem Durchgang mit dem Museum verbunden ist. Daneben befindet sich das sanierungsbedürftige Kurienhaus der Kirche von 1961. Anstelle des Studienhauses sollte ein Neubau des KSM entstehen, weil dessen jahrzehntelange Heimat, das Zeughaus, unter anderem wegen eines Wasserschadens ein Sanierungsfall ist. Seit 2024 stellt das Stadtmuseum im umgebauten früheren Modehaus Sauer in der Innenstadt aus – es handelt sich eigentlich um eine Übergangslösung.

Und das Kurienhaus sollte durch ein Verwaltungshaus ersetzt werden, das KSM, RGM und Kirche nutzen. Doch von den auf 207 Millionen Euro gestiegenen Baukosten hätte die Kirche 41,4 Millionen Euro (20 Prozent) zahlen müssen und sah sich dazu nicht in der Lage. Deshalb musste der Stadtrat auch im Vorjahr nicht den finalen Baubeschluss treffen. Ob er das getan hätte, war zumindest zweifelhaft, es gab einige Kritiker des Großbauprojektes. 13,5 Millionen Euro hat die Stadt schon für das Projekt ausgegeben, das sich erledigt hat.

Arbeiten Kirche und Stadt noch zusammen?

Nein. Die eigens gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts befindet sich laut eines Mitarbeiters in der Liquidation. Die Internetseite ist aber noch online. Eine Sprecherin der Stadtverwaltung teilte zur Frage nach einer gemeinsamen Lösung mit: "Derzeit gibt es mit der Hohen Domkirche keine Gespräche hierzu." Im April hieß es noch, die Gespräche seien nicht abgeschlossen.

Was hat die Kirche mit dem Kurienhaus vor?

Laut eines Sprechers beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der Frage, wie grundsätzlich die Dom-Immobilien zukünftig genutzt werden. Im Kurienhaus selbst nutzt die Hohe Domkirche aktuell nur 43 Prozent der vermietbaren Flächen. Dort sind folgende Einrichtungen untergebracht: die Dombauverwaltung, die Steinrestaurierungswerkstatt, das Domarchiv und die Domrendatur. Letzter ist vergleichbar mit einer Rechnungsbehörde.

Das Kurienhaus wurde 1961 am Roncalliplatz an der Stelle errichtet, an der im 12. Jahrhundert das Erzbischöfliche Palais errichtet worden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Palais zerstört. Der Sprecher teilte mit: "Allein mit Blick auf diese Historie prüfen wir aktuell prioritär Möglichkeiten der Modernisierung und Vermietung des Kurienhauses. Aufgrund komplexer Fragestellungen, die sich aus der Gesamtbetrachtung aller Dom-Immobilien ergeben, rechnen wir damit, dass diese Prüfung mindestens noch das aktuelle Kalenderjahr in Anspruch nehmen wird."

Und was macht die Stadt?

Die Sprecherin teilte mit: "Es wurden im Laufe des Jahres mehrere Varianten zur Neukonzeptionierung des Ortes durchdacht. Diese werden ergebnisoffen diskutiert und nach finaler Abstimmung in eine Ratsvorlage münden."

Für die Verwaltung ist eine entscheidende Frage, was mit dem RGM-Studiohaus passiert. Es steht wie das Haupthaus unter Denkmalschutz. Und die Sanierung des Museumsgebäudes soll nächstes Jahr starten, das Museum 2029 öffnen – es braucht eine Entscheidung, was mit dem Studienhaus passiert. Wird es ebenfalls saniert und weiter als Bürofläche genutzt? 2018 hatte die Stadt die Sanierung auf 24,2 Millionen Euro geschätzt.

Wäre die "Historische Mitte" gebaut worden, hätte der Denkmalschutz aufgehoben werden müssen und das Haus wäre dem Neubau des Stadtmuseums gewichen. Das hat sich nun erledigt. Häufig ist zu hören, das Studienhaus soll ein neues Schaufenster der Kölner Museen sein (wir berichteten). Die Stadtsprecherin sagte: "Diese Option gehört zu den oben genannten Varianten."

Und wann soll eine Entscheidung fallen?

Die Sprecherin sagte: "Dem Rat soll im Laufe des Jahres ein Bedarfsfeststellungs- und Planungsbeschluss vorgelegt werden." Allerdings: Am 14. September steht die Kommunalwahl an. Danach stellt sich der Rat neu auf, davon hängt auch eine Entscheidung ab. Beteiligte rechnen nicht mit einer schnellen Entscheidung.

Kann die Stadt sich eine Sanierung überhaupt leisten, angesichts ihrer schlechten Finanzlage?

Die Sprecherin teilte dazu mit: "Aktuell ist in der Priorisierung der städtischen Bauvorhaben die Neukonzeptionierung des Ortes aufgrund der Haushaltslage zurückgestuft worden. Auch dies ist Teil der Verwaltungsabstimmung."

Warum ist das Zeughaus ein besonderes Gebäude?

Das Zeughaus ist ursprünglich mal zwischen 1594 und 1606 erbaut worden, die Alte Wache wurde 1840/1841 als preußisches Wachgebäude gegenüber dem Kölner Regierungspräsidium errichtet. Das Stadtmuseum zog 1958 in den Gebäuden ein.

Und was passiert mit dem Zeughaus?

Das wird sich zeigen. Kommt es tatsächlich infrage, dass die Stadt das Haus selbst saniert, beispielsweise, damit das Stadtmuseum aus dem früheren Modehaus Sauer wieder zurück in seine alte Heimat zieht? KSM-Direktor Matthias Hamann hatte in der Vergangenheit betont, das Sauer sei nur ein Interimsstandort, es brauche einen neuen "Heimathafen" für das Museum. Er ließ aber offen, wo das sei. Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hatte im September gesagt: "Meiner Meinung nach kann das Museum dort erstmal bleiben."

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Es dürfte erneut um viel Geld gehen beim Zeughaus: Eine Sanierung samt Erweiterung des Zeughauses hatte die Stadt vor Jahren auf rund 91 Millionen Euro geschätzt, damals hieß es: "Für die Durchführung der Sanierungsarbeiten ist von einer mehrjährigen Planungs- und Bauzeit auszugehen." Eine Nutzung durch das Land oder andere Behörden hatte sich nicht konkretisiert. Eine Option könnte sein, das Zeughaus wie beispielsweise die Bastei an einen externen Investor per Erbbaurechtsvertrag zu geben, damit er die Aufgabe übernimmt.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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